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Handball Emotionen im Überschwang

Der Glinder HV gewinnt 34:27 bei Germania Borne. Spektakulärer als das Spiel waren die Turbulenzen um Julian Bauer und Ronny Schafflik.

Von Enrico Joo 16.10.2017, 23:01

Wolmirsleben l Der Zündstoff eines ganzen Spiels lag in einer einzigen Szene, die schon während des Kreisduells in der Handball-Verbandsliga zwischen Germania Borne und dem Glinder HV „Eintracht“ für reichlich Emotionen und Unverständnis auf beiden Seiten sorgte und nach dem Spiel fast Handgreiflichkeiten provoziert hätte.

Glinde-Spieler Julian Bauer wollte in der 48. Minute nach einem Angriff einen geordneten Rückzug auf der linken Außenbahn antreten. Ronny Schafflik hingegen suchte sich als Rechtsaußen seinen Platz auf dem Parkett in den gleichen Gefilden. Es war klar, dass die beiden sich irgendwann in die Quere kommen mussten.

Schafflik schrie, fiel zu Boden, Bauer hob die Arme. Er war sich keiner Schuld bewusst. Ein Foul? Die Schiedsrichter diskutierten lange, ließen aber weiterspielen. Kein Foul. Als Bauer beim nächsten Angriff Schafflik wohl etwas nicht unbedingt Freundliches zuraunte, zeigte dieser den Mittelfinger. Das gab Schafflik nach dem Spiel auch zu.

Handball wurde aber auch gespielt. Wobei die Partie an sich unspektakulär verlief. Die favorisierten Glinder gewannen klar mit 34:27 (17:10). Der Sieg war nie in Gefahr. Glinde-Coach Peter Pysall war trotzdem angefressen. Wild gestikulierend stürmte der 57-Jährige nach dem Spiel auf Schafflik zu. Körperkontakt gab es, eine Rudelbildung folgte. Es brauchte einige Minuten, bis die Gemüter sich wieder beruhigt hatten.

Borne-Trainer Christian Kasten hatte Pysall verbal ins Visier genommen. „Er hat uns den Finger gezeigt. Das darf man sich als Trainer nicht erlauben.“ Schafflik fügte hinzu: „Er hat höhnisch applaudiert. Dabei hat Bauer mir die Beine weggetreten. Das war eine Rote Karte.“ Pysall wies den Vorwurf von sich: „Ich habe die Nummer fünf (Schafflik, Anm. d. Red.) nur gefragt, warum er so macht“, sagte er und zeigte die entsprechende Geste mit dem Mittelfinger.

Nun ja. Mit etwas Nachgang werden die Glinder feststellen, dass sie beim SV Germania ein prima Spiel gezeigt hatten. Obwohl Felix Recker, Oliver Kowaczeck, Gregor Knoblauch und Eike Herrmann fehlten. So musste Michael Kreyenberg auf der ungewohnten Position auf Rechtsaußen durchspielen, was gut gelang. Er kam auf elf Tore. „Wir haben das Spiel von vorn bestimmt, sind in die Lücken gegangen“, lobte Pysall. „Zwar haben wir uns nach der Halbzeit schwer getan, aber nach 15 Minuten haben wir einen Gang hochgeschaltet. Der schnelle Anwurf durch Julian Bauer und Michael Kreyenberg hat gut geklappt.“ So musste Glinde kaum in den Positionsangriff. Die Tore fielen oft durch schnelle Mitte und über die erste und zweite Welle.

Borne hingegen war freilich nach der sechsten Pleite am Stück unzufrieden. „Es gab zuviele technische Fehler, vor allem Fangfehler, dadurch haben wir immer wieder Konter bekommen“, meinte Kasten. Zehn Abspielfehler hatte er gezählt. „Das Selbstvertrauen ist weg. Die Spieler versuchen nicht, sich mitzureißen.“ Obwohl Borne diesmal personell gut besetzt war, hatte Kasten zu einer besonderen Methode gegriffen. Der Coach schrieb sich selbst auf das Protokoll und wollte in der Abwehr zeigen, wie man Emotionen ins Spiel bringt. Denn die fehlten in den vergangenen Partien.

Kastens Eifer wurde zum Bumerang. Nach einer harten Aktion gegen Glindes Alexander Rockmann bekam der Borne-Trainer in der 34. Minute glatt Rot. „Ich treffe ihn mit der flachen Hand im Gesicht. Ich gebe mir eine Mitschuld an der Niederlage“, zeigte sich Kasten einsichtig. Denn zu diesem Zeitpunkt war Borne auf fünf Tore herangekommen. Kasten selbst nahm seinem Team aktiv den Mut beim Comeback. Ob das Spiel an sich lange in Erinnerung bleiben wird? Wohl kaum. Die Störfälle während und nach der Partie aber schon. Immerhin: Schafflik und Pysall gaben sich grummelnd nach einer Weile wieder die Hand. Sportsmänner machen das so. Dann war alles gut.

Borne: Brinkmann, Schulz - Klippstein (6), Schafflik (1), Fink (11/4), Dietze, Hagemeyer, Scholz (4), Schulze, Kasten (1), Neugebauer (1), Wegener (3)

Glinde: Weiss, Giesemann - Bauer (7/3), Schmidt (3), Rosemeier (1), Rockmann (2), Max Kreyenberg (4), Kralik (4), Deumeland (2), Tacke, Mi. Kreyenberg (11/1)

Siebenmeter: Borne 6/4 - Glinde 5/4; Zeitstrafen: Borne 4 - Glinde 4

Rot: Christian Kasten (35, o. B.)