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Kegeln Blankenburger Medaillenschmiede

Der SV Lok Blankenburg gibt in einer mehrteiligen Serie einen Einblick in die eigene Vereinsgeschichte.

Von Klaus Lindner 20.05.2020, 06:30

Blankenburg l Der vierte und letzte Teil berichtet von den tollen Erfolgen im Jugendbereich.

Durch seine hervorragende Jugendarbeit konnte der SV Lok Blankenburg in jüngster Vergangenheit viele Titel auf Landes- und Bundesebene sammeln. Nun hoffen die Bohle-Kegler, auch im Erwachsenenbereich von der Arbeit profitieren zu können.

Seit dem Ausfall der Kegelsportstätte im Bahnhofshotel im Jahr 1977 gab es im Kinder-und Jugendsport immer eine große Fluktuationsrate. Viele Kinder und Jugendliche kamen und gingen, kamen zum Teil erst wieder, wenn die Berufsausbildung abgeschlossen war und der Harz zum Wohnsitz wurde.

Dort, wo die meisten Vereine wegen dieser schwierigen Situation und auch der finanziellen Belastungen die Nachwuchsarbeit aufgaben, blieben die ehrenamtlichen Funktionäre, Trainer, Betreuer und Übungsleiter des SV Lok hartnäckig, weil sie wussten, dass der Kegelsport nur über die Jugendarbeit weiter am Leben gehalten werden kann. Dass sie damit Recht hatten, beweist heute, dass viele Kegelklubs große Mühen haben, ihre Mannschaften im Erwachsenenbereich zu besetzen, Abmeldungen vom Spielbetrieb sind zumeist die Folge. Jüngstes Beispiel sind das Damen vom Erstligisten Husumer Sportfreunde, die vor kurzem diesen schwerwiegenden Schritt bekannt geben mussten.

In Sachsen-Anhalt gibt es im Damenbereich kaum einen sportlichen Unterbau in den Landkreisen. Deshalb müssen in Blankenburg beide Teams seit der Saison 2018/19 in der Verbandsliga, der höchsten Liga im Land, spielen. Darüber kommt bereits. mit großem Leistungsabstand, die 1. Bundesliga.

Im Herrenbereich sieht es ein wenig besser aus, doch auch dort sind die Folgen fehlender Nachwuchsarbeit zu spüren. In manchen Regionen wird der Ligaalltag statt mit sechs nur noch mit vier Spielern bestritten. Ein Trend, den es aus Lok-Sicht schnellstens aufzuhalten gilt.

Ein talentiertes Lok-Jugendteam mit Raciel Straatmann, Lisa Kremberg, den Zwillingen Lucy und Leon Lindner, Henrik Blaenk, Erik Sahm und Lukas Giebel, das 2012 aus der C-Jugend entwachsen ist, schreibt derweil eine im Verein einzigartige Erfolgsgeschichte, die wohl in den Annalen der Kegelabteilung des SV Lok Blankenburg, des Harzkreis und darüber hinaus eingehen dürfte.

Das Positive an dieser Jugendgruppe ist, dass sie sich gegenseitig schon im Training zu Höchstleistungen antreibt. Die Nachwuchssportler besitzen das nötige Herzblut, die Ausdauer und Zielstrebigkeit für den Kegelsport. Durch ihre guten sportlichen Leistungen und Teilnahmen an DBKV-Meisterschaften und Jugendturnieren im Bundesgebiet kommen sie regelmäßig auf fremden Bahnen im Norden der Republik zum Einsatz und sammeln dabei wichtige Erfahrungen für ihre eigene Leistungsentwicklung.

Landes- und Bundestrainer wurden auf die Blankenburger mit ihren Leistungen aufmerksam und beriefen sie in den Landeskader, Lucy und Leon Lindner sogar in den Deutschen Nationalkader. Am 3. Oktober 2015 gaben die Zwillinge als erste Blankenburger Kegler überhaupt ihr erfolgreiches Nationalmannschafts-Debüt in Kiel gegen das Jugendteam Dänemarks. Insgesamt folgten bis 2019 bei Leon drei bzw. bei Lucy sogar fünf Länderspielrinsätze im Jugendnationalteam der U 14 und U 18. Alle Partien wurden in Deutschland und in Dänemark mit 2:0 für das deutsche Team gewonnen, die beiden Blankenburger Nationalspieler gewannen dabei fünfmal den Bestholzpokal für die beste Leistung im Team.

Leon Lindner wurde seit 2015 dreimal Deutscher Meister im Mixed auf Dreibahnen, gewann zwei Vizemeistertitel, holte zweimal Bronze bei Deutschen Meisterschaften sowie zwei Deutschlandpokalsiege mit dem Sachsen-Anhalt-Team. Henrik Blaenk gewann bei Deutschen Meisterschaften drei Bronzemedaillen und gehörte wie Leon und Lucy Lindner sowie Raciel Straatmann zum siegreichen Deutschlandpokalteam. Raciel Straatmann 2016 in Celle und Lisa Kremberg 2019 in Husum wurden Vizemeister bei Deutschen Meisterschaften Bohle im Team des KKBV Harz.

Die Spitze im Deutschen Kegelsport der Jugend in der Disziplin Bohle und Dreibahnen verkörpert aktuell Lucy Lindner vom SV Lok Blankenburg. Sie ist seit drei Jahren bei Deutschen Titelkämpfen ungeschlagene Meisterin. Seit 2014 erkämpfte sie sage und schreibe zwölf Deutsche Meistertitel, davon fünf in den Einzeldisziplinen auf Bohle und Dreibahnen, vier im Doppel mit Joelle Puschmann (Heudeber) und Laura Weigelt (Hedersleben) sowie drei im Mixed mit Zwillingsbruder Leon. Dazu gesellen sich noch je zwei Vizemeistertitel im Einzel und im Mannschaftsteam des KKBV Harz. Lucy Lindner ist die zur Zeit erfolgreichste Jugend-Kegelsportlerin in Deutschland.

Im Sog der Blankenburger schafften auch weitere Harzer Jugendkegler wie Nationalspielerin und Deutsche Meisterin Laura Weigelt und Nils Küster vom Hederslebener SV, Nationalspieler und Deutscher Meister Maurice Bläß von der SG Derenburg/Ilsenburg, Joelle Puschmann, Emely Wiedenbach und Laurens Fels (alle SV 02 Heudeber) den Sprung an die deutsche Spitze und brachten damit den Landesverband in eine nie erwartete Spitzenposition im DBKV.

Die nun in der Altersklasse U 18 spielenden Lok-Nachwuchsasse sind auch im Erwachsenenbereich spielberechtigt, haben den Sprung dahin mühelos geschafft und verstärken seit der Saison 2018/19 die Damen- und Herrenteams erfolgreich in ihren Punkt- oder Pokalspielen. Hier schließt sich der Kreis für eine gute Nachwuchsarbeit. Der Verein kann nur hoffen, dass sie noch lange dabei bleiben und während ihrer zukünftigen Berufsausbildung oder dem Studium den Kontakt zum Heimatverein nicht verlieren.

Der äußerst engagierte Jugendtrainer Lothar Richter erhielt bei einer DKB-Gala 2017 für sein Schaffen mit dem Nachwuchs den Ehrentitel „Trainer des Jahres im DKV“ verliehen. Zu „Sportlern des Jahres im Landkreis Harz des GAT Blankenburg“ konnten Lucy und auch Leon Lindner mehrfach geehrt werden und sich sogar ins Ehrenbuch der Stadt Blankenburg eintragen.

Auf den Verein kommen erneut große Anstrengungen zu. Denn die in die U 18 übergegangenen Jugendkegler hinterlassen im U14-Bereich eine große Lücke, die es schnellstens zu schließen gilt. Mit der Blankenburger Zwei-Bahnenanlage sehen die Verantwortlichen dabei ein Problem. Die Trainer und Übungsleiter sind in die Jahre gekommen. Deshalb muss sich aus Sicht des Vereines an den Trainingsbedingungen etwas ändern, um neue Wege mit der Nachwuchsgewinnung zu gehen. Schulen und das Elternhaus sollen dabei noch stärkere Partner werden, vielleicht sogar auf einer Vier-Bahnenanlage, die bei Lok noch nicht aus den Augen verloren wurde.

Mit den Erfolgen der Jugend nahm gleichzeitig die Qualität im Erwachsenenbereich zu. Die Kegler von Lok Blankenburg hatten im vereinigten Deutschland plötzlich einen Namen. Die frühen Erfolge eines Lothar Richters, Fritz Daul, Olga Grundmann oder Brigitte und Ingo Schmidt bei Landes- oder Eisenbahnermeisterschaften waren der Beginn einer neuen Zeitrechnung für die Kegelabteilung. Folgerichtig war der jahrelang anvisierte Aufstieg der Herrenmannschaft in die Verbandsliga Sachsen-Anhalt im Jahr 2018 und die 2019 um den Aufstieg zur 1. Bundesliga mitspielenden Lok-Damen.

Mario Lindner wurde 2018 Landesmeister der Herren. Bei den Deutschen Meisterschaften in Neumünster landete er auf Platz 23 im Feld der deutschen Elite-Kegler. Lothar Bergmann konnte sich bei den Herren B qualifizieren. Bei den Damen zog Gerda Thurm mit Platz eins ins Finale der Deutschen Meisterschaft ein und erreichte am Ende den fünften Platz. Lediglich sieben Holz fehlten ihr in der Schlussabrechnung zum ganz großen Wurf.

Die Saison 2019/20 begann verheißungsvoll. Das Damen- und Herrenteam hatten Ende Februar 2020 den Staffelsieg bereits perfekt. Die U18-Landesauswahl gewann mit Blankenburger Beteiligung zum zweiten Mal den Deutschlandpokal 2019 in Kläden (Altmark).

Bei den Landesmeisterschaften im Dreibahnenspiel gewann das Blankenburger Doppel Raciel Straatmann/Eric Sahm den Titel und durften sich mit Lucy und Leon Lindner und dem U-14-Talent Aileen Müller Hoffnungen auf Edelmetall bei den Deutschen Meisterschaften machen. Die Freude wurde getrübt als das Corona-Virus auch den Kegelsport zum 19. März 2020 komplett lahm legte. Das hat den jungen Keglern des SV Lok Blankenburg mit Sicherheit einige Medaillen für 2020 gekostet.