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Zukunft des kriselnden Regionalligisten 1. FC Magdeburg sieht eher düster aus / Bei Mitgliederversammlung Kritik an Mannschaft und Manager "Nicht sehenden Auges in zweite Insolvenz"

Von Uwe Tiedemann 24.11.2010, 05:17

Als FCM-Fan muss man vor allem eines sein: leidensfähig. So hielt sich denn auch die Kritik bei der Mitgliederversammlung des Fußball-Regionalligisten in Grenzen. Und selbst wenn am Montagabend im Konferenzzentrum der AOK dem einen oder anderen angesichts des fehlenden sportlichen Erfolges doch einmal der Kragen platzte, so hat das Gros der Club-Gemeinde wohl erkannt, dass man sich auch in Zukunft auf magere Jahre einstellen muss.

Magdeburg. Der inzwischen zurückgetretene Präsident Volker Rehboldt hatte eingangs "die Verantwortung für die sportliche Fehlentwicklung seit der Saison 07/08 übernommen" und der Aufsichtsratsvorsitzende Rüdiger Koch anschließend von einer der "tiefsten sportlichen Krisen der Vereinsgeschichte" gesprochen. Deutlicher kann man den Ernst der Lage kaum ausdrücken.

Wind von vorn bekamen an diesem Abend vor allem Spieler und Manager. So echauffierte sich ein Mitglied "über eine tote Mannschaft in Braunschweig" und nannte den Auftritt beim 0:1 "eine Schande". Ein anderes beklagte, dass gegen Meuselwitz Spieler auf dem Platz standen, die "beim Schlusspfiff noch eine weiße Hose hatten".

Trainer Ruud Kaiser räumte zwar ein, "dass die Mannschaft in den letzten drei Begegnungen sch... gespielt hat" und mit "Kapitän Daniel Bauer nur einer da ist, der Feuer macht", nahm seine Jungs aber gleichzeitig in Schutz: "Wir hatten in den letzten zwei Monaten extremes Verletzungspech. Ich habe weiterhin Vertrauen in dieses Team und glaube, dass wir unsere Ziele immer noch erreichen und mit ein paar Verstärkungen in der nächsten Saison oben mitspielen können." Donnernden Applaus erntete der 49-Jährige vor allem für seine Ankündigung, was das heutige Derby gegen den HFC anbetrifft: "Da wollen wir zeigen, dass wir richtig gute Männer sind und zumindest einen Punkt einfahren!"

Einen schweren Stand hatte an diesem Abend auch Manager Rüdiger Bartsch. Gleich mehrfach monierten Sponsoren "die schlechte Stimmung". Normalerweise, so einer der Geldgeber, müsse doch das Marketing die Sponsoren kontaktieren. Beim FCM sei es genau umgekehrt. Und wörtlich hieß es: "Wenn ich sehe, wie bestehende Sponsoren verprellt werden, wird mir Angst und Bange." Bartsch räumte mögliche Versäumnisse ein und gelobte Besserung. Allerdings lässt die anhaltende Kritik des "alten" Präsidiums an Bartsch eher den Schluss zu, dass es dazu gar nicht mehr kommt.

Von den Alt-Internationalen zeigte sich Manfred Zapf zum einen darüber enttäuscht, dass allein drei Jugendspieler zu Saisonbeginn zu RB Leipzig abgewandert seien ("Da muss man das Portemonnaie weiter aufmachen") und kritisierte zum anderen, dass die Gespräche mit FCM-Legenden in Bezug auf Unterstützung nur von kurzer Dauer gewesen seien und im Raum hängengeblieben wären.

Einen anderen Vorwurf, nämlich den, dass der Aufsichtsrat über zu wenig Sportfachkompetenz verfüge, wies Koch zurück und machte deutlich, dass dafür das Präsidium zuständig sei. "Weil dieses Defizit in sportfachlicher Kompetenz unser größter Fehler in der Vergangenheit war, denken wir im Aufsichtsrat ernsthaft über einen hauptamtlichen Präsidenten nach", bekräftigte Koch. Eine Entscheidung darüber soll bei der nächsten Sitzung des Gremiums (29.11.) fallen.

Positiv fiel an diesem Abend eigentlich nur die wirtschaftliche Bilanz aus. So schloss der Verein das Spieljahr 2009/10 mit einem Plus von 489 553,06 Euro ab und verringerte den sogenannten Verlustvortrag (Stand 1. Juli 2010) auf 373 279,75 Euro.

Doch auch der finanzielle Bereich könnte schon in Kürze erhebliche Probleme bereiten. Grund sind die sinkenden Zuschauerzahlen in der MDCC-Arena. Das wiederum hat u.a. Auswirkungen auf mögliche Verstärkungen in der Winterpause. Koch klipp und klar: "Unser finanzieller Spielraum ist begrenzt." Und noch deutlicher: "Wir gehen nicht sehenden Auges in eine zweite Insolvenz."

Optimismus hört sich anders an ...