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Sommerspiele in Tokio David Wrobel: Schrei ihn raus!

David Wrobel vom SC Magdeburg möchte bei den Olympischen Spielen weit werfen, laut schreien und ein bisschen sprinten. In allem hat er vor allem in diesem Jahr überzeugt.

Von Daniel Hübner 29.07.2021, 14:30
David Wrobel will die Zwei-Kilo-Scheibe ins Finale von Tokio werfen.
David Wrobel will die Zwei-Kilo-Scheibe ins Finale von Tokio werfen. Foto: Eroll Popova

Tokio/Magdeburg - Am 27. Juli des Jahres 2014 ist David Wrobel zum ersten Mal direkt raus aus dem Ring und über das Feld gesprintet. Es war bei der deutschen Meisterschaft, es war in Ulm. Wrobel kämpfte damals um die Aufnahme in die Sportfördergruppe der Bundeswehr, die er letztlich mit 62,72 Metern geschafft hatte. Wrobel hatte damals noch die entsprechenden Qualitäten in jener Disziplin außerhalb des Diskuswerfens, immerhin ist der 1,96-Meter-Mann vom SCM mit einer Bestzeit von 12,29 Sekunden auf 100 Metern einst vom Mehrkampf in den Wurf gewechselt. „In meinem letzten Versuch war mir alles egal“, erinnert er sich. „Und dann bin ich das erste Mal gesprintet“, ergänzt Wrobel lächelnd.

Am 18. Mai des Jahres 2018 ist er wieder gesprintet, diesmal in Schönebeck beim Solecup – nach erzielten 65,98 Metern. Wenngleich er im Nachhinein sagt: „Ich hätte gerne zwei Zentimeter weiter geworfen.“ Aber mit der Weite pulverisierte er alle bisherigen Ergebnisse seine Karriere.

Am 15. Mai des Jahres 2021 ist er auch gesprintet. Bei den Halleschen Werfertagen. Aber nicht nur das: „Alle wollten mich anfeuern, aber ich habe den Finger auf den Mund gelegt, dann war alles still. Und ich wusste, wenn ich jetzt nicht performe, stehe ich dumm da“, erzählt er lächelnd. Stattdessen hörte er bei der Ansage der Weite nur die „7“, da „hatte ich den Kopf ausgeschaltet. Bestleistung, Olympianorm: Da wusste ich, ich kann meinen Weg entspannt weitergehen“, erklärt Wrobel. Mit 67,30 Metern.

Und mit diesem persönlichen Rekord ist er am Dienstag dieser Woche nach Tokio gegangen. Zu seinen ersten Olympischen Spielen. Direkt angereist aus dem Trainingslager Miyazaki, 1125 Kilometer von Japans Hauptstadt entfernt. Sein Ziel: David Wrobel möchte wieder sprinten.

Ich lasse mich nicht gerne unterkriegen.

David Wrobel

Und dies nach einer Saison, die nicht einfach war. Die nicht ohne Rückschläge verlief. So musste sich bereits im Mai sein Trainer Armin Lemme, der Wrobel seit Dezember 2013 betreut, ins Krankenhaus zur medizinischen Versorgung verabschieden, dafür übernahm Weltrekordler Jürgen Schult die Aufgaben des Coaches. Der 65-jährige Lemme hat Wrobel solche Dinge beigebracht wie das Kreistraining. „Ich kann mich noch an mein erstes Mal erinnern“, beginnt Wrobel lächelnd. „Ich habe nach drei Runden gesagt, ich kann nicht mehr. Mein Kreislauf kann nicht mehr. Mein Puls ist zu hoch. Und ich musste mich übergeben.“ Unter Lemme ist er Schritt für Schritt vorangekommen. Wenngleich zuweilen auch positiv stagnierend, wie es so schön heißt. Aber spätestens mit den 67,30 Metern hat sich jeder Besuch der Toilette nach dem Training gelohnt.

In all den Jahren, bis zu jenem 15. Mai 2021, stand Wrobel im Schatten von Martin Wierig, dem Magdeburger Lokalmatador, der wegen eines Muskelfaserisses nicht in den Kampf ums Olympia-Ticket eingreifen konnte. Wrobel ist in der ganzen Zeit nie müde geworden, an seinen ersten Start bei Sommerspielen zu glauben: „Kräfte bündeln und Mut fassen“, lautet sein Motto. Und: „Ich lass mich nicht gerne unterkriegen.“ Auch nicht von einem lädierten Ellenbogen des rechten Wurfarms, an dem er im August 2020 einen operativen Eingriff vornehmen ließ. Und der bis heute noch ab und an zwickt.

Und auch in Tokio will er sich nicht unterkriegen lassen. Er tritt als Elftbester der Welt in diesem Jahr an. Die besten zwölf Hünen aus dem Vorkampf erreichen das Finale. „Dort will ich hinkommen“, betont Wrobel. Dazu wird eine Weite von etwa 63,70 Metern reichen, hat Schult vermutet. Was 55 Zentimeter unter seiner Stadion-Bestweite, aufgestellt im Juni bei den deutschen Meisterschaften in Braunschweig, liegt. Und wenn er die Zwei-Kilo-Scheibe am Ende in den Hauptkampf am Sonnabend geworfen und geschrien hat, blickt Wrobel voraus, „dann mache ich im Hotel einen kleinen Jubellauf“.