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Keine Chance für "Russischen Ritter" Povetkin trotz glanzlosem Auftritt der ukrainischen Übermacht Dominanz des Minimalisten: Klarer Sieg für "Grabimir Clinchko"

07.10.2013, 01:23

Moskau (dpa) l Wladimir Putin hatte es wohl geahnt. Weil der russische Staatspräsident nicht für Niederlagen gemacht ist, war er trotz Ankündigung erst gar nicht zur Box-Weltmeisterschaft seines Landsmannes Alexander Povetkin gegen den Mehrfachchampion Wladimir Klitschko Sonnabend in der Moskauer Olympia-Arena erschienen. Die an Deutlichkeit kaum zu übertreffende Punktniederlage von dreimal 104:119 des "Russischen Ritters" Povetkin hätte ihm wohl die Contenance geraubt. Dafür pfiffen 14.000 Zuschauer aus Leibeskräften, als Klitschko mit ihnen abrechnete: "Alle Fans verdienen meinen Dank. Ihr habt mir sehr geholfen, hier zu siegen."

Povetkin blieb am Ende seiner verzweifelten Bemühungen nichts anderes übrig, als dem ukrainischen Rivalen seine Ehrerbietung zu erweisen. "Er ist der Beste der Welt", lautete das Lob Povetkins, dessen rechtes Auge geschwollen war und die Gesichtspartien rundherum ungesund rot leuchteten. "Ich habe ihn mit Schlägen in die Hölle geschickt, aber er ist einfach weitermarschiert", lobte der 37-jährige Klitschko den Unterlegenen. Povetkin war viermal am Boden, davon gleich dreimal in Runde sieben. Das war ihm in 26 Kämpfen zuvor noch nie passiert. Die Erkenntnis ist nicht neu: Kein Schwergewichtler kann Wladimir Klitschko derzeit das Wasser reichen.

Die Crux an der Geschichte: Die Dominanz ist nicht unbedingt sehenswert. Denn Klitschko zeigte sich erneut als Minimalist. Mit dem gefürchteten linken Jab hielt er Povetkin auf Distanz. Deshalb suchte der zehn Zentimeter kleinere und mit einer 15 Zentimeter kürzeren Reichweite von vornherein unterlegene WBA-Weltmeister seine Chance im Infight und tauchte aus Sicherheitsgründen mit dem Kopf in Klitschkos Bauchhöhe ab, um so Körpertreffer zu landen.

Klitschko nahm die Einladung an, lehnte sich mit beiden Ellenbogen auf den Russen und drückte ihn in die Knie. Wenn das nicht half, klammerte er. Im Internet wurde er deshalb umbenannt. Aus dem respektvollen "Wladimir Klitsch-k.o." wurde "Grabimir Clinchko".

Für das unfaire Aufstützen war Klitschko erst spät ein Punkt abgezogen worden. "Das Halten war wie Raub. So hatte Alexander keine Chance", grollte Povetkins Promoter Kalle Sauerland. Vorwürfe eines Journalisten, das sei "eher Ringen als Boxen", wischte Klitschko beiseite. "Kritik nehme ich an, aber ich gehe meinen Weg", meinte er trotzig.

So fehlte der Glanz des Champions trotz erdrückender Überlegenheit. Die meisten Zuschauer in der Halle und vor den Bildschirmen - in Deutschland schauten im Schnitt 11,02 Millionen (35,4 Prozent Marktanteil) zu, während nur 6,74 Millionen bei "Wetten, dass...?" im ZDF einschalteten - werden sich wohl gefragt haben: War dieser Kampf die Wahnsinnsbörse von 17,1 Millionen Euro wert? War er natürlich nicht. Klitschko nahm das Geschenk russischer Oligarchen trotzdem dankend an, er strich knapp 12,9 Millionen Euro ein. Povetkin begnügte sich mit 4,3 Millionen. Sein WBA-Titel ist nunmehr vakant, denn Klitschko bleibt Superchampion dieses Verbandes.