Boxen Bösel im September zurück im Box-Ring?
Langeweile kennt Dominic Bösel nicht. Der Box-Weltmeister kümmert sich liebevoll um seine Hunde und trainiert für die Titelverteidigung.
Magdeburg l Als SES-Promoter Ulf Steinforth und Dominic Bösel gestern Vormittag telefonierten, konnten beide gegenseitig gute Nachrichten überbringen. Steinforth hatte in der Nacht eine Mail aus Australien bekommen – mit der Info, dass Zac Dunn dort wieder ins Training eingestiegen ist. So kann das Ende März ausgefallene Duell um den WBA-Gürtel im Halbschwergewicht vielleicht schon im September neu angesetzt werden. Und dass Bösel richtig fit ist, bekam auch ein Ladendieb in Freyburg zu spüren.
Der hatte in einem Supermarkt Zigaretten geklaut und war über den Parkplatz davongesprintet. Bösel: „Weil ich gerade auf den Parkplatz fuhr, kam mir das verdächtig vor. Deshalb bin ich da gleich hinterhergefahren. Als er sich hinter einem Auto verstecken wollte, habe ich ihn zur Rede gestellt. Er tat so, als wenn er mich nicht versteht. Dann wurde er kurz aggressiv. Und weil das auf mich natürlich keinen Eindruck machte, rannte er wieder davon. Da bin ich aber dann zu Fuß hinterher und habe ihn auch locker eingeholt.“ Den Rest erledigte die herbeigerufene Polizei.
Durch Bösels Zivilcourage bekam zwar der Supermarkt seine Zigaretten zurück, aber den Dieb scheint das leider nicht groß zu interessieren. „Eineinhalb Stunden später habe ich ihn schon wieder in der Stadt rumlaufen und Leute anbetteln sehen. Dass so etwas möglich ist, ärgert mich schon gewaltig“, erklärt Bösel sichtlich enttäuscht.
Für seinen Promoter ist die Aktion eine dieser zufälligen Geschichten, die ein Boxer in seiner Karriere auch mal braucht. Steinforth: „Viele Boxer haben ihre Spitznamen durch außergewöhnliche Storys, Kämpfe oder Taten bekommen. Für mich ist Dominic jetzt ein Sheriff oder Superman. Da einzugreifen, war schon eine mutige Aktion. Das macht sicherlich nicht jeder. Denn man weiß ja nicht, mit wem man es zu tun bekommt.“
Mit wem es Bösel so bald wie möglich im Ring zu tun bekommenen soll, ist dagegen klar. Der Ende März aufgrund der Corona-Krise ausgefallene WM-Kampf gegen den Australier Zac Dunn soll nur verschoben sein. Steinforth: „Wir haben in der Nacht vom Sonntag auf Montag Kontakt mit Australien gehabt. Dort werden die Corona-Maßnahmen jetzt so gelockert, dass auch die Boxer wieder mit Auflagen ins Training einsteigen können.“
Das nahm auch Bösel mit großer Freude zur Kenntnis. „Dadurch ist es jetzt auch gegeben, dass sich mein Gegner entsprechend auf den Kampf vorbereiten kann“, sagt der 30-Jährige, der selbst fleißig am Trainieren ist. Bösel: „Ich gehe viel Joggen, mache zu Hause auch Krafttraining. Und mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen wie Mundschutz kann ich jetzt auch wieder in der Leipziger Median-Klinik aktiv sein.“
Dort hat sich Bösel durch spezielle Übungen in punkcto Stabilisierung und Beweglichkeit unheimlich verbessert. „Er kann jetzt Übungen machen, an die früher nicht zu denken war“, hatte Bösels Papa Bernd nach dem WM-Triumph seines Sohnes im November des vergangenen Jahres gelobt. Da gewann er in der Messe-Arena in Halle vor 3500 Zuschauern gegen den Schweden Sven Fornling durch K.o. in Runde elf und holte sich die Gürtel der WBA und IBO.
Auf Zuschauer am Ring muss Bösel vorerst aber verzichten. „Fans sind wichtig, aber ich würde jetzt auch in einen Ring, der mitten auf einem leeren Feld steht, steigen“, sagt Bösel. Und so fleißig wie er seine Fitness hält, so fleißig hat Steinforth in den vergangenen Wochen in engem Kontakt zu Wissenschaftlern, Virologen, Politikern und einem Ingenieurbüro, das sich auf Hygienestandards spezialisiert hat, an einem Konzept für sogenannte Geisterkämpfe gearbeitet. Steinforth: „Das Konzept ist fertig und wir haben es bei der Landesregierung und dem Gesundheitsamt inzwischen eingereicht. Ich bin überzeugt davon, dass es schlüssig ist. Wir haben dabei auch einige Punkte aus dem Konzept der Fußball-Bundesliga übernommen.“
SES plant Kämpfe sowohl in der Halle als auch im Freien. Steinforth: „Wir gehen von rund 50 Personen aus, die bei Kämpfen zum engeren Kreis gehören. Im Gegensatz zum Fußball können wir einige Dinge auch leichter kontrollieren und umsetzen. Wichtig war uns aber auch, auf die lokalen Gegebenheiten zu achten. Deshalb haben wir auch Experten aus der Region eingebunden.“
Bei Zustimmung durch die Politik könnte schon im September der WM-Kampf steigen. Möglicherweise im Elbauenpark oder auf dem Stendaler Flughafen Borstel. Denn dort sind Autokinos geplant. Stein-forth: „Für Zuschauer fände ich das total witzig. Und man muss in einer Krise auch kreativ sein.“