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Classic-Kegeln  Rot-Weiß Zerbst: Ungewöhnlich jung

Die Bundesliga-Kegler des SKV Rot-Weiß Zerbst werden immer jünger - ihre Ansprüche bleiben.

Von Daniel Hübner 30.11.2020, 19:39

Zerbst l Manuel Weiß weiß ganz genau, wie sich Kegler fithalten. Mit Triathlon nämlich. Das soll nun keine Motivation für alle Freunde von „Alle Neune“ sein, sich der ausdauernden Bewegung in drei Disziplinen zu widmen, aber solch ein Training hilft natürlich auch, um mental seinen besten Wurf vorzubereiten. Manuel Weiß schwimmt also zwei bis fünf Kilometer pro Woche, er läuft 50 bis 60 Kilometer pro Woche, er fährt zirka 200 Kilometer mit dem Fahrrad pro Woche. Und für das Wurf- und Bahngefühl legt er noch etwa 600 bis 900 Kugeln pro Woche drauf. Mit diesem Programm wird man am Ende der Saison sogar deutscher Meister – wie jener Manuel Weiß in der vergangenen Saison und viermal zuvor mit dem SKV Rot-Weiß Zerbst.

Seit 18 Jahren spielen die Zerbster in der Classic-Kegeln-Bundesliga, zuletzt feierten sie sogar ihren 15. deutschen Meistertitel in Folge . Und wäre Corona nicht dazwischengekommen, „hätten wir vielleicht die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte gespielt“, sagt Lothar Müller, der Vereinschef. Denn die Rot-Weißen hatten zugleich das Finale um den nationalen Pokal und der Champions League erreicht. Der Weltpokal, in dem Zerbst der Titelverteidiger ist, wurde im September ebenfalls abgesagt.

Nicht zu vergessen die Einzel- und Mannschaftsweltmeisterschaften, für die auch Zerbster wie Manuel Weiß nominiert sind, die aber ebenso der Pandemie zum Opfer gefallen sind wie die finalen Wettbewerbe um die entsprechenden Pokale nicht ausgetragen wurden. Oder: noch nicht.

„Der erfolgreichste Club Europas“, wie Müller seine Gemeinschaft längst und stolz bezeichnen darf, wartet aber zunächst auf seinen Re-Start in die Saison. Zerbst steht nach sechs Bundesliga-Begegnungen auf dem ersten Platz. Die Mannschaft um Coach Timo Hoffmann (50), zugleich der Bundestrainer, musste sich aber mit zwei Remis begnügen. Sowohl beim SKC Staffelstein als auch beim TSV Breitengüßbach hieß es am Ende 4:4.

Doch Hoffmann ist von Beruf Bankkaufmann in leitender Funktion und wird kleine Rückschläge wie diese einkalkuliert haben. Und er wird wissen, wie sich das Blatt in den Rückspielen drehen kann.

Das 4:4 in Staffelstein war allerdings nicht unbedingt eine Überraschung, dort stehen Akteure auf der Bahn, die ihre größten Erfolge in Zerbst gefeiert haben – wie Uros Stoklas, wie Boris Benedik oder Marcus Gerdau, der nach wie vor sogar in Zerbst wohnt. Zerbst selbst hat sich mit Florian Fritzmann und Christian Wilke aus Bamberg zur neuen Saison verstärkt. Junges Blut für eine charakterstarke Truppe. „Unsere Spieler sind zwischen 25 und 32 Jahre alt, das ist ungewöhnlich jung für eine Mannschaft in unserer Sportart und in dieser Liga“, betont Müller.

Und diese jungen Spieler sehnen sich nach der Bahn zurück. Statt am perfekten Wurf zu feilen, halten sie sich joggend fit. Das mag für Manuel Weiß kein Problem sein, für andere ist es mit der Zeit durchaus ermüdend. Da sorgen Nachrichten vom Deutschen Keglerbund Classic (DKBC) über eine Gründung einer Task Force, die sich mit der Rückkehr in den Spielbetrieb beschäftigt, für eine erste vorsichtige Hoffnung.

Aber die größte Erleichterung werden die Kegler erst erfahren, wenn die Bahnanlagen für den Trainingsbetrieb wieder freigegeben werden. Vor Jahresende wird das allerdings nicht mehr passieren, darauf haben sich die Ministerpräsidenten aller Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel geeinigt. Und damit ist auch der ursprünglich geplante Saison-Re-Start am 2. Januar nicht mehr zu halten.

Und damit ist es automatisch der Plan des DKBC, die Saison in den Bundesligen, ob erste oder zweite, am Wochenende, 5./6. Februar, wieder aufzunehmen. „Auch die Kegler brauchen eine Vorbereitungszeit von Minimum drei, aber im optimalen Fall vier Wochen“, sagt SKV-Chef Müller. Nur muss der Ländersportrat, alle 16 Landesverbände also, dem Plan von der Rückkehr mehrheitlich seinen Segen geben. Zumindest steht fest: „Wenn wir am ersten Februar-Wochenende in die Saison zurückkehren, würden wir auch die Hin- und Rückserie spielen können“, weiß Müller.

Denn eines steht außerdem fest: „Die Saison muss bis zum 30. Juni beendet sein“, betont der 67-Jährige. Nach diesem Termin können Akteure ohne Spielsperre den Verein wechseln. Zuvor aber will der SKV Rot-Weiß Zerbst nicht nur die Saison in der Bundesliga beenden, sondern auch Champions- League-Sieger werden. Denn das finale Turnier aus 2020 soll im nächsten Jahr nachgeholt werden. Es wäre die Chance, bereits zum vierten Mal die Trophäe zu gewinnen. Danach wäre Manuel Weiß auch bei der Ironman-Challenge in Roth, die er am 4. Juli bestreiten will, wirklich alles zuzutrauen – im Schwimmen über 3,8 Kilometer, im Radfahren über 180 Kilometer und im Laufen über die Marathondistanz.