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Kugelstoßen Kleinert bekam Medaille auch schon per Post

Nadine Kleinert, ehemalige Magdeburger Kugelstoßerin, bekam nachträglich eine WM-Medaille zuerkannt. Mal wieder - weil andere gedopt waren.

Von Daniel Hübner 24.02.2019, 01:00

Magdeburg l Endlich mal vor Publikum. Endlich mal unter Applaus. Endlich ein würdiger Rahmen? Zumindest wurde Nadine Kleinert die Medaille nicht mit der Post geschickt. Zumindest musste sie nicht auf eigene Kosten nach Frankfurt am Main reisen, um von drei Mitarbeitern in einem Büro des heutigen Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) die Edelplakette entgegenzunehmen. War alles so schon einmal passiert.

Am vergangenen Sonntag aber jubelten der ehemaligen Kugelstoßerin vom SC Magdeburg 3500 Zuschauer in der Arena Leipzig zu, als der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Jürgen Kessing, ihr die Bronzemedaille von der Hallen-Weltmeisterschaft 2010 in Doha (Katar) überreichte. Im Rahmen der nationalen Titelkämpfe. „Die Zuschauer haben applaudiert, als hätte ich gewonnen“, berichtet Kleinert zum einen. Zum anderen: „Seit 2013 weiß ich, dass ich die Medaille bekommen werde. Für mich ist das alles nur noch lächerlich.“

Kleinert, „die ewig betrogene“. Kleinert, die sich „als Dopingopfer“ sieht. Weil sie um zirka 200  000 Euro an Preisgeldern betrogen wurde, wie sie mal errechnet hat. Elf internationale Medaillen hat sie gewonnen. Regulär. 15-mal ist sie nachträglich hochgestuft worden, weil andere Athletinnen bei den Wettkämpfen gedopt waren und gesperrt wurden. Drei Edelplaketten hat sie deshalb erhalten: Silber bei der Hallen-WM und den Olympischen Spielen 2004, nun Bronze.

„Auf drei warte ich noch. Die letzte werde ich mir wohl mit dem Rollator abholen müssen“, sagt die 43-Jährige. Sie erwartet noch WM-Bronze und -Silber aus den Jahren 2005 und 2007. Und Gold von der Hallen-WM 2006. Das wäre nach dem Sieg bei der Europameisterschaft 2012 der zweite Titel ihrer internationalen Karriere, die sie im September 2013 beendet hat.

Um das Geld macht sie sich schon lange keine Gedanken mehr. „Ich hatte vor einigen Jahren an den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière einen Brief geschrieben und auf meine Situation hingewiesen“, erklärt sie. An den „Hauptsponsor“ des Spitzensports also. Die Antwort lautete sinngemäß: Schön, dass sie Spaß an ihrem Sport hatten. 25 Jahre quälte sich Kleinert für Ruhm und Ehre im Leistungssport: „Aber die ganze Doping-Sache hat mir alles kaputt gemacht, wofür ich gelebt habe.“

Deshalb war es nach dem Ende ihrer Laufbahn auch Zeit, den Neuanfang zu suchen. „Ich brauchte einen Tapetenwechsel.“ Weg vom Kugelstoßen, raus aus der Vergangenheit. Ein glücklicher Umstand war es dann, dass sie diesen Schritt mit einer neuen Liebe gehen konnte. Nadine Kleinert hat in Magdeburg alles aufgegeben, sie lebt jetzt im Südharz, sie geht einem „sehr bürgerlichen Beruf“ nach, berichtet sie. Mehr will sie nicht erzählen aus ihrem Leben. „Mit meinem Karriereende habe ich auch die Auskünfte über mein Privatleben eingestellt“, begründet sie.

Man kann nur ahnen, dass eine der Medaillen, auf die sie noch wartet, wieder mit der Post geschickt wird. Wie die von der Hallen-WM 2004, die an den SCM adressiert wurde. Ihr Trainer Klaus Schneider stellte damals noch eine Flasche „Rotkäppchen“ dazu. Jenes Silber von Olympia 2004 wurde ihr einen Januar später unter Ausschluss der Öffentlichkeit überreicht vom DOSB-Vorgänger, dem Nationalen Olympischen Komitee (NOK). Jenes Bronze von 2010 nun also vor 3500 Zuschauern. Ein würdiger Rahmen? Kleinert: „In diesem Jahr findet die WM in Doha statt. Da hätte sich der Kreis geschlossen.“