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Leichtathletik Sieben Meter sind das Ziel

In fünf Wochen beginnt für Lea-Jasmin Riecke die neue Saison mit der deutschen Hallenmeisterschaft. Die 18-Jährige kann es kaum erwarten.

Von Daniel Hübner 30.12.2018, 00:01

Magdeburg l Lea-Jasmin Riecke hat jetzt eine Matte. Auf der liegt es sich nicht nur bequem. Durch diese fließen Ströme, die Kapillaren und Aderwände im Körper der 18-Jährigen pulsieren lassen. „Andere Sportler wie die Speerwerfer Johannes Vetter und Thomas Röhler nutzen die Matte für die Schulter“, berichtet Hans-Ulrich Riecke, Leas Vater und Trainer. Das kann auch nur gut für die Tochter sein. „Die Matte hat den Effekt, dass man in kürzester Zeit regenerieren kann.“ Womit sein Schützling höher belastbar ist. Riecke: „Und das ist gut mit Blick auf 2020.“

2020 finden die Olympischen Spiele in Tokio statt. Und Tokio ist das Ziel der Weitspringerin vom Mitteldeutschen Sportclub (MSC). Dabei soll ihr nicht nur eine Matte helfen. Sondern auch die eigene Erfahrung. „2017 ging es nicht weiter in meiner Entwicklung“, erinnert sie sich. „Ich hatte allgemein nicht die richtige Einstellung, ich war überehrgeizig, hatte mir zu viel vorgenommen, war verkrampft in jedem Wettbewerb. Aus dem Jahr habe ich gelernt.“ Und zwar schon 2018, in dem sie U-20-Weltmeisterin mit 6,51 Metern und Deutschlands Junioren-Sportlerin des Jahres wurde. Viel Ehre für Riecke. Vielleicht etwas zu viel, meint die Bundestrainerin.

Annett Stein hat Bedenken. Und die sind ausreichend groß, um Riecke nicht in den höchsten Kaderstatus zu setzen. Zum einen: „Sie will nicht, dass Lea früh verheizt wird“, berichtet Vater Riecke über das Gespräch mit Stein. Zum anderen: „Sie will nicht, dass sie sich auf ihren Lorbeeren ausruht.“

Vater und Tochter haben das akzeptiert. Wenngleich sie die Meinung mit der Bundestrainerin nicht unbedingt teilen. „Sie liebt ja, was sie macht“, sagt „Ulli“ Riecke: „Man merkt es im Training. Jeder Sprung ist ein Genuss.“ Seine Tochter erklärt: „Ich habe immer schon von einem Ziel zum nächsten gedacht. Und in den nächsten Jahren gibt es noch viele Ziele. Die sind alle keine Selbstläufer, sondern brauchen hartes Training und viel Ehrgeiz.“

Ihr Training wird sie weiterhin vorrangig in Magdeburg absolvieren. Dabei könnte Riecke kostenlos an den Maßnahmen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) teilnehmen. Aber die Gymnasiastin schreibt 2019 ihr Abitur. „Die Lehrgänge des DLV passen zeitlich nicht“, sagt sie. „Sie sind genau vor und während der Prüfungen.“ Trotzdem ist auch für sie ein Trainingslager geplant. In Belek (Türkei).

Um dieses zu finanzieren, wurde eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen. Spendengelder sollen aber nicht nur die Reise absichern. Die neue Regenerationsmatte war quasi der Auftakt in die Aktion, spendiert von der Helios Klinik Vogelsang. Kostenpunkt: zirka 5000 Euro. Geräte sollen angeschafft werden, ein Crossfit-Reck zum Beispiel. Kostenpunkt: zirka 4000 Euro. „Wir sind jetzt dabei, das Training so aufzubauen, dass Lea sich alles mit ihrem eigenen Körpergewicht erarbeitet. Das fördert ihre Stabilität. Aber dafür brauchen wir Geräte, die relativ teuer sind“, erklärt der Coach.

Technisch, sagt Riecke, „hat sich Lea mächtig entwickelt. Ich bin gespannt auf die ersten Wettbewerbe. Ich hoffe, dass sie rechtzeitig locker wird nach der harten Trainingsphase.“ Locker soll sie nämlich schon bei den deutschen Hallen-Meisterschaften am ersten Februar-Wochenende in Leipzig springen. Es ist zugleich eine erste Standortbestimmung im Kampf gegen die Elite, der sie sich auch auf dem Weg nach Tokio stellen muss. „Ich will im Winter meine Leistungen aus dem Sommer bestätigen“, sagt Lea Riecke. „Trotzdem ist es für mich nur ein Test, um zu sehen, wie wir die Technik verbessern konnten und wie der Absprung funktioniert.“

Der Absprung ist ihr kleines Manko. Da fehlt es ihr noch an Kraft. Die muss sie sich erarbeiten, um sich in den nächsten beiden Jahren im Sandbett auf sieben Meter zu steigern. So weit wird sie springen müssen, um auf Olympia eine Chance zu haben, ist sich ihr Vater sicher.

Doch die neue Saison hält zunächst ein anderes Ziel bereit. „Ich will mein letztes Jahr in der U 20 genießen“, sagt Lea Riecke, „und europa- und weltweit nach vorne springen.“ Die U-20-EM findet in Boras (Schweden/18. bis 21. Juli) statt. „Danach wollen wir die Saison bei den Frauen vorbereiten“, ergänzt sie. Allerdings: 2019 verschwimmen Ausstieg aus der alten und Einstieg in die neue Saison ineinander: mit der Elite-WM Ende September in Doha (Katar). Da wird noch jede Minute auf der Matte wertvoll sein.

Infos zur Spendenaktion gibt es hier.