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Schwimmen Wellbrock vom SCM springt ins Experiment

Florian Wellbrock vom SC Magdeburg geht bei der Schwimm-WM ein Experiment an. Was aber, wenn die Rechnung nicht aufgeht?

Von Daniel Hübner 30.05.2019, 12:16

Magdeburg l Florian Wellbrock hat neulich Gregorio Paltrinieri eine Handynachricht geschickt. Ein wenig aus Sorge um dessen Ellenbogen. Der Italiener hatte Anfang Mai bei den US-Meisterschaften in Miami beim Anschlag nach dem Fünf-Kilometer-Rennen das Brett ungünstig getroffen. Der Ellenbogen war gestaucht, der 24-Jährige musste das Training etwas reduzieren. Aber ansonsten gab Paltrinieri Entwarnung: „Wird schon wieder.“

Das wiederum freut den Schwimmer vom SC Magdeburg. Denn Paltrinieri ist einer seiner härtesten Konkurrenten, gegen die Florian Wellbrock bei der WM in Gwangju (Südkorea/12. bis 28. Juli) antreten wird – womöglich bei all seinen Starts: über zehn Kilometer im Freiwasser sowie über 800 und 1500 Meter Freistil im Becken.

Wellbrock liebt diese Herausforderung, gegen die weltbesten Athleten zu kämpfen. Und er mag das Geheimnis: „Ich habe meine Ziele genau im Kopf, werde sie aber nicht verraten“, sagt er. Nur so viel: „Je mehr Medaillen, umso besser.“

Darauf bereitet er sich derzeit im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada vor. Die meiste Zeit verspeist er Gerichte mit Reis, der dort früher ziemlich trocken war. „Inzwischen ist das Essen hier aber besser geworden“, berichtet Wellbrock. Dort oben in 2300 Metern Höhe in Spanien gibt es auch ein Dorf, nur 25 Minuten Fußweg entfernt. Und in dem Dorf gibt es ein Steakhouse, in dem Wellbrock und seine Mitstreiter schon die kulinarische Abwechslung gesucht haben.

Mit der Kraft des argentinischen Rindersteaks lässt es sich die nächsten Wochen womöglich besser angehen. Diese Wochen werden nämlich hart. Wellbrock startet ja mit seinen drei Distanzen in Gwangju ein Experiment, das auch ein Jahr später bei den Sommerspielen in Tokio 2020 aufgehen soll. Dann womöglich in einer Weltrekordzeit, „denn darauf wird es im Kampf um Gold hinauslaufen“, ist sich der Schützling von Trainer Bernd Berkhahn sicher.

Von der ist Wellbrock über 1500 Meter nicht mehr weit entfernt. Diese Bestmarke hält der Chinese Sun Yang mit 14:31,02 Minuten, aufgestellt vor sieben Jahren. Wellbrocks deutscher Rekord steht bei 14:36,15 Minuten.

Was aber, wenn das Experiment in Gwangju scheitert? Wenn er im Yeosu Expo Ocean Park im Freiwasser einen Top-Ten-Platz und zugleich das direkte Ticket für Tokio verpasst? Einfache Rechnung: „Dann bin ich in Tokio nicht dabei.“

Und sollte das Resultat unterm Himmelszelt stimmen, dafür aber die Ergebnisse im Becken des Nambu University Municipal Aquatics Center nicht seinen Erwartungen entsprechen – was dann? „Dann werde ich am Plan festhalten. Ich habe oft bewiesen, dass ich über 800 und 1500 Meter Top-Zeiten schwimmen kann.“

Wellbrock hält auch die nationale Bestmarke über die kürzere Distanz mit 7:43,03 Minuten. 10,91 Sekunden sind es bis zum Weltrekord, geschwommen vor zehn Jahren von Zhang Lin (China).

Über solche Szenarien macht sich Wellbrock freilich keine Gedanken. Zumal die besonders frei sind, wenn er am 24. Juni seine letzte mündliche Prüfung zum Immobilienkaufmann absolviert hat, bevor es bereits fünf Tage später zur WM-Vorbereitung nach Konamoto (Japan) geht. Bis zum 31. Dezember wird er bei der Wohnungsgenossenschaft noch arbeiten. „Was dann passiert, steht noch nicht fest“, sagt Wellbrock.

Fest steht, dass er im kommenden Herbst nicht in der International Swimming League (ISL) – einer Profiliga, die mit lukrativen Prämien lockt (Volksstimme berichtete) – startet. „Weil es zu viel wird“, waren sich Schwimmer und Trainer Berkhahn einig.

So liegt Wellbrocks Fokus weiter auf der Doppelbelastung auf den Langdistanzen im Becken und im Freiwasser. Letzteres allein schon des Spaßes wegen: „Mit Kristof Rasovszky mache ich manchmal Walgeräusche, oder wir tauchen untereinander durch“, berichtet Wellbrock über die ersten Meter eines Zehn-Kilometer-Rennens und zeigt ein Video zum Beweis.

Der Ungar und Wellbrock haben eine ähnliche Taktik, nur konnte Rasovszky den Magdeburger noch nie schlagen. Das gilt auch für Paltrinieri - zumindest im Freiwasser. Wellbrock hat bei drei Weltcup-Starts in seiner Karriere dreimal gewonnen. Was könnte also das Ziel für die Weltmeisterschaft sein?