Für Siegfried Wagener endet morgen seine 18-jährige Tätigkeit als Marketing-Chef beim SC Magdeburg "Vertrauen muss man sich in diesem Geschäft hart erarbeiten"
Magdeburg. Time to say goodbye! Die Musik, die bereits Gentleman Henry Maske bei seinem Abschied aus dem Boxring begleitet hat, würde auch gut zum letzten Arbeitstag von Siegfried Wagener passen. Denn der 62-Jährige, der seit 1992 beim SC Magdeburg das Amt des Geschäftsführers der Magdeburger Sportmarketing GmbH (MSM) bekleidete, beendet mit dem morgigen Tag seine langjährige Tätigkeit und hinterlässt dabei, wie er sagt, ein "bestelltes Feld".
Das übernimmt Marc Schmedt. Infolge des Neustrukturierungsprozesses zieht dieser beim SCM ab 1. Juli nicht nur als Geschäftsführer der Handball-Gesellschaften der ersten und zweiten Mannschaft die Fäden, sondern übernimmt planmäßig auch noch Wageners Posten als Sponsoring-Verantwortlicher des Gesamtvereins.
Wenn man wie der gebürtige Magdeburger 18 Jahre im Dienste des Sports erfolgreich Klinken putzt - oder wie Wagener es umschreibt, "dem Geld hinterherrennt", dann kann einem keiner mehr etwas vormachen. Er weiß, wie der Hase in diesem harten Geschäft läuft: "Mit einer großen Klappe und coolen Sprüchen, bunten Bildchen und Flausen im Kopf wirst du schnell durchschaut und in diesem Job nicht weit kommen. Meine Erfahrung ist, dass jene, die dir ihr Geld anvertrauen, vor allem Ehrlichkeit, Beständigkeit und Zuverlässigkeit schätzen. Vertrauen muss man sich in diesem Geschäft hart erarbeiten."
Als der Diplomsportlehrer und bis zur Wende langjährige "Verantwortlicher für den Nachwuchsleistungssport" bei der SV Dynamo, im Januar 1992 Neuland betrat, galt es, gut 70 Sponsoren zu "hegen und pflegen". Rund eine Million D-Mark wurden damals jährlich in die MSM-Kasse gespült, verwaltet und anschließend weitergereicht. "Heute verzeichnet die MSM über 260 Sponsorenvereinbarungen mit einem Gesamtvolumen von über 2 Millionen Euro", erklärt Wagener, der stolz darauf ist, was er und seine "MSM-Mannschaft" alljährlich bewegt haben: "Wir haben in 18 Jahren immer, wirklich immer, das jährlich mit dem SCM und der Handball-GmbH abgestimmte Budget, erfüllt oder sogar übererfüllt", rechnet der Marketing-Chef, der sein Organisationstalent u. a. auch beim alljährlichen Sport-Presse-Ball der Volksstimme und des SCM immer wieder unter Beweis stellte, vor und fügt hinzu: "Dass wir die Sponsoren trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise und der Querelen und Turbulenzen im Verein sowie ausbleibender Erfolge der Handballer bei der Stange halten und sogar neue dazugewinnen konnten, darauf können wir wirklich stolz sein. So etwas ist Teamwork, das kann sich keiner alleine auf die Fahne schreiben."
Doch der in seinem Job stets stilvoll im Anzug gekleidete "Mister Marketing" verheimlicht aber auch nicht, dass es mit den Jahren immer schwieriger wurde, Sponsoren für die anderen vier im Verein um ihren Status kämpfenden Sportarten zu gewinnen. "Aber als ehemaligen Wasserballer, der zu DDR-Zeiten um Anerkennung kämpfen musste, lag es mir immer am Herzen, "dass auch die nicht so medienträchtigen Sportarten wie Kanu, Rudern, Schwimmen oder Leichtathletik ein Stück vom großen Kuchen abbekommen", so Wagener, der seit 1992 auch als Pressesprecher des Gesamtvereins fungierte.
Der mehrfache DDR-Meister und Nationalspieler macht sich in die Zukunft blickend Sorgen: "Ich befürchte, dass es nach Olympia 2012 nicht so wie bisher weitergehen wird. Man muss noch mehr denn je über neue Wege der Finanzierung von Vertragssportlern nachdenken, allein übers Sponsoring ist das Ganze wohl nicht mehr zu bewerkstelligen."
Sich Gedanken machen und kämpfen, das mussten Wagener uns sein Team in den letzten drei Jahren aber auch, damit derErstliga-Handball in Magdeburg nicht den Bach hinunter- geht. Zweimal stand die HMD vor der Insolvenz, zweimal konnte sie abgewendet werden. "Das war eine sehr intensive Zeit, die nicht nur mir schlaflose Nächte beschert hat. Wir waren Tag und Nacht unterwegs, haben viele Klinken geputzt, aber ohne das Engagement des Aufsichtsrates und die große Unterstützung der Energieträger und der Stadtsparkasse hätten wir das nicht geschafft. Doch obwohl alles gutgegangen ist, noch einmal würde ich das nicht mitmachen wollen."
Das steht nun ja auch nicht mehr zur Debatte. Im Gegenteil. Der Vater von zwei erwachsenen Töchtern und zweifache Opa, der bei seiner Ehefrau Beate stets das nötige Verständnis und den Rückhalt für den zeit- und arbeitsintensiven Job fand, freut sich "endlich mehr Zeit für die Familie zu haben". So wie Wagener es als "großes Glück" empfand, ein Leben lang sein Hobby Sport mit dem Beruf verbinden zu können, so werde er es jetzt genießen, "dass der Termindruck endlich weg ist und ich jetzt selbst über meine Freizeit verfügen kann". Große Pläne für die Zukunft schmiedet er nicht: "Ich bin selbst gespannt, wohin die Reise noch geht."