Zeit für Bewerbung drängt Vorbild Paris bestärkt deutsche Olympia-Planer
Das Sommerspiele-Spektakel von Paris macht auch dem Kanzler Lust auf eine deutsche Bewerbung. Doch die Zeit drängt und die Konkurrenz ist groß. Helfen könnte der Abschied von Thomas Bach beim IOC.
Paris - Ein Ortstermin in Thomas Bachs Hauptquartier soll den Machern einer deutschen Olympia-Bewerbung jetzt schnell auf die Sprünge helfen. Wenn Olympia nach den magischen Spielen von Paris und der Tour über Los Angeles 2028 und Brisbane 2032 das nächste Mal in Europa Station macht, will der Deutsche Olympische Sportbund der Ausrichter sein. „Wir werden nach den Spielen mit dem IOC in Lausanne sprechen und natürlich die Tipps und die Ratschläge abholen, wie wir das am besten gestalten“, kündigte DOSB-Präsident Thomas Weikert den nächsten Schritt zu einer deutschen Kandidatur an.
Die Zeit drängt. Während der spektakulären Tage von Paris brachten sich mehrere potenzielle Bewerber für 2036 und 2040 in Stellung. Eine zweistellige Zahl an Interessenten zählt IOC-Chef Bach bereits. Die Türkei mit Istanbul, Indien, Katar, Saudi-Arabien und Indonesien treten derzeit am offensivsten auf. Konkretere Pläne gibt es auch in Madrid, Budapest, London sowie in Polen und Italien.
Dagegen beobachtet Bach in seiner Heimat nur „erste scheue Bemühungen, sich wieder um das Thema zu kümmern“, wie er Eurosport sagte. Es seien „noch ein paar mehr grundsätzliche Fragen“ zu klären, ehe der DOSB sich Chancen ausrechnen könne.
Scholz hofft: Paris „ein bisschen ansteckend“
Dass der 70 Jahre alte IOC-Präsident im kommenden Jahr seinen Posten räumen will, sehen die deutschen Olympia-Planer nicht als Nachteil. „Für uns bedeutet das, dass wir uns völlig frei bewerben können“, sagte DOSB-Chef Weikert dem ZDF. Der Aufstieg des Deutschen Bach an die IOC-Spitze schien in der Vergangenheit eher ein Hindernis für die Olympia-Träume in seinem Heimatland.
Nun hoffen Sport und Politik, mit dem leuchtenden Vorbild Paris neue Begeisterung für ein Olympia-Projekt wecken zu können. Er hoffe, „dass das ein bisschen ansteckend ist“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Besuch in Frankreichs Hauptstadt, die mit ihren Sommerspielen neue Maßstäbe setzte.
Nach längerem Zögern hatte die Bundesregierung eine gemeinsame Absichtserklärung für eine deutsche Bewerbung unterzeichnet und finanzielle Unterstützung zugesichert. Dabei bevorzugt die Ampel-Koalition klar eine Bewerbung um die Sommerspiele 2040. Das wäre 50 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung.
DOSB plant dezentrale Spiele
Doch lässt sich der Erfolg von Paris so einfach kopieren? „Wir wissen, dass wir das so in dieser Weise in Deutschland nicht machen können und auch nicht machen wollen“, sagte Weikert. Weil im Rahmen der IOC-Richtlinien möglichst nur bereits vorhandene Wettkampfstätten genutzt werden sollen, müsse das deutsche Konzept auf mehrere Standorte setzen. „Es wird auf jeden Fall dezentral werden“, sagte der DOSB-Chef.
Berlin dürfte gesetzt sein, dazu haben Hamburg, München, Leipzig und die Rhein-Ruhr-Region sich zu einer möglichen Bewerbung bekannt. Am 7. Dezember will der DOSB bei seiner Mitgliederversammlung in Saarbrücken den weiteren Kurs beschließen. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung könnte im ersten Halbjahr 2025 die Bewerbung endgültig auf den Weg bringen.
Entscheidende Hürde ist allerdings noch das Votum der Bevölkerung in den dann ausgewählten Kandidatenregionen. Zuletzt waren die Projekte für Winterspiele 2022 in München und Sommerspiele 2024 am Nein einer Mehrheit an der Wahlurne gescheitert. Tief sitzt bei vielen Deutschen die Ablehnung gegenüber mächtigen Sportorganisationen wie dem IOC. Hinzu kommt die Sorge vor explodierenden Kosten.
Aufschwung bei jüngsten Olympia-Gastgebern
CDU-Chef Friedrich Merz sieht ohnehin dringlichere Aufgaben für die Sportpolitiker. „Wenn aber die Unterstützung des Breitensports und die Qualität des Schulsports weiter so nachlassen, wie wir dies in den vergangenen Jahren sehen, dann macht auch eine deutsche Olympia-Bewerbung wenig Sinn“, sagte Merz.
Gerade den Nöten im Sportland Deutschland und dem anhaltenden Negativtrend bei der olympischen Medaillenausbeute hoffen die Befürworter einer Bewerbung mit Heimspielen entgegenwirken zu können. Argumente dafür lieferten die jüngsten Gastgeber Großbritannien (2012), Japan (2021) und jetzt Frankreich, die motiviert von ihren Spielen zu sportlichen Höhenflügen mit neuen Athletengenerationen ansetzten.
Das, so hinterließ Thomas Bach vor seiner Abreise aus Paris, wäre auch sein Wunsch für Deutschland. „Ich würde mich riesig freuen, wenn bei uns zu Hause dieser olympische Funke auch überspringen würde“, sagte der scheidende IOC-Präsident.