Fußball Lutz Bierstedt tritt bei Landesklassen-Tabellenführer SV Liesten 22 überraschend zurück Wechsel an der Spitze - Timm neuer Trainer
Am Donnerstag klingelte zunächst bei Dietrich Timm, später dann auch bei Jens Schulz das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war Lutz Bierstedt, der keine frohe Botschaft zu verkünden hatte. Bierstedt gab etwas überraschend das Traineramt bei Landesklassen-Tabellenführer SV Liesten 22 auf.
Liesten l Für Co-Trainer Dietrich Timm und Vereinsvorsitzender Jens Schulz war es natürlich ein Schock. Mit einem Rücktritt von Lutz Bierstedt hatten die beiden - und mit Sicherheit viele weitere Freunde des Liestener Fußballs - nicht gerechnet. Bierstedt allerdings fühlte sich gezwungen, diesen Schritt zu machen. "Ich hatte psychische Probleme und habe es einfach nicht mehr ausgehalten. Alle Spieler immer wieder aufs Neue bei Laune zu halten, ist keine einfache Aufgabe", sagt der Ex-Trainer, der seit rund vier Jahren für die Mannschaft zuständig war, selbst kurz nach seinem Abschied. Er möchte sich fortan mehr Zeit für seine Familie nehmen.
Die Entscheidung stand für ihn persönlich bereits nach dem 2:2 in Gardelegen am 8. Mai fest. "Vielleicht ist das ein ungünstiger Zeitpunkt, da die Mannschaft gerade um den Staffel- und den Kreispokalsieg kämpft, doch vielleicht hat es ihr auch ganz gut getan und eine Trotzreaktion hervorgerufen", so Bierstedt mit Rückblick auf die drei sieglosen Partien in Folge vor seinem Abschied, der mit "viel Wehmut" erfolgt sei. Bis Saisonende gönnt er sich eine Auszeit, dem Verein bleibt Lutz Bierstedt aber für immer treu, wie er selbst verrät.
Neuer Trainer ist Dietrich Timm. Der 64-Jährige war bereits unter Bierstedt Co-Trainer beim SVL und schlüpft nun in die Chefrolle. Angst und bange ist Timm dabei nicht, auch wenn er weiß, dass er ein schweres Erbe antritt. Zunächst einmal hat Dietrich Timm, der vor seinem Wechsel nach Liesten in der Saison 2011/2012 ganze 25 Jahre lang als Trainer beim SV Eintracht Salzwedel tätig war, nur bis Saisonende eine feste Zusage gegeben. "Lutz hat mich gefragt, ob ich die Spielzeit zu Ende führe, wofür ich mich bereit erklärt habe. Danach werden wir weitersehen. Wenn kein Ersatz gefunden wird, dann könnte ich mir auch vorstellen, hier länger als Trainer zu arbeiten", verrät Timm. Der Neucoach hält sich allerdings generell lieber im Hintergrund auf und würde deshalb, wie er selbst zugibt, gern als Assistenztrainer arbeiten. "Ich bin vom Fußball besessen und arbeite gern mit jungen Spielern zusammen. Das hält mich selbst jung", begründet der 64-Jährige die Entscheidung, zumindest bis auf Weiteres das Traineramt zu bekleiden. Der SV Liesten 22 wird aber definitiv auch seine letzte Station als Chefcoach sein. "Was hier geleistet wird, ist schon gewaltig und kaum in Worte zu fassen. Es macht einfach Spaß, für diesen Verein zu arbeiten", schwärmt Timm.
Seinen neuen Co-Trainer Sigmar Pätzold kennt Dietrich Timm bestens, denn das Duo war für längere Zeit auch zusammen für den damaligen Landesligisten SV Eintracht Salzwedel zuständig. Dort war Pätzold seinerzeit Trainer und Timm Herrenspielleiter. "Er ist ein toller Trainer", verrät Dietrich Timm über seinen neuen Assistenten. Beide wollen die gute Arbeit von Lutz Bierstedt nun zu Ende führen und die Saison mit dem Staffel- und Kreispokalsieg krönen. "Es war eine super Zusammenarbeit, einen besseren Trainer hätte ich mir nicht vorstellen können. Er war der Beste, mit dem ich je zusammengearbeitet habe", blickt Timm noch einmal auf die tolle Zeit mit Bierstedt zurück. "Es tut mir für ihn wirklich leid, er war ein toller Kumpel. Nachdem, was er alles geleistet hat, hoffe ich, dass er dem Verein treu bleibt", ergänzt der 64-Jährige, der am Sonnabend in seinem ersten Spiel als Chef direkt ein 6:1 gegen den SV Germania Güsen bejubeln durfte. Das Ziel ist es, Platz eins zu verteidigen, aber ob der SVL in diesem Fall dann auch tatsächlich das Aufstiegsrecht zur Landesliga wahrnehmen würde, ist noch nicht entschieden. "Die Mannschaft würde schon gern diesen Schritt wagen, das Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden, doch wir haben noch bis zum 30. Mai Zeit, um zu entscheiden", verrät Timm, der sich auch in die Lage der Spieler versetzen kann, die aufgrund der in der Landesliga längeren Fahrtwege weniger Zeit für ihre Familie hätten. "Das kostet schon Überwindung", weiß Liestens Neutrainer.
Auch Lutz Bierstedt drückt seinen Ex-Schützlingen natürlich kräftig die Daumen. "Ich würde mich sehr freuen, wenn sie in der Liga den ersten Platz verteidigen und den Kreispokal gewinnen", sagt Bierstedt, der glaubt, einen geeigneten Nachfolger gefunden zu haben. "Dietrich Timm hat große Erfahrung. Er ist definitiv der Richtige für dieses Amt und einer der besten Trainer, die ich je gesehen habe. Ich habe viel von ihm gelernt", wünscht der Ex-Trainer, der in der Vorsaison mit der Mannschaft den Kreismeistertitel und den Kreispokalsieg holte und sie nach dem Aufstieg direkt an die Spitze der Landesklasse führte, seinem Nachfolger viel Erfolg.
Laut SVL-Vereinsvorsitzender Jens Schulz werden in dieser Woche Gespräche bezüglich des neuen Trainers geführt. "Bisher hatte ich nicht viel Zeit, über einen neuen Coach nachzudenken", sagte Schulz am Sonnabend vor der Partie gegen Güsen. Auch für ihn kam der plötzliche Rücktritt von Lutz Bierstedt zwei Tage vor dem Spiel sehr überraschend. "Wir hätten ihn gern behalten, logisch. Er ist ein angenehmer, guter Typ", so der Vereinschef, der auch weiß: "Diese Saison ist, egal wie sie endet, der größte Erfolg in unserer Vereinsgeschichte." Und maßgeblichen Anteil daran hat natürlich auch Lutz Bierstedt. Schulz würde es deshalb Bierstedt wünschen, dass die Mannschaft seine hervorragende Arbeit über die Jahre hinweg nun auch mit dem Staffelsieg in der Landesklasse krönt. Der Ex-Trainer hat das Team jedenfalls auf einen guten Weg gebracht und beim SV Liesten 22 Geschichte geschrieben. Doch nun beginnt eine neue Ära.