Schärfere Kontrollen Die Flügel-Frage: Droht der Formel 1 eine neue Hackordnung?
Mit dem Großen Preis von Spanien werden die Kontrollen der Frontflügel verschärft. Es ist Millimeterarbeit mit möglicherweise großen Auswirkungen. Ein Team steht besonders im Fokus.

Barcelona - Im PS-Reich der Grenzüberschreitungen wird genau Maß genommen - es geht um Millimeter. Es geht um die Frage, wer bei der Regelauslegung das Limit überschritten hat und nun unter den neuen knallharten Kontrollen leidet. „Das kann für alle ein Wendepunkt sein“, sagt Ferraris Teamchef Fred Vasseur.
Damit könnte die Formel-1-Rangfolge 2025 nach exakt einem Drittel der Saison mit insgesamt 24 Grand Prix noch mal neu durchgemischt werden. Bislang dominiert McLaren mit sechs Siegen aus acht Rennen.
Ferrari als großer Profiteur? - Das sagt Hamilton
Bei der Technik-Kontroverse geht es um die simple Frage, welcher Frontflügel mitsamt Klappe sich wie sehr verbiegt. Bisher waren in diesem Jahr 15 Millimeter bei Belastung erlaubt, ab jetzt sind es nur noch 10. Die Ankündigung dazu kam schon zu Jahresbeginn, die Umsetzung der sogenannten Technischen Direktive wurde für den Großen Preis von Spanien an diesem Wochenende angekündigt.
Nach Ansicht von Mercedes-Teamchef Toto Wolff könnte Ferrari einer der Profiteure sein. „Ich denke, von dem, was wir gesehen haben, hatte Ferrari wahrscheinlich den konservativsten Ansatz beim Flexi-Flügel.“ Sollte also bedeuten: Die Scuderia würde am wenigsten Zeit einbüßen.
„Ich weiß nicht, wie er darauf kommt“, betonte aber Lewis Hamilton, der nach seinem Weggang von den Silberpfeilen seit diesem Jahr für Ferrari fährt. Lachend ergänzte der 40 Jahre alte Rekordweltmeister, der noch mit dem neuen Ferrari kämpft: „Ich hoffe, er hat recht.“
Preisgeben will keiner seine Geheimnisse in der Formel 1, das war schon immer so. Die flexiblen Flügel hinten und vorne sind auch schon länger im Visier der Regelhüter. Nach einer Regelverschärfung für die Heckflügel sind ab diesem Wochenende die Frontflügel dran. Die Kontrollen wurden dafür noch mal nachjustiert, das Problem: Die Belastung zu simulieren, die entsteht, wenn der Wagen mit hoher Geschwindigkeit unterwegs ist, die Flügel sich dabei durch den Luftwiderstand verbiegen.
Streitthema, das seit langem mehr als nur schwelt
Die Verfolger hoffen natürlich, dass es McLaren erwischt, das Team mit dem anerkanntermaßen schnellsten Wagen - nicht erst in diesem Jahr. „In jüngerer Zeit gab es viele Vermutungen von anderen zu unserem Auto. Keine von denen war korrekt“, betont Geschäftsführer Zak Brown aber bereits: „Je mehr sie sich um unser Auto kümmern, anstatt um ihr eigenes, ist es nur gut für uns.“
Die Rückkehr der Traditionsmarke an die Spitze der Formel 1 hat das Misstrauen der Konkurrenz geweckt. So ist das im Leben, so ist das in der Formel 1. Allen voran beschwerte sich Red Bull, das von McLaren in der Konstrukteurswertung entthront worden war und Ferrari.
Seit Mitte der Saison 2024 schauten die Formel-1-Kontrolleure bereits noch genauer hin, die Regeln wurden nachgezogen. Ab diesem Wochenende gilt nun die bislang schärfste Variante für die Frontflügel. Die noch einmal um Millimeter eingeschränkte Flexibilität hat direkten Einfluss auf die Aerodynamik. Denn je mehr sich die Teile unter Belastung verbieten, umso geringer wird der Luftwiderstand. Und das macht Autos schneller.
Was sagt denn Verstappen zu möglichen Auswirkungen?
„Ich glaube nicht, dass es die Teams so sehr treffen wird, wie die Leute glauben“, sagt Carlos Sainz von Williams. „Es ist und bleibt immer noch ein Frontflügel, nur ein bisschen steifer und nicht mehr so beweglich.“ Er rechnet mit plus/minus einer Zehntelsekunde, die die Verschärfung ausmachen kann.
Fast schon demonstrativ entspannt gab sich Monaco-Sieger Lando Norris, der einen der beiden McLaren steuert. Auf die Frage, ob er sich Sorgen wegen möglicher Auswirkungen auf den Wagen machen, entgegnete er umgehend: „Nein. Nicht im Geringsten.“
Verfolger und Titelverteidiger Max Verstappen, der im Red Bull hinter dem WM-Spitzenreiter Oscar Piastri (161) im McLaren sowie Norris (158) auf Rang drei mit 136 Punkten vor dem Spanien-Rennen liegt, rechnet ebenfalls nicht mit „massiven Zeitgewinnen oder Verlusten zwischen den Teams“. Es geht halt doch nur um Millimeter - deren Auswirkungen allerspätestens erst am späten Sonntagnachmittag nach dem Rennstart um 15.00 Uhr (Sky und RTL) mehr als nur Spekulationen sein werden.