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Ex-Präsidentschaftsbewerberin Groth kritisiert DFB-Chef - Bewerbung letztlich "sinnlos"

Mit ihrer Bewerbung als Präsidentin wollte Ute Groth den DFB und die Amateure vor einem Jahr wachrütteln. Das hat im Nachhinein nicht geklappt, sagt sie. Dennoch ist Groth nicht verbittert, sie bereut nichts - und erwägt sogar eine erneute Kandidatur.

Von Interview: Holger Schmidt, dpa 28.04.2020, 07:37

Düsseldorf (dpa) - Am 2. Mai 2019 bewarb sich die Düsseldorferin Ute Groth überraschend als DFB-Präsidentin. Sie hatte von vornherein keine Chance. Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erzählt sie, warum sie von Fritz Keller, vom DFB und vielen Amateur-Kollegen enttäuscht ist.

Frau Groth, am Samstag jährt sich Ihre Bewerbung. Wie beurteilen Sie diesen Schritt rückwirkend?

Ute Groth: Zwiespältig. Auf der einen Seite war es schon eine wichtige Aktion, weil zum ersten Mal öffentlich diskutiert wurde, was ein DFB-Präsident überhaupt machen oder können sollte. Viele Amateure haben sich damals bei mir gemeldet und gesagt: "Super, dass da mal Schwung reinkommt." Aber am Ende ist es ja doch vorher ausgekungelt worden. Und im Nachhinein hat sich auch eigentlich nichts geändert. Von daher war es irgendwie doch sinnlos.

Wie beurteilen Sie den Umgang des DFB mit Ihnen?

Groth: Ich wurde komplett ignoriert. Beim Verbandstag war ich letztlich als Gast. Beim Empfang haben mir manche gesagt, dass sie es schade finden, wie mit mir umgegangen wurde. Mit Herrn Keller gab es in der Pause nach seiner Wahl ein kurzes Gespräch, weil er mich kennenlernen wollte. Danach ist von keinem mehr etwas gekommen. Ich habe Herrn Keller auch eine Weihnachtskarte geschrieben, aber darauf kam keine Antwort. Das habe ich ehrlich gesagt auch nicht erwartet. Für die ist das Thema erledigt.

Für die Amateure auch?

Groth: Leider irgendwie schon. Wir waren als Amateure öffentlich, wir hätten die ganze Power nutzen und auf der Welle noch etwas schwimmen können. Deshalb haben wir die Aktion "DFA - Die Fußball-Amateure" gestartet, um Amateur-Vereine miteinander zu vernetzen. Das ist aber leider unheimlich zäh. Viele sind zu träge. Oder als Ehrenamtler zu belastet, um weiter initiativ zu werden.

Provokant gefragt - wurden Sie beim DFB Ihrer Meinung nach ignoriert, weil Sie eine Frau sind? Oder weil Sie nicht zum inneren Zirkel des Verbandes gehörten?

Groth: In erster Linie sicher, weil ich nicht zum inneren Zirkel gehört habe. Dass ich eine Frau bin, kam noch dazu.

Käme man in diesen Zirkel als Frau aktuell überhaupt rein?

Groth: Ich glaube nicht. Herr Keller hat vor seiner Wahl eine sehr launige Rede gehalten und erzählt, dass sie am Vorabend in einer "dritten Halbzeit" bei ein paar Glas Wein zusammengesessen und einige Dinge besprochen hätten. Da habe ich mir richtig vorgestellt, wie die Herren beim Wein oder Cognac und mit einer Zigarre irgendwo im Hinterzimmer sitzen. Da würde tatsächlich keine Frau reinpassen. Aber diese Männer-Clubs gibt es ja immer noch überall.

Wie beurteilen Sie nach etwas mehr als einem halben Jahr die Arbeit von Fritz Keller?

Groth: Ich habe ihn ehrlich gesagt noch nicht wirklich gesehen. Gerade in der aktuellen Phase, in der alle wissen wollen, wie es weitergeht, hält er sich sehr bedeckt. Da hätte man viel deutlicher Stellung beziehen müssen. Das Einzige, was ich von ihm gehört habe, war, dass der Fußball wieder rollen muss. Das ist mir zu wenig. Seit Wochen warten alle, alle sind nervös, aber es passiert nichts. Da muss man auch mal klare Kante zeigen.

Der Versuch, eine einheitliche Regelung über den Umgang mit möglichen Saison-Abbrüchen oder Auf- und Abstiegsregeln zu finden, gestaltet sich zäh. Finden Sie es richtig, dass die 21 Landesverbände - vor allem aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen - nun selbst entscheiden? Oder hätte der DFB sich da an die Spitze setzen müssen?

Groth: Natürlich gibt es unterschiedliche Voraussetzungen. In der Politik entscheiden ja auch die Länder. Aber Sportler sind grundsätzlich erstmal alle gleich. Und von daher sollte man in dieser Ausnahme-Situation auch dafür sorgen, dass alle gleichbehandelt werden.

Wenn Sie Ihre Bewerbung bewerten - würden Sie es wieder tun?

Groth: Ja, würde ich. Obwohl ich leider feststellen musste, dass es mit der Gleichberechtigung noch nicht weit her ist. Ich arbeite in der Bauwirtschaft, das ist eigentlich auch ein klassischer Männer-Beruf. Dort habe ich diese Probleme nie erkannt. Aber im Sport ist es offenbar noch anders.

Erwägen Sie sogar eine erneute Kandidatur?

Groth: Im Moment noch nicht. Aber ausschließen würde ich es auch nicht. Aber wenn ich es tun wollte, müsste ich jetzt schon alles vorbereiten. Da müsste auch von anderen mehr kommen. Ich glaube aber, da sind nicht mehr viele. Oder wieder nicht viele. Da müsste eine andere Gemeinschaft unter den Amateuren entstehen.

Aber Sie haben trotz frustrierender Erkenntnisse Ihren Frieden mit allem geschlossen?

Groth: Absolut. Verbittert bin ich gar nicht. Ich habe in dem knappen Dreivierteljahr unglaublich viele nette Menschen getroffen. Ich habe viele Gespräche geführt, die mich als Mensch und uns als Sportverein weiterbringen. Es war sehr anstrengend, aber auch sehr produktiv und lehrreich. Von daher ist alles gut.

ZUR PERSON: Ute Groth (61) ist 1. Vorsitzende der DJK TuSA 06 Düsseldorf, einem Breitensportverein mit 1500 Mitgliedern. Über ihre beiden Kinder kam die Bauplanerin, die Krankenhäuser und Altenheime plant, mit dem Fußball in Kontakt. Aus Ärger über die DFB-Führung kandidierte sie 2019 als DFB-Präsidentin, wurde aber nicht zur Wahl zugelassen.

Vorstand TuSA 06 Düsseldorf