Gesprächsrunde Auf ein Wort mit Wolfgang Böhmer
„Auf ein Wort“. So heißt das Buch, das Ex-Regierungschef Wolfgang Böhmer zu seinem 80. Geburtstag herausgebracht hat.
Hohenerxleben l Wolfgang Böhmer ist kein Mann, der überflüssige Worte verliert. Das weiß man. Keinen Zweifel lässt der langjährige Ministerpräsident auch daran, dass ihm Wunschdenken und Illusionen, ob in der Politik oder anderswo, ein Gräuel sind. Umso erstaunlicher also, dass der CDU-Politiker am Pfingstmontag im Schloss Hohenerxleben Einblicke gewährt in das, was sein Herz bewegt. „Auf ein Wort“ hat sich der Professor und langjährige Chefarzt mit seiner ehemaligen Regierungssprecherin Monika Zimmermann und Heinrich-Dieter Funke von der Schloss Hohenerxleben Stiftung getroffen. So lautet auch der Titel des Buches, das zu seinem 80. Geburtstag herausgekommen ist.
Doch geht es Böhmer nicht um Böhmer, auch wenn er seinen Führungsanspruch als Landeschef nie geleugnet hat. Es ist – noch immer – das Land, das er von 2002 bis 2011 als Regierungschef geführt hat, dem er sich verbunden fühlt. Dass das keine leichte Liebe ist, ist klar. Denn Sachsen-Anhalt tut sich nach wie vor schwer: mit sich selbst und nicht zuletzt damit, wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. Die Diagnose ist nicht neu. Dass Böhmer immer noch auf die Verbindung aus Wissenschaft und Wirtschaft als Heilmittel setzt, mag nicht überraschen. Wie vehement er jedoch an das Potenzial des Landes glaubt, schon.
Böhmer spricht ganz ohne Pathos, leise, mit großer Ernsthaftigkeit. Ob und welche Vision er bei seiner Regierungsübernahme gehabt habe? Und was für ihn selbst das Wichtigste sei, was er erreicht habe, fragt Funke. Ihm sei es vor allem um mehr Selbstbewusstsein für das Land gegangen, ist die Antwort: „Raus aus der Jammerecke“, weg von dem Gefühl, man sei von den Zuwendungen anderer abhängig, hin zu mehr Zutrauen zu sich selbst und der eigenen Aufbaukraft. Die zusammengewürfelten Identitäten quer durchs Land sieht Böhmer dabei keinesfalls als Hindernis. „Die haben andere Bindestrichländer auch.“ Es gehe darum, „das Gefühl zu stärken, dass wir gemeinsam etwas schaffen können, dass uns etwas verbindet.“ „Auch wenn wir nicht die Größten, Reichsten, Schönsten sind“ und wenn es nachweislich schwerer sei als für den Westen nach 1945. Worin sieht Böhmer dabei die Aufgabe der Kultur? „Sie kann die Menschen ermutigen“, kommt die Antwort, wenn sie sich selbst ernst nehme. „Sie haben hier auch einfach angefangen, etwas zu tun und es nicht von anderen abhängig gemacht“, fügt Böhmer mit Blick auf die Schloss Stiftung hinzu.
Kurzweilig ist das Gespräch, in das auch Monika Zimmermann ihren Ex-Chef versiert verwickelt. Fast nebenbei werden Grundlagen erfolgreicher Politik deutlich: wechselseitiger Respekt, Witz, ein Arbeitsethos, das sich daran orientiert, „das Machbare zunächst auszuloten und dann auch zu tun“, so Böhmer. Ihr ehemaliger Chef habe den Menschen zugehört, ohne falsche Versprechungen zu machen und dann die Sachverhalte prüfen lassen, sagt Zimmermann. Das habe sie beeindruckt.
Das Bemühen um Aufrichtigkeit in einem Politik- und Medienbetrieb, der heute verstärkt um seine Glaubwürdigkeit ringt, nimmt man beiden Akteuren ab. Man müsse mit denjenigen sprechen, die heute ihre Unzufriedenheit mit der Politik in die Straße rufen, plädiert Böhmer mit Blick auf Pegida und ihre Ableger. „Dafür darf man sich als Politiker nicht zu fein sein.“
Um eine Verbundenheit mit sich und seinem Land geht es auch in den Liedern, die die Frauen des Hohenerxlebener Singekreises beisteuern. Ein neues Heimatverständnis gewinnt vorsichtig Kontur: eines, das sich weder verstecken muss, noch großes Getöse oder falsche Klänge nötig hat. Mit einem Ständchen und einem Blumenstrauß für Böhmers Herzensdame, seine zweite Frau Brigitte Klein, hatte das Gespräch begonnen.