Dem Hüftgold den Garaus machen - Fettabsaugen nichts für jeden
Bergisch Gladbach - Sport bis zum Umfallen, nichts Süßes, kein Alkohol: Manchmal hilft nichts, um das Hüftgold in den Griff zu bekommen. Schönheitschirurgen raten dann zur Fettabsaugung. Das Versprechen: schönere Konturen und mehr Zufriedenheit.
Es gibt Menschen, die können so viel Sport treiben und so sehr auf ihre Ernährung achten, wie sie wollen. Manche Fettpölsterchen kriegen sie einfach nicht weg: die als "Reiterhosen" bekannten Ausbuchtungen an den Oberschenkeln etwa oder solche an den Flanken. Wer sehr eitel ist, leidet womöglich extrem darunter. Fettabsaugen ist dann möglich.
"Die Fettabsaugung ist nichts für Übergewichtige, sie dient nicht der Gewichtsreduzierung", stellt der Facharzt Lutz Kleinschmidt aus Bergisch Gladbach von der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch Plastische Chirurgie (DGÄPC) klar. Erst wenn Abnehmen und Bewegung nichts mehr bringen, sei an eine sogenannte Liposuktion zu denken. Der Body-Mass-Index müsse zwischen 19 und 25 liegen. Ganz dicke Interessenten schicke er daher wieder weg.
"Eine Fettabsaugung ist immer integraler Bestandteil bei einer Oberarm-, Oberschenkel- oder Bauchdeckenstraffung", ergänzt Prof. Günter Germann von der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC). Solche Straffungen kommen etwa nach starkem Abnehmen infrage.
Bei einer Liposuktion gelten laut Germann zwei Prinzipien: Zum einen werde über eine Kanüle Fett abgesaugt. Zum anderen schaffe der Chirurg damit eine große Wunde im Körper - mit dem Ziel, dass diese sich im Laufe der Heilung zusammenzieht, und die Haut sich strafft. Das klappe allerdings nicht immer. Bleibe die Haut schlaff, muss sie operativ gestrafft werden. Es gibt nur einige wenige Fälle, in denen eine Liposuktion kein rein ästhetischer Eingriff ist - etwa wenn nach einer Gewebetransplantation zu viel Volumen vorhanden ist.
Auch beim Lipödem, einer krankhaften Gefäßveränderung mit Wasseransammlung im Fettgewebe kann eine Liposuktion medizinisch sinnvoll sein. Wenn dem Patienten X-Beine drohen, könne man in Kniehöhe absaugen, um Beschwerden des Knochenbaus vorzubeugen, erläutert Prof. Etelka Földi von der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie. "Allerdings ersetzt die Liposuktion beim Lipödem nicht die konservative Therapie aus Sport, Kompressionsstrümpfen und Lymphdrainage", sagt die Gefäßexpertin.
Wie jede Operation birgt auch das Fettabsaugen Risiken. Das größte ist laut Germann, dass sich Dellen bilden. Sehr selten seien Fettembolien und Entzündungen. "Als normale Komplikationen gelten Schwellungen und Blutergüsse. Das betrifft eigentlich alle Patienten", ergänzt Kleinschmidt. Ebenfalls möglich sei ein asymmetrisches Ergebnis. Der Facharzt vergleiche daher die Millilitermenge Fett, die er etwa an beiden Oberschenkeln absaugt. Dennoch seien manchmal Feinkorrekturen nach drei Monaten nötig.
Unterschätzen darf man die Gefahren trotz solcher Aussagen nicht. Eine Umfrage im Rahmen einer Dissertation an der Universität Bochum aus dem Jahr 2010 ergab, dass es zwischen 1998 und 2002 bei 2275 Liposuktionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu 75 ernsthaften Komplikationen ereigneten. 23 davon endeten tödlich.
Die meisten Komplikationen entwickelten sich innerhalb der ersten 24 Stunden, Nachkontrollen sollte es aber oft erst 14 Tage nach der OP geben. Die Autorin rät daher unter anderem, dass der Arzt seinen Patienten routinemäßig innerhalb eines Tages erneut untersucht. Zudem sollte die Liposuktion nicht gleichzeitig mit anderen Eingriffen erfolgen und nicht mehr als vier Liter abgesaugt werden.
Nach dem Eingriff müssen Patienten ein Kompressionsmieder tragen und sich je nach Umfang der OP zwei Tage bis zwei Wochen schonen. Sport ist in den ersten ein bis zwei Wochen tabu. Die Kosten und die Dauer der OP hängen vom Aufwand ab. Kleinschmidt veranschlagt für eine drei- bis vierstündige Behandlung von Reiterhosen 4000 bis 6000 Euro. Einen ähnlichen Preis nennt auch Germann. Die Krankenkassen übernehmen auch beim Lipödem die Kosten für das Fettabsaugen nicht.
So funktioniert FettabsaugenBeim Fettabsaugen kommen in der Regel Verfahren zum Einsatz, die sich "wet" (von englisch: nass) oder "superwet" nennen. Klassisch sei die Tumeszenztechnik (TLA), erklärt Lutz Kleinschmidt von der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch Plastische Chirurgie (DGÄPC). Das Gewebe wird vor dem Absaugen mit einer Flüssigkeit aufgeschwemmt. Es ist ein Gemisch aus einem örtlichen Betäubungsmittel, Adrenalin zur Blutgerinnungshemmung und einem Stoff, der den pH-Wert im Fettgewebe so verändert, dass sich das Fett besser löst. Über fünf bis acht Millimeter kleine Hautschnitte saugt der Chirurg nach der Einwirkzeit mit einer Kanüle das gelöste Fett ab.
Kleinschmidt arbeitet mit einer Weiterentwicklung: der wasserstrahlassistierten Fettabsaugung (WAL). "Die Belastung für den Patienten ist dabei geringer", sagt der Facharzt. Es werden über den einen Kanal der Kanüle mit relativ hohem Druck ein hauchdünner Wasserstrahl und ein Betäubungsmittel ins Gewebe eingebracht. Gleichzeitig wird über den anderen Kanal das Fett mit der zuvor gespritzten Flüssigkeit abtransportiert.
Nach Angaben der DGÄPC werden hier weniger Medikamente benötigt und der Körper nicht so stark wie bei der TLA aufgeschwemmt. Dadurch lasse sich das Ergebnis besser vorhersehen, und durch die geringere Einwirkzeit verkürze sich die OP-Dauer.
Nur noch ganz selten wird laut Kleinschmidt die Ultraschalltechnik verwendet. Dabei sendet die Spitze der Saugkanüle Ultraschallwellen aus, um Fettzellen gezielt zu zerstören. Es bestehe die Gefahr, dass Gewebe dadurch verbrennt.