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Feldenkrais soll neue Bewegungsspielräume eröffnen

29.08.2012, 09:28

Hamburg - Wie bewegst du dich? Welche Körperteile setzt du dabei ein? Und geht es auch anders? Wer sich auf die alternative Therapiemethode Feldenkrais einlässt, kann zu der Erkenntnis kommen: Ja, ich kann mich anders bewegen - und mein Leben damit verändern.

Bewegung ist Gewohnheit. Und die kann einen Menschen unter Umständen hemmen. Etwa wenn er chronische Schmerzen hat und deshalb bestimmte Bewegungsabläufe meidet, weil er fürchtet, dadurch nur noch mehr Beschwerden zu bekommen. Die Methode Feldenkrais bietet Abhilfe in solchen Fällen.

"Es geht darum, neue Möglichkeiten für sich entdecken und sein Potenzial auszuschöpfen", sagt Corinna Eikmeier, Vorsitzende des Feldenkrais-Verbands Deutschland (FVD). Sie nennt ein Beispiel: "Ein Patient von mir hatte einen Bandscheibenvorfall, der aber eigentlich ausgeheilt war. Er hielt die Muskeln um das Becken bei seinen Bewegungen fest, aus Angst vor Schmerzen." Das wäre gar nicht mehr nötig gewesen. "In einer Einzelstunde haben wir genau erkundet, welche Bewegungen eigentlich gehen und ihm gut tun", sagt Eikmeier.

Für das Verfahren gibt es Einzel- oder Gruppentermine. "Was dabei jeweils passiert, ist sehr unterschiedlich", sagt Jutta Jacobi, die Feldenkrais in Hamburg anbietet. Bei den Gruppentermine liegen oder sitzen die Teilnehmer auf dem Boden, während der Practitioner, wie der FVD seine Mitglieder nennt, Anweisungen für Bewegungsabfolgen gibt. "Viele sind sehr ungewöhnlich, wundern Sie sich nicht, wenn Ihr Feldenkrais-Lehrer Sie auffordert, die Zehen zu falten."

So bekämen die Teilnehmer Einsicht in bestimmte funktionale Zusammenhänge. "Je langsamer und unangestrengter die Bewegungen ausgeführt werden, desto effektiver." Dazu werden Fragen gestellt: Wie mache ich das? Welche Körperregionen sind an der Bewegung beteiligt? Wo strenge ich mich unnötigerweise an? Verbale Antworten erwarten die Trainer nicht, jeder könne sie für sich selbst finden.

Bei Einzelterminen wird der Klient vom Practitioner bewegt. Ziel ist, neue Bewegungsspielräume zu eröffnen. "Entspannung ist nicht das primäre Ziel, aber sie stellt sich oft ein und wird von den Klienten sehr begrüßt", sagt Jacobi.

"Was mich interessiert, sind nicht bewegliche Körper, sondern bewegliche Gehirne", lautete eines der Prinzipien von Moshé Feldenkrais (1904-1984). Nach dem Zweiten Weltkrieg begründete er die nach ihm benannte Methode, mit der Menschen ihre Bewegungsmuster ergründen und verändern können. Er ging davon aus, dass das Gehirn des Menschen sich durch Lernen verändern kann und die Motorik dabei eine große Rolle spielt.

"Feldenkrais ist ein ergänzendes Verfahren, basierend auf einer bewussten Bewegungs- und Haltungswahrnehmung, das im Umfeld von Entspannungstherapie - Psychotherapie und Physiotherapie - angeboten wird", sagt Prof. Michael Berliner von der Deutschen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation. Das Verfahren komme etwa bei chronischen Schmerzpatienten oder Menschen mit psychosomatischen Beschwerden als zusätzliche Behandlungsmöglichkeit zum Einsatz.

"Es sollte nicht als Monotherapie angeboten werden, aber es ist im Rahmen von Kombinationstherapien bei diesen Patienten sinnvoll", sagt er. Im strengen Sinne der evidenzbasierten Medizin müsse man jedoch sagen, dass es keine kontrollierten Studien gebe.

Die Krankenkassen erstatten laut FVD nur in Ausnahmefällen die Kosten für die Behandlungen, teils auch im Rahmen von Präventionsprogrammen. Übliche privat abzurechnende Sätze für Feldenkrais-Gruppenunterricht sind 10 bis 15 Euro je Stunde, für Einzelstunden etwa 50 bis 80 Euro.