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Leichtathletik Sprint-Nachwuchs aus Magdeburg startet in die Saison

In Pliezhausen und Dresden ist der Magdeburger Sprint-Nachwuchs in die Freiluft-Saison gestartet. Dabei standen aber weder Platzierungen noch Zeiten im Fokus. Viel mehr war es eine erste vorsichtige Standortbestimmung.

Von Kevin Gehring 12.05.2021, 11:05

Magdeburg

Was genau die langen Monate der Winter-Vorbereitung wert sind, erfahren Leichtathleten bekanntlich erst, wenn Wettkämpfe ins Haus stehen, wenn Duelle mit der nationalen und internationalen Konkurrenz warten. Für die Zeit während der Corona-Pandemie gilt dies vielleicht umso mehr. Schlichtweg, weil die Möglichkeiten für Wettbewerbe stark reduziert sind, weil eben die überregionalen Vergleiche im zurückliegenden Jahr viel seltener möglich waren als üblich.

Umso wichtiger war das zurückliegende Wochenende für die Sprinterinnen und Sprinter des SC Magdeburg, die sich auf die Reise zu den ersten Wettkämpfen unter freiem Himmel gemacht haben. Eine kleinere Absendung der Trainingsgruppe zum 30. Internationalen Läufermeeting ins baden-württembergische Pliezhausen, eine größere zum Jugendmeeting des Dresdner SC. „Im Vordergrund standen am Wochenende nicht die individuellen Ergebnisse“, gab SCM-Trainer Marco Kleinsteuber seine Analyse schon vorweg.

Vielmehr ging es darum, überhaupt wieder ein Gefühl für den Wettbewerb zu bekommen, erklärte er. „Für uns war es die erste Standortbestimmung nach langem Training. Da geht es nicht konkret um Platzierungen oder Zeiten“, verdeutlichte Kleinsteuber. Insbesondere, nachdem seine Trainingsgruppe zuvor noch in einem intensiven, zehntägigen Trainingslager in Kienbaum gewesen ist.

Und doch gab es herausragende individuelle Leistungen. So wie von Lara-Noelle Steinbrecher, die in Pliezhausen die Frauen-Konkurrenz aufmischte. „Sie zeigte eine ganz besondere Leistung“, lobte Kleinsteuber. „Sie zeigte, dass sie bereits ein sehr hohes Leistungslevel hat und schon auf dem Niveau ist, auf das wir alle bringen wollen.“

So lief Steinbrecher bei den „krummen Distanzen“ von Pliezhausen bei den Erwachsenen sogar aufs Podium. Über die 300?Meter, die es ebenso wie alle am Wochenende angebotenen Distanzen normalerweise nicht im Wettkampf gibt, musste sie nur die Top-Athletinnen Laura Müller (Saarbrücken) und Malaika Mihambo (Kurpfalz) ziehen lassen. „Als 17-Jährige in diesen Sphären mitzumischen, ist ein großes Ausrufezeichen“, freute sich ihr Trainer. Noch dazu siegte Steinbrecher mit großem Vorsprung bei der U-20-Konkurrenz über 300 Meter Hürden, belegte zudem im Frauen-Sprint über 150 Meter den sechsten Rang.

Wir werden den Fokus erst in den kommenden Wochen immer mehr auf Plätze und Zeiten lenken.

Marco Kleinsteuber

Auch parallel in Dresden war es ausgerechnet eine der jungen SCM-Sprinterinnen, die besonders herausstach. Nämlich Chelsea Kadiri, die bei den U-18-Juniorinnen über 100 Meter siegte und in selber Distanz über die Hürden als Drittplatzierte ins Finale lief. In diesem holte sich dann allerdings Teamgefährtin Christina Onwu Akomas haarscharf den Sieg, wurde Kadiri zum Ende eines anstrengenden Tages Achte.

Doch auf die finalen Platzierungen warf Kleinsteuber, der beim Wettkampf in Dresden von seinem Trainerkollegen Matthias Lindner in führender Position vertreten wurde, jedoch ohnehin nur einen kurzen Blick. „Wir werden den Fokus erst in den kommenden Wochen immer mehr auf Plätze und Zeiten lenken“, erklärte er. Dieses Wochenende sah er viel mehr als Möglichkeit, die Wettkampf-Performance zu trainieren. Denn genau dies konnten seine Sprinterinnen und Sprinter in den vergangenen Monaten nur sehr selten.

Dieses Problem kennt auch Lea-Jasmin Riecke vom Mitteldeutschen SC nur zu gut. Die Weitsprung-Spezialistin ergriff deshalb in Dresden die Chance, in der Sprint-Konkurrenz der Damen an den Start zu gehen. Zwar wurde Riecke Zweite über die 100 Meter und siegte über die doppelte Distanz..

Sie ist eine Sportlerin, die viele Wettkämpfe braucht, um Bestleistun- gen abrufen zu können.

Hans-Ulrich Riecke über Tochter Lea-Jasmin

Dennoch resümierte ihr Coach und Vater Hans-Ulrich trocken: „Die Leistung war für den Sprint-Einstieg ganz ordentlich, mehr aber auch nicht.“ Zu groß waren die Abstände zu den persönlichen Bestzeiten. Um diese geht es dem Tochter-Vater-Duo in der aktuellen Phase aber auch gar nicht. „Das Event in Dresden war wichtig, um mal wieder die Sprintdistanzen zu laufen“, erklärte der Coach. „Wichtig ist deshalb nicht das Ergebnis, sondern dass sie wieder das Gefühl bekommt, Sprinterinnen zu jagen.“ Dies tat Lea Jasmin, so dass die Reise elbaufwärts als Erfolg verbucht werden konnte. Und was vielleicht noch wichtiger war: Es war endlich mal wieder ein Wettkampf.

Diese derzeit zu organisieren, ist für die Rieckes nämlich alles andere als einfach. „Es ist schwer, überhaupt welche zu finden“, berichtete Vater Hans-Ulrich. Was sich für seine Tochter prinzipiell als ungünstig erweist: „Sie ist eine Sportlerin, die viele Wettkämpfe braucht, um Bestleistungen abrufen zu können.“

Im Jahr 2018 beispielsweise, als die heute 21-Jährige bei der U-20-WM im Weitsprung Gold errang, waren es circa 25 Wettkämpfe als Vorlauf. Von solchen Zahlen können die Rieckes derzeit nur träumen. Darum wird aktuell jede Chance ergriffen – so gleich noch in dieser Woche doppelt. Dafür kehrt Lea-Jasmin Riecke dem Sprint vorerst wieder den Rücken zu, startet ebenso wie MSC-Kollege Tim Becker erst morgen in Bremen und tags darauf im über 400 Kilometer entfernten Chemnitz jeweils im Weitsprung. Die weite Strecke nehmen die Rieckes dafür gerne auf sich. Wettkämpfe und Vergleiche sind in Zeiten der Pandemie schließlich ein hohes Gut.