Telefonforum Wohneigentum Wohneigentum verpflichtet
Eine Eigentumswohnung eröffnet viele Vorteile. Doch man ist Teil einer Gemeinschaft, was Probleme mit sich bringen kann. Unsere Experten informieren darüber beim Telefonforum.

Magdeburg - Als Wohnungseigentümer lebt man meist Wand an Wand mit Nachbarn und ist Teil einer Gemeinschaft. Nicht selten treffen dabei gegensätzliche Interessen und Meinungen aufeinander. Auch Differenzen mit dem Verwalter sind nicht selten. Da ist es gut und wichtig, wenn man seine Rechte und Pflichten kennt.
Beim gestrigen Telefonforum der Volksstimme beantworteten Lothar Blaschke vom Verein Deutscher Wohneigentümer (VDWE) und die Magdeburger Rechtsanwältin Marion Hannebohm die Fragen unserer Leser.
Ich habe mein Haus verkauft und für das Geld eine Eigentumswohnung erworben. Deren Lage ist optimal. Nur der schon seit Jahren dort tätige Verwalter scheint mir nicht auf der Höhe. Welche Qualifizierung muss man eigentlich für eine solche Tätigkeit haben, und muss er den Nachweis darüber den Wohnungseigentümern vorlegen?
Mit der WEG-Reform 2020 hat der Gesetzgeber den Wohnungseigentümern in dieser Hinsicht jetzt wesentlich mehr Rechte zugesprochen. So wurde eingeführt, dass diese nunmehr die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen können. Ursprünglich sollte das bereits ab dem 1. Dezember 2022 gelten. Die Übergangsfrist wurde um ein Jahr auf den 1. Dezember 2023 verlängert, läuft also jetzt aus. Ein zertifizierter Verwalter ist jemand, der vor einer Industrie- und Handelskammer (IHK) durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Wer an der fachlichen Kompetenz seiner Verwaltung Zweifel hat, kann sich das Zertifikat vorlegen lassen. Das gilt allerdings nicht für Mieter einer Eigentumswohnung. Und es gibt noch eine Ausnahmeregelung: War der Verwalter bereits zum 1. Dezember 2020 von der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt, gilt er in dieser Gemeinschaft noch bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter.
Unser Verwalter hat erklärt, dass er während des Studiums bereits die notwendige Qualifikation erworben hat und kein Zertifikat der IHK benötigt. Kann das sein?
Bestimmte Berufsgruppen wie zum Beispiel Juristen oder Immobilienfachwirte müssen sich aufgrund ihrer bereits vorhandenen Qualifikation keiner solcher Prüfung unterziehen und können sich auch so als zertifizierter Verwalter bezeichnen.
Wir sind mit unserem Verwalter sehr zufrieden. Müssen wir jetzt verpflichtend darauf bestehen, dass er ein Zertifikat vorlegt?
Eine solche allgemeine Pflicht besteht nicht. Die Bestellung eines zertifizierten Verwalters steht im Ermessen der Eigentümergemeinschaft. Die muss sich bei einem Verzicht dann aber auch einig sein. Denn laut Wohnungseigentumsgesetz gehört die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zur ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Grundsätzlich hat somit jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf die Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Dies kann dazu führen, dass einzelne Wohnungseigentümer der Gemeinschaft den Beschluss über die Bestellung eines Verwalters, der nicht zertifiziert ist, anfechten können. Das muss dann innerhalb eines Monats nach dem Beschluss passieren.
Wir sind nur eine kleine Gemeinschaft von fünf Wohnungseigentümern. Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erledigen wir in Eigenregie. Ergibt sich für uns nun Änderungsbedarf?
Die Zertifizierungsregelung gilt nicht, wenn weniger als neun Sondereigentumsrechte bestehen und weniger als ein Drittel der Wohnungseigentümer die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangt.Welche Verwaltungsunterlagen darf ich als Wohnungseigentümer einsehen?
Im Grunde dürfen Sie alle Unterlagen einsehen. Davon umfasst sind Unterlagen über Verträge mit Dritten, Kontoauszüge, Hausgeldrückstände, Vollmachten in der Eigentümerversammlung und Ähnliches. Es besteht auch der Anspruch auf Mitteilung aller aktuellen Miteigentümer. Ein Ausschluss ist nur gegeben, wenn die Einsichtnahme rechtsmissbräuchlich ist oder dem Schikaneverbot widerspricht.
Muss mir der Verwalter Kopien der angeforderten Verwaltungsunterlagen zur Verfügung stellen?
Es besteht kein Recht, Kopien übersandt zu bekommen. Vielmehr hat die Einsicht am Sitz der WEG-Verwaltung oder in den Räumen eines seiner Bevollmächtigten zu erfolgen. Hat der Verwalter seinen Sitz in einem anderen Ort, besteht nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ein Einsichtsrecht am Ort der verwalteten Immobilie. Das heißt, für die Einsichtnahme muss ein Ort angeboten werden, der sich zumindest in der gleichen Stadt wie die Immobilie befindet.
Die obligatorische Gebäudeversicherung soll für uns Wohnungseigentümer schon wieder teurer werden. Müssen wir das hinnehmen?
In der Wohngebäudeversicherung wird üblicherweise der Betrag versichert, der aufzuwenden ist, um ein neues Haus nach den heute geltenden Vorschriften wiederherzustellen. Bei den rasant steigenden Baupreisen und bautechnischen Vorschriften vervielfacht sich für den Neubau der Preis um ein Mehrfaches, und damit natürlich auch die anzupassende Versicherungsprämie. Die Anhebung der Versicherungsprämie ist derzeit mangels Alternativen kaum verhandelbar, obwohl prinzipiell bei einer Beitragsanpassung über den inflationsbedingten 14,74 Prozent dem Versicherungsnehmer ein Kündigungsrecht zusteht. Der Grundversicherungsschutz ist bei allen Versicherern ähnlich, aber nicht gleich. Größere Unterschiede bestehen in den besonderen Bedingungen und Klauseln vor allem, was die versicherten Gefahrenlagen angeht. Es ist also wichtig, sich die Versicherungsunterlagen genau anzuschauen.
Muss der Verwalter den Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages von der Wohneigentümergemeinschaft beschließen lassen. Wie sehen Sie das?
Die herrschende Rechtsmeinung sieht keine untergeordnete Bedeutung bei einem neuen Vertragsabschluss und rät der Verwaltung dringend zu einer Beschlussfassung. Bei einer Vierwochenfrist hat die Verwaltung bei größeren Wohnungseigentümergemeinschaften aber kaum die Möglichkeit einer Beschlussfassung, das ist praxisfremd. Selbst bei Verkürzung der Einladungsfrist von drei Wochen wegen besonderer Dringlichkeit § 24 (4) WEG neu, müssen im Minimum drei Vergleichsangebote eingeholt werden. Von den Konditionen sind die Angebote leicht vergleichbar. Die Verwaltung geht ein hohes Haftungsrisiko ein, wenn sie, insbesondere langfristige, Verträge ohne Beschluss im Namen der Eigentümergemeinschaft abschließt.
Worauf sollte man beim Abschluss einer neuen Wohngebäudeversicherung besonders achten?Ganz wichtig ist eine sogenannte Besitzstandsgarantie, die vor ungewollten Vertragsanpassungen zulasten des Versicherungsnehmers schützt. Darüber hinaus sollte man vor allem vergleichen, welche Gefahrenlagen konkret versichert werden.

