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Salzwedeler Baumkuchen Mit Video: Kuchen aus der Altmark - Viraler Hit, Königsliebling und begehrt in Japan?

Plötzlich ein Hit: Der Salzwedeler Baumkuchen gehört zu den Meisterwerken der deutschen Konditorenzunft. Das haben jetzt auch weltweit die Internet-Aktivisten entdeckt.

Von Anna Lena Giesert Aktualisiert: 18.12.2023, 17:37
Der Salzwedeler Baumkuchen wird am offenen Feuer auf einer langsam drehenden Walze gebacken.
Der Salzwedeler Baumkuchen wird am offenen Feuer auf einer langsam drehenden Walze gebacken. Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Salzwedel/DUR. Gerwald Wullschläger packt selbst mit an, wenn es an das Verladen seiner Baumkuchen geht. „Viele Menschen denken, den Baumkuchen gibt es, ähnlich wie Dresdner Stollen, nur zur Weihnachtszeit“, sagt der Geschäftsführer der traditionsreichen Baumkuchenmanufaktur Kruse mit Blick auf die Kisten und Kartons voller Baumkuchen in seiner Bäckerei. Doch gebacken wird das ganze Jahr. Kurz vor Weihnachten wird im Baumkuchengeschäft in Salzwedel (Altmarkkreis) am meisten verkauft.

 2023 war ein schlagzeilenreiches Jahr für den Baumkuchen: Vor wenigen Monaten gab es einen Internet-Hype um die Delikatesse. Auf der Social-Media-Plattform TikTok gingen mehrere Videos über den Salzwedeler Baumkuchen viral.

 
(In der gläsernen Baumkuchenmanufaktur können Besucher beim Herstellungsprozess zusehen. Bericht: Anna Lena Giesert)

Anlass war ein geschickter Marketing-Coup der Salzwedeler Baumkuchenbetriebe Bosse GmbH. Eine Mitarbeiterin stieß bei TikTok auf eine Influencerin, die gerne Baumkuchen isst und schickte ihr kurzerhand einen aus Salzwedel zu. Seit diese das Gebäck in einem Video probierte, ist der Salzwedeler Baumkuchen ein Internet-Hit und der Onlineshop der Baumkuchenbetriebe Bosse ausverkauft – bis weit nach Weihnachten. Der Hype ist auch bei der Konkurrenz angekommen. „In diesem Jahr sind bei uns mehr Online-Bestellungen als normalerweise eingegangen“, erinnert sich auch Gerwald Wullschläger.

Salzwedeler Baumkuchen: Am offenen Feuer

Dass der Salzwedeler Baumkuchen kein Gebäck für alle Tage ist, zeigt auch sein Preis: Pro Kilo müssen mittlerweile rund 45 Euro gezahlt werden. Damit gehört der Salzwedeler Baumkuchen ganz klar zu den Delikatessen.

Dabei sind die Zutaten absolut gewöhnlich. Für die Herstellung werden hauptsächlich Butter, Zucker, Mehl und Eier verwendet. Dank einer Menge Eischnee im Teig wird dieser besonders luftig, was später zu einem fluffigen Ergebnis führt. Der Teig wird in Handarbeit schichtweise auf eine sich langsam drehende Walze aufgetragen und am offenen Feuer gebacken. So entstehen die wildwachsende Form des Kuchens und die innenliegenden Schichten, die an Jahresringe erinnern.

Den Herstellungsprozess kann man in Salzwedel zum Beispiel in Gerwald Wullschlägers gläsernen Baumkuchenmanufaktur betrachten. Vom Eiertrennen bis zum Verpacken können hier alle Herstellungsschritte nachvollzogen werden – geheim bleibt nur das Rezept.

Das geht laut Überlieferung auf die Wirtsfrau Luise Lentz und den Konditor Schernikow zurück. Wer den Baumkuchen zuerst so gebacken hat, wie wir ihn heute kennen, lässt sich schwer sagen. Das liegt auch daran, dass es aufgrund der Geheimhaltung von Rezeptur und Backtechnologie wenige Aufzeichnungen dazu gibt.

Der König war Fan vom Baumkuchen aus Salzwedel

Sicher ist aber, dass Schernikow 1865 zum Königlichen Hoflieferanten benannt wurde. Vorausgegangen waren mehrere Besuche des preußischen Königs in Salzwedel, bei denen Baumkuchen serviert wurde. Danach war der Kuchen aus Salzwedel auch in anderen Königshäusern bekannt und gefragt. Das Geschäft lief so gut, dass sich mehrere Unternehmen in Salzwedel auf das Baumkuchenbacken spezialisierten.

Während des Zweiten Weltkrieges kam die Produktion weitgehend zum Erliegen, danach wurden die Unternehmen enteignet. Die Handelsketten „Konsum“ und „HO“ produzierten nun den Salzwedeler Baumkuchen weiter, und zwar hauptsächlich für den Export ins westliche Ausland. Mittlerweile gibt es vier Bäckereien, die Salzwedeler Baumkuchen backen. Erst in diesem Jahr sorgte eine von ihnen, die Baumkuchen GmbH, wiederum überregional für Schlagzeilen.

Nachdem sie jahrelang vergeblich nach einem Nachfolger gesucht hatte, gab die damalige Geschäftsführerin im vergangenen Frühjahr bekannt, dass sie das Unternehmen aus Altersgründen verlassen und die Produktion einstellen werde. Quasi in letzter Sekunde übernahm ein Unternehmen aus Bremen den Backbetrieb und stellt dort seit August auch wieder Baumkuchen her.

Im Café Kruse neben der gläsernen Bäckerei sitzen zwei junge Frauen. Die Koreanerin Jiwoo und ihre japanische Freundin Minori machen gerade eine Deutschlandreise. Zuletzt waren sie in Frankfurt am Main und in Heidelberg, jetzt steht Salzwedel auf dem Programm – und zwar wegen des Baumkuchens.

Salzwedeler Baumkuchen auch begehrt in Japan

Der ist nämlich auch in Japan bekannt und das Lieblingsgebäck von Minori. Der Baumkuchen aus Japan sei fluffiger und in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich, sagt die Japanerin. Am Salzwedeler Baumkuchen gefalle ihr, dass er mit Zuckerguss oder Schokolade überzogen wird und auch optisch einem Baum ähnele.

Und das ist es eben, was den Baumkuchen aus Salzwedel von den anderen symmetrischen Mitbewerbern unterschiedet. Er wird noch immer mit den besten Zutaten und in aufwendiger Handarbeit hergestellt, was für Baumkuchenliebhaber den Preis wert ist.