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Kommunalwahlen 2024 Alles zum Wahlsystem in Sachsen-Anhalt

Am 9. Juni finden in Sachsen-Anhalt die Kommunalwahlen statt. Doch wie werden aus Wählerstimmen eigentlich Sitze? Und wer darf überhaupt wählen?

Von Julius Lukas Aktualisiert: 29.05.2024, 14:58
Am 9. Juni finden in Sachsen-Anhalt die Kommunalwahlen statt. Um die Kreuze an den richten Stellen zu setzen, sollte man wissen, wie die Wahlen eigentlich funktionieren.
Am 9. Juni finden in Sachsen-Anhalt die Kommunalwahlen statt. Um die Kreuze an den richten Stellen zu setzen, sollte man wissen, wie die Wahlen eigentlich funktionieren. Grafik: MRM/Büttner

Halle (Saale)/MZ - Das Wichtigste an der Wahl ist, auch wählen zu gehen. Über die Volksvertreter abzustimmen, ist eine grundlegende Pflicht der Bürger eines demokratischen Staates. Allerdings geht ihr der Großteil der Sachsen-Anhalter aus dem Weg.

An der Kommunalwahl 2009 beteiligten sich nur 38 Prozent. Fast zwei Drittel haben ihre Chance, aktiv die Politik mitzubestimmen, nicht genutzt. 1990 sind noch 73,8 Prozent zur Kommunalwahl gegangen. Die Wähler rennen davon, vielleicht auch, weil Politik mitunter unverständlich ist. Die folgenden Antworten sollen für Klarheit sorgen - zumindest was das Wahlsystem betrifft.

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Was wird gewählt?

Am 9. Juni finden in Sachsen-Anhalt die Kommunalwahlen statt. Dort werden die kommunalen Vertretungen in den Kommunen bestimmt. Das bedeutet, dass Gremien wie Stadt- und Gemeinderäte, Kreistage oder Ortschaftsräte neu besetzt werden. Aber auch Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Landrätinnen und Landräte werden teilweise bei der Kommunalwahl gewählt.

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Wer darf wählen gehen?

Wahlberechtigt sind in Sachsen-Anhalt alle Bürger, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, mindestens 16 Jahre alt sind und seit drei Monaten in der Gemeinde leben, in der gewählt wird. Seit 1992 können in Deutschland auch Bürger aus anderen EU-Ländern an Kommunalwahlen teilnehmen.

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Bei Wahlen werden aus Stimmen Sitze. Aber wie funktioniert das eigentlich? Diese Grafik soll es zeigen.
Bei Wahlen werden aus Stimmen Sitze. Aber wie funktioniert das eigentlich? Diese Grafik soll es zeigen.
Grafik: MRM/Büttner

Wer darf nicht wählen gehen?

Wahlberechtigt ist jeder, der Deutscher im Sinne des Artikel 116 des Grundgesetzes oder Staatsangehöriger der Europäischen Union ist und am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet hat. Des Weiteren muss man seit mindestens drei Monaten im Wahlgebiet (Landkreis, Gemeinde) wohnen, darf nicht aufgrund von zivil- oder strafgerichtlicher Entscheidung vom Wahlrecht ausgeschlossen sein und muss im Wählverzeichnis eingetragen sein oder einen Wahlschein besitzen.

Wie viele Stimmen können verteilt werden?

Das hängt davon ab, was gewählt wird. Bei der Wahl von Bürgermeistern und Landräten ist es nur eine Stimme. Bei den kommunalen Gremien sind es drei. In den Bundesländern ist das verschieden geregelt. In Baden-Württemberg hat man zum Beispiel so viele Stimmen, wie es Mitglieder im Gemeinderat gibt. Wenn der aus 56 Abgeordneten besteht, hat man auch so viele Stimmen.

Was bedeutet panaschieren und kumulieren?

Die drei Stimmen, die jedem Wähler bei der Kommunalwahl zur Verfügung stehen, kann er nach Belieben verteilen. Dabei gibt es zwei verschiedene Arten, wie das geschieht. Beim Kumulieren werden Stimmen bei einem Bewerber angehäuft. Panaschieren bedeutet hingegen zu mischen. Es ist also erlaubt, mehreren Bewerbern - auch über Parteigrenzen hinweg - Stimmen zu geben.

Wie sehen die Stimmzettel aus?

In der Wahlkabine wird es bunt. Bis zu sechs Wahlzettel sind möglich. In manchen Kommunen werden Landrat, Stadtrat, Kreistag, Ortschaftsrat, Bürgermeister und Europäisches Parlament gewählt. Damit keine Verwechslungen auftreten, haben alle Stimmzettel eine eigene Farbgebung.

Die Europawahl ist weiß, die Kreuze für Kreistage werden auf grünem und die für Gemeinderäte auf gelbem Papier gemacht. Verbandsgemeinderäte werden auf lavendelfarbenem und Ortschaftsräte auf rosafarbenem Grund gewählt. Der Stimmzettel für den Landrat sieht grau aus.

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Die Farben der Wahlbögen sind im Übrigen genau festgelegt. In der kommunalen Wahlordnung des Landes Sachsen-Anhalt gibt es einen eigenen Absatz dazu.

Wie heißt das Wahlsystem in Sachsen-Anhalt?

Bürgermeister und Landräte werden nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt. Das bedeutet, dass derjenige Kandidat gewinnt, der die meisten der abgegebenen Stimmen erhält. Allerdings muss er eine absolute Mehrheit erreichen, also über die Hälfte der Kreuze bekommen. Oft wird das nicht im ersten Wahlgang geschafft. Deswegen gibt es in solchen Fällen eine Stichwahl zwischen den zwei Kandidaten, die die meisten Stimmen im ersten Urnengang bekommen haben. 

Am 9. Juni wird auch das Europäische Parlament gewählt. Anders als bei der Kommunalwahl darf jeder nur ein Kreuz machen. Er kann es nur einer Parteiliste geben. Die Wahl eines bestimmten Kandidaten ist nicht möglich.

Die Abgeordneten im Europäischen Parlament haben eine Amtszeit von fünf Jahren. Derzeit sind 705 Vertreter im höchsten Gremium der EU. Deutschland hat davon derzeit 96 Stück.

Bei der Bestimmung der kommunalen Gremien ist ein zweiter Anlauf nicht notwendig. Die Abgeordneten von Stadt- und Gemeinderat sowie Kreistag werden per Verhältniswahl ernannt. Voraussetzung dafür sind Kandidatenlisten, die von Parteien angefertigt werden. Darauf stehen die Bewerber, die für die jeweilige Partei in das Gremium einziehen sollen. Auf kommunaler Ebene dürfen auch Wählergruppen, die sich für bestimmte Themen oder einen Ort einsetzen, solche Listen erstellen.

Bei den Bundes- oder Landtagswahlen sind die Listen starr. Das heißt, dass die entsprechende Partei eine Kandidatenreihenfolge festgelegt hat und der Wähler nur dieser Abfolge seine Stimme geben kann. Anders ist das bei den Kommunalwahlen. Dort gibt es freie Listen, womit es dem Wähler überlassen bleibt, welchem der aufgestellten Kandidaten er seine Stimme gibt. So kann es dazu kommen, dass der letzte Bewerber auf einer Liste in das Gremium einzieht, während es der erste nicht schafft.

Wie werden aus Stimmen Sitze im Gremium?

Dazu gibt es verschiedene Wege. In Sachsen-Anhalt wird eine über 200 Jahre alte, jedoch weit verbreitete Methode verwendet: das Hare/Niemeyer-Verfahren. Es geht auf den amerikanischen Politiker Alexander Hamilton zurück, der es erstmals 1790 vorschlug. Die Methode ausgearbeitet hat jedoch der englische Jurist Thomas Hare. Horst Niemeyer taucht in der Benennung auf, weil der deutsche Mathematiker das Verfahren 1970 für die Besetzung der Ausschüsse und Gremien des Deutschen Bundestages vorschlug.

Hare/Niemeyer basiert auf Quoten. Dazu muss eine Verhältniszahl errechnet werden. Diese setzt sich aus verschiedenen Werten zusammen. Wie das Verfahren genau funktioniert, wird in der großen Grafik auf dieser Seite Schritt für Schritt erklärt („Wie wird gewählt?“). Dort findet sich auch ein Berechnungsbeispiel.

Das Hare/Niemeyer-Verfahren ist ein vergleichsweise einfacher Weg, Stimmen in Sitze zu verwandeln. Es produziert allerdings auch Probleme, sogenannte Paradoxien. Wird zum Beispiel die Zahl der Sitze in einem Gremium erhöht (zum Beispiel im Bundestag durch Überhangmandate), kann es sein, dass Parteien Plätze verlieren - obwohl ja eigentlich mehr vorhanden sind.

Deswegen ist der Bundestag, der bis 2005 Hare/Niemeyer verwendete, von dieser Methode abgerückt und nutzt jetzt ein anderes Verfahren.