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WanderungAuf Frust folgt Lust bei Harzquerung

Die 40. Harzquerung in Wernigerode ist abgesagt. Dann die Wende: Ist sie nicht. Ein Neuer will das Erbe von Herbert Pohl antreten.

Von Regina Urbat 07.11.2018, 00:01

Wernigerode l Etwa 14 Tage hat er sich Zeit zum Nachdenken eingeräumt. Dann traf Ale­xander Brune eine „kühne Entscheidung“, wie er im Volksstimme-Gespräch sagt. Kühn deshalb, weil sich der Wernigeröder an die Organisation der Harzquerung wagt, um die reibungslose Fortsetzung einer Tradition zu retten, und er in dieser Hinsicht ein völliger Newcomer ist.

„Trotzdem habe ich Lust“, versichert der Vizechef des Ski-Klubs Wernigerode und fügt hinzu: „Es soll am 27. April 2019 die 40. Harzquerung ganz im Sinne von Herbert Pohl, der die Lauf- und Wanderveranstaltung ins Leben gerufen hat, stattfinden.“ Den Mut, sich an die große Herausforderung als Skialpini heranzuwagen, nimmt der Doktor für Zahnmedizin aus dem Zuspruch von Sportkameraden und Freunden sowie aus seiner Überzeugung, dass das Aufeinandertreffen unglücklicher Umstände zur zwischenzeitlichen Absage der Harzquerung geführt hatte.

Was war geschehen: 39 Jahre lang fand immer am letzten Sonnabend im April die Harzquerung mit Start in Wernigerode und Ziel in Nordhausen statt. 36 Jahre unter Federführung von Peter Unverzagt, der mit diesem Volkssportereignis die Idee von Herbert Pohl für nachfolgende Generationen erhalten wollte. Dass dem Mitglied des Ski-Klubs das gelungen ist, zeigt der Aufwärtstrend der Teilnehmerzahlen. Ebenso das Voting in der Laufzeitschrift „Spiridon“. Unter den 8000 Wettbewerben bundesweit zählt die Harzquerung zu den 100 empfehlenswerten Laufveranstaltungen.

Bei der 39. Auflage 2018 erlebten wieder mehr als 1000 Teilnehmer einen bestens organisierten Lauf oder eine Wanderung in den beginnenden Frühling im Harz. Für Peter Unverzagt jedoch mit einem bitteren Beigeschmack. Der Vereinsvorsitzende Peter Lösler, der kürzlich verstorben ist, habe von ihm gefordert, für 2019 einen neuen Termin festzulegen. Der Grund: Die Harzquerung kollidiert mit dem 61. Bundesschützentreffen, das vom 25. bis 28. April 2019 in Wernigerode ausgetragen wird. Die Nutzung von Sporthallen der Müntzer-Sekundar- und Diesterweg-Grundschule als Organisationsbüro und Übernachtungsmöglichkeiten sowie von Parkplätzen würden sich überschneiden.

Peter Unverzagt hatte kein Verständnis, warum die Sportler weichen sollten, wie der 79-Jährige gegenüber der Volksstimme sagt. Vielmehr sah er mit der Austragung beider Veranstaltungen an einem Wochenende eine „günstige Gelegenheit, dass sich Menschen mit verschiedener Art der Freizeitgestaltung treffen und austauschen“.

Die Kreis- und Stadtverwaltung als Träger der Sporthallen blieben bei der Ablehnung, eine Aussprache im Sportamt der Stadt endete für Peter Unverzagt „absolut enttäuschend“. Er fühlte sich, wie er sagt, „sehr verletzt“. Seit Jahren stecke er großes Engagement in die Vorbereitung und sei stolz, dass ihm bei der Ausrichtung ein zuverlässiger Stab von gut 100 Helfern zu Seite steht.

Peter Unverzagt zog am 5. Oktober den Schlussstrich, sagte die Harzquerung für 2019 ab und legte mit sofortiger Wirkung seine „Tätigkeit für Herberts Harzquerung“ nieder. Gleichzeitig trat er auch aus dem Verein aus. Diese Kunde verbreitete er im Internet und zum Harz-Gebirgslauf wenige Tage später in Wernigerode. Spielte sich der Knatsch Harzquerung kontra Bundesschützentag bis dahin hinter den Kulissen ab, wurde er nun öffentlich.

Sportler ergriffen Partei für den Laufveranstalter Unverzagt, schimpften in den sozialen Medien auf die Wernigeröder Stadtverwaltung als „Verhinderer“, wobei dies noch die netteste Formulierung ist.

Beschwerden erreichten auch das Rathaus. Dort schaltete sich Tobias Kascha als Büroleiter des Oberbürgermeisters Peter Gaffert (parteilos) ein, moderierte zwischen den „verhärteten Fronten“, wie er gegenüber der Volksstimme sagt. Sein Fazit: „In erster Linie gab es Probleme bei der Kommunikation, leider.“ Denn Fakt sei, die Stadtverwaltung wollte die Harzquerung nie absagen. Es habe Bemühungen gegeben, einen Kompromiss für die Läufer zu finden, weil die Schützen für ihr Programm mit Zapfenstreich, Umzug, Wettbewerben, Festzeltball und Feuerwerk, die Schulgelände und den Ochsenteich benötigen.

Mit dem Rückzug von Unverzagt und dem plötzlichen Tod des Ski-Klub-Chefs fand sich zunächst kein neuer Ansprechpartner für eine Kompromisslösung. Tobias Kascha beantwortete alle Beschwerdepost und informierte, dass die 40. Harzquerung für 2020 geplant sei. Mittendrin die Wendung mit der Bereitschaft des Vize-Vereinsvorsitzenden, die Organisation noch für 2019 zu übernehmen.

„Klar war ich erst gefrustet, als ich von der rigorosen Absage erfuhr“, so Alexander Brune. Er habe sich dann aber gesagt: „Die Tradition kann man nicht einfach unterbrechen. An der Harzquerung hängen viele Sportler und engagierte Helfer dran.“ Lösungen wurden gesucht und erste gefunden.

„In letzter Minute habe ich die Harzquerung für die Aufnahme in den bundesweiten Laufkalender 2019 anmelden können“, sagt Brune. Am Format wolle er nichts ändern. Es sei nach wie vor geplant, die Läufer um 8.30 Uhr auf die Strecke vom Salzbergtal aus zu schicken. „Nur das Organisationsbüro sowie die Übernachtungsmöglichkeit wird diesmal in der Franke-Grundschule sein.“ Für das Abstellen der Fahrzeuge in Hasserode sei er noch in Verhandlung mit der Hochschule Harz, so Brune.

Längt hat der 45-Jährige den enormen Aufwand zu spüren bekommen, der hinter der Organisation steckt. Ob wegen der vielen Anträge an die mehr als 20 Forstämter entlang der Strecken über 51, 28 und 21 Kilometer oder an die Kreisverwaltung und Ordnungsämter für Straßensperrungen und Naturschutzbelange – Hilfe von der DLRG und einem Laufveranstalter habe er bereits signalisiert bekommen.

Tag für Tag, so Brune weiter, wachse die Zuversicht, dass die 40. Auflage „vielleicht nicht ohne Fehler, aber dafür wie gehabt“ ausgetragen werden kann. Auf der dafür neu eingerichteten Homepage haben sich bereits 160 Läufer angemeldet. Zwar existiert auch noch die alte Internetseite, auf der auch die Absage kommuniziert wird, „doch habe ich darauf leider keinen Einfluss“, erklärt der Wernigeröder und sagt: „Vielleicht erscheint ja dort bald ein Link zur 40. Harzquerung.“

Was fehlt ihm noch? Alexander Brune muss nicht lange überlegen und sagt: „Die Erfahrung und Unterstützung der bisherigen Mitstreiter ob in Wernigerode, Blankenburg, Trautenstein, Benneckenstein, Sophienhof bis hin nach Nordhausen.“ Zu ihnen, auch zu Peter Unverzagt, wolle er Kontakt aufnehmen. Letzterer habe stets dafür gesorgt, dass die Harzquerung naturbetont und die Teilnahme bezahlbar ist. „Das ist ganz im Sinne von Herbert Pohl und für mich Vorbild“, betont Alexander Brune.

Mehr Infos und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es hier.