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Immobilienkonzern Deutsche Wohnen - Noch steigen die Mieten

"Deutsche Wohnen enteignen", fordern Zehntausende. Berlin will die Mieten einfrieren - der Immobilienkonzern spürt den Gegenwind. Und sucht neue Wege zum Geldverdienen.

Von Burkhard Fraune, dpa 13.08.2019, 13:46
Deutsche Wohnen will in diesem Jahr etwa 10.000 Wohnungen verkaufen, zugleich aber auch etwa 4000 Einheiten erwerben. Foto: Paul Zinken
Deutsche Wohnen will in diesem Jahr etwa 10.000 Wohnungen verkaufen, zugleich aber auch etwa 4000 Einheiten erwerben. Foto: Paul Zinken dpa

Berlin (dpa) - Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen verdient trotz der Debatte um mehr Schutz für Mieter noch immer gut mit seinen Wohnungen. Die Mieteinnahmen wachsen weiter. Allerdings hinterlässt die Aussicht auf einen Mietendeckel im wichtigsten Markt Berlin erste Spuren in der Bilanz.

Auf der Suche nach neuen Erlösquellen nimmt der Konzern nun verstärkt Pflegeheime in den Blick und nutzt die hohen Wohnungspreise für mehr Verkäufe.

"Es ist total klar, dass es mehr und mehr Sinn macht, die Rolle des Verkäufers zu übernehmen", sagte Vorstandschef Michael Zahn in einer Analystenkonferenz. 6500 Wohnungen stünden in Norddeutschland zur Disposition, außerdem 3000 in Berlin. Dies habe nichts mit dem geplanten Berliner Mietendeckel zu tun, betonte Zahn. "Wir sehen im Markt eine Menge billiges Geld und eine steigende Nachfrage."

Nach jahrelangen kräftigen Mietsteigerungen spüren Immobilienkonzerne besonders in Berlin starken Gegenwind. Kürzlich hat sich der Senat auf Eckpunkte geeinigt, mit denen die Mieten in der Hauptstadt in den kommenden fünf Jahren eingefroren werden sollen. An der prestigeträchtigen Karl-Marx-Allee schnappte das Land der Deutschen Wohnen mehrere hundert Wohnungen vor der Nase weg.

Mehr als 70.000 Menschen unterschrieben zudem für eine Initiative, nach der Vermieter mit mehr als 3000 Wohnungen enteignet werden sollen. Der Senat prüft noch, ob das angestrebte Volksbegehren zugelassen werden kann, wie ein Sprecher der Innenverwaltung sagte.

Erst am Wochenende kündigte das Wohnungsunternehmen Vonovia an, in Berlin vorerst keine Mieten mehr zu erhöhen, um die Situation nicht weiter anzuheizen. Dabei biete der jüngste Mietspiegel fünf Prozent Spielraum. Auch die Deutsche Wohnen hat den neuen Mietspiegel nach eigenen Angaben noch nicht für Erhöhungen genutzt.

Das Management reagierte auf die Kritik mit einem freiwilligen Mietendeckel. Demnach soll es keine Mieterhöhung geben, wenn ein Haushalt mehr als 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Nettokaltmiete einer angemessenen Wohnfläche aufwenden muss. Um diese Härtefallregelung zu nutzen, müssen Mieter ihr Einkommen offen legen.

Im Durchschnitt zahlen Mieter der Deutschen Wohnen pro Quadratmeter 6,73 Euro kalt, in Berlin waren es 6,82 Euro. Damit überwiesen Mieter auf vergleichbarer Basis im Schnitt 3,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, in den 116.000 Berliner Wohnungen sogar 3,6 Prozent mehr.

Das ließ zwar den Gewinn im laufenden Geschäft (Funds from Operations 1) um mehr als 13 Prozent auf 283,4 Millionen Euro wachsen. Unterm Strich ging der Konzerngewinn aber zurück. Mit 603 Millionen Euro lag das Halbjahresergebnis knapp 50 Millionen Euro unter dem Vorjahreswert.

Dazu trug bei, dass der Wert von Wohnungen geringer eingeschätzt wird als vor einem Jahr. Die Konzernbilanz verweist in diesem Zusammenhang auf den Berliner Plan, die Mieten für fünf Jahre einzufrieren. Die Aktien der Deutsche Wohnen rutschen am Dienstag auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren.

Zuletzt war das Portfolio des Konzerns auf bundesweit gut 165.000 Wohnungen gewachsen. Nun werde man ein "Netto-Verkäufer", sagte Zahn. Während in diesem Jahr insgesamt etwa 10.000 Wohnungen verkauft werden sollen, seien zugleich etwa 4000 Einheiten erworben worden. "Das ist etwas, was auch in den nächsten Jahren zu erwarten ist."

Er kündigte zudem für das dritte Quartal ein Konzept an, wie das Segment Pflegeimmobilien weiter wachsen könne. Die Konzernstrategie werde sich aber nicht fundamental ändern.