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FCM-Geschichte Im Wechselbad der Gefühle

Vor 55 Jahren, kurz nach Gründung, spielte der FCM im Europapokal-Viertelfinale und stieg aus der DDR-Oberliga ab.

Von Hans-Joachim Malli 02.03.2021, 07:48

Magdeburg l Nachdem der Vorgängerverein SC Aufbau Magdeburg 1959 endlich den Aufstieg in die DDR-Oberliga geschafft hatte, pendelten die Elbestädter in den Folgejahren bei den Abschlussplatzierungen zwischen den Rängen sieben und elf ein. National für Furore sorgten die damals noch Grün-Roten mit ihrem ersten Erfolg im FDGB-Pokal, als Walter, Stöcker, Hirschmann und Co. am 13. Juni 1964 in Dessau den SC Leipzig mit 3:2 bezwangen. Ihren ersten Auftritt im Europapokal beendete das Münz-Los nach drei 1:1-Spielen gegen Galatasaray Istanbul. Für Auswahlspieler Hermann Stöcker endete jenes Jahr 1964 auf internationalem Parkett dennoch erfolgreich, der Stürmer holte mit der DDR Olympia-Bronze in Tokio.

Die Saison 1965/66 sollte eine besondere für die Magdeburger Club-Kicker werden. Während es in den Meisterschaftsspielen mehr schlecht als recht lief, hielt sich die Mannschaftt um Kapitän Günter Hirschmann im Europokal der Pokalsieger lange schadlos. Dort starteten die Elbestädter nach dem 2:1-Finalsieg im FDGB-Pokalwettbewerb über Vizemeister Motor Jena zum zweiten Mal. Nach den Weiterkommen gegen Spora Luxemburg (1:0, 2:0) und den FC Sion (8:1, 2:2) im Herbst 1965 standen die Magdeburger überraschend im Viertelfinale des Europapokals – und trafen dort im März 1966 auf Titelverteidiger West Ham United.

Zuvor wurde der 1. FC Magdeburg gegründet. Die entsprechende Versammlung des ersten von zehn DDR-Fußballclubs fand am 22. Dezember 1965 im Kulturhaus „Ernst Thälmann“, dem heutigen AMO, statt. Erster Vorsitzender wurde SKET-Generaldirektor Ernst Hoberg, Clubsekretär Herbert Groth.

Die sportliche Situation war zur FCM-Gründung trotz der Erfolge im Europapokal alles andere als rosig, denn die ab jetzt in Blau und Weiß spielenden Club-Kicker überwinterten in der Oberliga als Tabellenvorletzter. Das Vereinslogo entstand übrigens in den Ateliers der „Deutschen Werbeagentur“ (Dewag) und sollte auch der Abgrenzung zu den Stadtfarben und denen des SC Magdeburg (Grün-Rot) dienen. Musiker der Städtischen Bühnen schrieben auch gleich noch eine zu der Zeit wenig passende Vereinshymne „FCM, Blau-Weiß sind deine Siegesfarben“.

Angesichts des drohenden Abstiegs starteten die Magdeburger mit einem neuen Trainer in die Rückrunde. Günter Weitkuhn, der zuvor den DDR-Ligisten Turbine Magdeburg trainierte, übernahm anstelle von Ernst Kümmel. Doch auch der frühere Oberliga-Kicker konnte letztlich den Abstieg des FCM nicht verhindern. Punktgleich mit Rot-Weiß Erfurt, aber den wenigsten eigenen Toren, musste der gerade gegründete Club in der DDR-Liga einen Neubeginn starten. Der gelang unter dem neuen Trainer Heinz Krügel nach nur einem Jahr Zweitklassigkeit dann auch überzeugend.

Doch zuvor sorgte der FCM noch einmal im Europapokal gegen West Ham United für Furore. Im Hinspiel am 2. März im Londoner Upton Park mussten sich die Magdeburger nicht zuletzt dank ihres überragenden Torwarts Wolfgang Blochwitz nur denkbar knapp mit 0:1 geschlagen geben. Zwei Wochen später dann strömten 35 000 Zuschauer, darunter gut Tausend „Hammers“-Fans, in das Ernst-Grube-Stadion, hofften auf eine Sensation gegen das englische Topteam.

Und die FCM-Anhänger, darunter auch der Autor dieser Zeilen mit seiner ersten selbst gebastelten blau-weißen FCM-Fahne, staunten nicht schlecht, als Achim Walter ihre Mannschaft nach 77 Minuten mit 1:0 in Führung brachte. Die Gastgeber, bei denen neben dem erst 17-jährigen Jürgen Sparwasser mit den ebenfalls noch jungen Manfred Zapf und Wolfgang Seguin zwei weitere spätere FCM-Größen mitwirkten, durften aber nur kurz vom Weiterkommen träumen.

Nur eine Minute später glichen die Profis von der Insel, in deren Reihen mit Bobby Moore, Martin Peters und Geoff Hurst drei Spieler standen, die nur vier Monate später durch den legendären 4:2-Endspielsieg einschließlich Wembley-Tor gegen Deutschland mit England Weltmeister werden sollten, aus und erreichten so glücklich das Halbfinale, indem sie letztlich selbst an Borussia Dortmund scheiterten. Die Volksstimme titelte indes nach dem FCM-Aus: „Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“.