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Fußball (K)ein Senkrechtstarter beim FCM

Sirlord Conteh, Neuzugang beim Drittligisten 1. FC Magdeburg, hatte seine Profikarriere schon abgehakt. Doch dann kam alles anders

Von Anne Toss 19.06.2019, 09:00

Magdeburg l Wenn Sirlord Conteh von der Lounge der MDCC-Arena hinaus ins Stadion schaut, liegt noch immer ein bisschen Verwunderung in seinem Blick. Darüber, dass er jetzt für den 1. FC Magdeburg spielen wird. Darüber, dass er überhaupt hier sein darf. „Dass es jetzt doch irgendwie geklappt hat“, sagt der 22-Jährige, „dass ich irgendwie den Weg in die 3. Liga geschafft habe.“

Sein Staunen scheint auf den ersten Blick fehl am Platz, ist die Frage nach dem Wie doch eigentlich leicht zu beantworten. Ein Blick in seine Daten reicht, um zu erfahren, weshalb der FCM an einer Verpflichtung interessiert war. Darin stehen nämlich allein für die abgelaufene Saison: 28 Spiele in der Regionalliga Nord für den FC St. Pauli II, elf Tore, sieben Vorlagen. Der FSV Zwickau wollte ihn haben, der HFC wohl auch. „Dass wir ihn verpflichten konnten, ist nicht selbstverständlich“, sagt FCM-Sportchef Maik Franz.

Doch es ist der Blick in die Vergangenheit, der Contehs Reaktion erklärt. 2014, er war gerade vom Verbandsligisten Wacker Billstedt in die A-Junioren-Bundesliga zum VfB Lübeck gewechselt, zog er sich eine Verletzung am Meniskus zu. „Die Saison war für mich vorbei. Und eigentlich habe ich da auch mit dem Fußballspielen aufgehört“, erzählt Conteh. „Ich war ja so lange raus und kannte das überhaupt nicht, weil es meine erste größere Verletzung war. Damit musste ich erst einmal klarkommen und habe deshalb einen Schlussstrich gezogen.“

Eine Profikarriere war für den gebürtigen Hamburger, dessen Eltern aus Ghana stammen, somit in weite Ferne gerückt. Conteh orientierte sich anderweitig, absolvierte eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker. „Das hat mich als Kind schon interessiert, wie Events genau geplant und umgesetzt werden“, erzählt er. Doch ganz weg vom Fußball kam er nicht. Er fing an, bei der Herrenmannschaft des TSV Sasel zu spielen, vor allem, weil ihn dort sein Jugendtrainer Danny Zankl hingelotst hat.

„Er meinte einmal, dass ich wie ein Ziehsohn für ihn bin, dementsprechend ist auch er eine sehr wichtige Person für mich“, sagt Conteh. Zankl habe ihn schon in der C-Jugend angetrieben, „denn ich war eine Katastrophe. Taktisch war ich sehr schlecht, mein Abschluss war schlecht. Ich war ein Durchschnittsspieler, nichts Besonderes.“

Doch wie schon in der Jugend kitzelte der Trainer auch bei den Herren mehr aus Conteh heraus. „Und dann ist St.  Pauli auf mich aufmerksam geworden, ich habe vorgespielt und letztlich vier Jahre dort gekickt. Das letzte war mit Abstand mein bestes Jahr“, berichtet Conteh. Parallel dazu beendete er seine Ausbildung. „Es war sehr stressig. Ehrlich gesagt, ich würde es nicht noch mal machen. Beides zusammen ist schon hart.“

Aber dafür wisse er jetzt eben auch, dass er auf eigenen Beinen stehen kann, seinen Weg gehen wird. „Deshalb ist es auch ganz gut, dass ich jetzt ausgezogen bin. Das gehört eben dazu – und wie die wichtigsten Dinge funktionieren, weiß ich ja. Zum Beispiel die Waschmaschine“, scherzt er.

Seine Familie, besonders seinen Bruder Christian, mit dem er zuletzt bei St. Pauli in einer Mannschaft gespielt hat, vermisst er trotzdem. „Diese Zeit war überragend, er wusste immer, wo er den Ball hinspielen muss“, sagt Conteh.

Aus seiner Zeit bei St. Pauli habe er vor allem eines mitgenommen: „Wie wichtig es ist, Verantwortung zu übernehmen und das Team anzutreiben. Als zweiter Kapitän habe ich mich dort zum Führungsspieler entwickelt.“ Jetzt, beim FCM, startet er wieder bei null, muss sich mit den weiteren Neuzugängen zunächst beweisen. Conteh: „Ich habe noch Luft nach oben. Jetzt hoffe ich, dass ich gemeinsam mit Stefan Krämer mein Potenzial voll ausschöpfen kann. Bei mir ist auf jeden Fall noch nicht Schluss.“

Wohl fühlt er sich in Magdeburg schon einmal. „Ich schätze es sehr, dass alle neuen Spieler sofort aufgenommen wurden. Da gab es überhaupt keine Probleme.“ Nur eine Wohnung, die hat er noch nicht gefunden. Momentan ist sein Schlafplatz deshalb bei Brian Koglin, der ebenfalls von St. Pauli zum FCM gewechselt ist. Aber auch da wird Conteh schon irgendwie seinen Weg finden.

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