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Arbeitsagenturen würdigen Firmenengagement für Menschen mit Behinderungen Druckdienstleister docupoint gestaltet Neubau für Mitarbeiter barrierefrei

Von Bettina Koch 09.12.2011, 04:24

4000 Firmen in Sachsen-Anhalt haben mehr als 20 Mitarbeiter und sind verpflichtet, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. 1200 zahlen lieber Strafe. Aber es gibt auch kleine Betriebe, die Menschen mit Behinderungen aus eigenem Antrieb in die Mitte nehmen.

Magdeburg/Barleben l Enrico Griese ist Hausmeister bei der Firma Kubon, die in Magdeburg insgesamt 1000 Wohnungseinheiten verwaltet. Er wechselt Lampen aus, füllt bei Heizungsanlagen Wasser auf, pflegt Außenanlagen und rückt bei Schnee und Frost mit den Kollegen zum Winterdienst aus. Griese ist Analphabet.

Marco Borchardt ist Mediengestalter bei docupoint in Barleben (Börde). Er betreut seinen eigenen Kundenstamm, kümmert sich um Verlage, Werbeagenturen und private Kunden. Borchardt sitzt und fährt im Rollstuhl.

Griese und Borchardt sind nicht nur schwerbehindert, sie sind auch hochmotiviert. Obwohl Enrico Griese nicht lesen und schreiben kann, hat er mit Hilfe eines speziellen Lernprogramms und der Unterstützung von Arbeitsagentur und Fahrschule den Pkw-Führerschein geschafft. "Das war für mich Teil des Erwachsenwerdens", erzählte der 27-Jährige.

Mit sehr viel Elan bringe er sich in seine Arbeit ein, bestätigte Marc Weiler, Geschäftsführer der Kubon Immobilienmanagement GmbH. Und mit Führerschein sei Enrico Griese in diesem Job vielen anderen Bewerbern gegenüber, die lesen und schreiben können, klar im Vorteil. Die Häuser in seinem Revier habe er schon nach kurzer Zeit selbständig bearbeiten können, lobte Weiler. Griese macht nur manches etwas anders: Er muss sich vieles merken, was bei anderen auf Zetteln steht, und Farben ersetzen Namensschilder an Schlüsseln. Seit Januar ist Griese Teil des 15-köpfigen Teams und fühlt sich dort sehr wohl.

Marco Borchardt ist auf den Rollstuhl angewiesen und wird per Fahrdienst täglich zur Arbeit gebracht. Nach seiner Ausbildung zum Mediengestalter hat er die Firma docupoint, damals mit Sitz in Magdeburg, 2005 bei einem Praktikum von seinen menschlichen und fachlichen Qualitäten überzeugt und wurde eingestellt. Beim späteren Umzug nach Barleben wollten Geschäftsführerin Anja Strangfeld und ihre Mannschaft auf Marco Borchardt nicht verzichten.

"Man darf nicht klagen, dass wir zu wenige Fachkräfte haben, man muss gucken, wo wir sie haben."

Adrian Maerevoet, Behindertenbeauftragter der Landesregierung

Ein technischer Berater der Arbeitsagentur stand der Firma mit Rat zur Seite. "Bei uns sind die Gänge und Türen breiter, die Türen öffnen und schließen automatisch, es wurde ein Fahrstuhl eingebaut, und der Arbeitsplatz ist mit einem höhenverstellbaren Tisch ausgestattet", berichtete die Chefin. Docupoint hat nun ein barrierefreies Gebäude. Auch gehbehinderten Kunden dürfte das entgegenkommen.

Das Engagement des Unternehmens mit aktuell 13 Mitarbeitern für die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sei beispielgebend. Das würdigten gestern Sabine Edner von der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit, Lutz Bartel, Geschäftsführer der Arbeitsagentur Magdeburg, und Adrian Maerevoet, Beauftragter der Landesregierung Sachsen-Anhalt für die Belange der Menschen mit Behinderung. Sie überreichten Anja Strangfeld eine Urkunde.

Maerevoet sieht die Einbindung von Menschen mit Behinderungen als Chance für die Unternehmen: "Man darf nicht klagen, dass wir zu wenig Fachkräfte haben, man muss gucken, wo wir sie haben", sagte er.

171000 Menschen sind in Sachsen-Anhalt schwerbehindert, sagte Edner. "Es kann jeden treffen, und vielen sieht man die Behinderung nicht an." Edner nannte als Beispiele Herz-Kreislaufprobleme, Diabetes, neurologische Störungen, Sehbehinderungen, Gehörlosigkeit und Gleichgewichtsstörungen. 77000 Behinderte seien im erwerbsfähigen Alter und viele davon gut ausgebildet. Seite 5