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Der Bürgerstreit um eine Millionen-Investition schwelt weiter / Stadt hat Einwände behandelt / Stadtrat entscheidet im März Kompromisse zum Mundlosring, aber viele Einwände abgeschmettert

Von Karl-Heinz Kaiser 25.01.2011, 04:25

Ein 22 Meter hoher Erweiterungsbau, Verschattung und Sichteinschränkungen, höherer Lärmpegel in der benachbarten Wohnsiedlung – der Streit um die Erweiterung von T-Systems an seinem seit Jahrzehnten angestammten Sitz ist in eine neue Phase geraten. Die Verwaltung hat die Einwendungen (Stellungnahmen) der Bürger abgewägt und – fast alle abgeschmettert. Allerdings wird das Gebäude doch nur 19 Meter Traufhöhe haben.

Neue Neustadt. Nach der Freude über das schöne Eigenheim kam der herbe Dämpfer: Bewohner des neugebauten Heinrich-Mundlos-Rings an der Lübecker Straße hatten die vom unmittelbaren Nachbarn T-Systems verkündeten Erweiterungspläne als niederschmetternd empfunden: Ein 22 Meter hohes neues Gebäude mit Alu-Fassade soll so dicht an die Wohnbebauung herangesetzt werden, dass sowohl Verschattung als auch Sichtbehinderung und ein zusätzlicher Geräuschpegel drohen. Nach Ansicht der Häuslebauer unzumutbar. Sie fühlen sich nicht ausreichend vor ihrer privaten Investition informiert. Sie fordern Ersatzstandorte für die geplante Unternehmenserweiterung.

Innerhalb des Bebauungsplanverfahrens für das Mischgebiet hatten sie schon vor Monaten bei einer Bürgerversammlung (14. September 2010) ihre Bedenken formuliert. Jetzt hat die Verwaltung die sogenannte Abwägung vollzogen.

Ergebnis: Es gibt zwar Kompromisse. Aber nahezu alle Einwände der Bewohner wurden letztlich abgeschmettert. Die wichtigsten Informationen aus dem der Volksstimme vorliegenden Verwaltungspapier:

1. Eine von Bürgern vorgeschlagene Verlagerung der geplanten Halle nach Süden ist nicht möglich. Zwar würde ein großer Abstand zur Wohnbebauung erreicht, aber aus Gründen der Anlagensicherheit schließt eine gutachterliche Prüfung diese Variante aus. Weil die benachbarte sechsgleisige Bahntrasse (auch Güter- und Gefahrentransporte) schädliche Schwingungen und Vibrationen im Rechenzentrum auslösen könnten.

2. Der Kritik unzulässiger Verschattung wird in der Abwägung gleichfalls nicht gefolgt. Ein neues Gutachten für die nördlich befindlichen Häuser und Kleingärten liegt inzwischen vor, heißt es in der Abwägung. Es besagt, dass es an keinem Wohngebäude zu unzulässigen Verschattungen kommt. Eingeräumt wird aber, dass eine "gewisse optische Beeinträchtigung durch die Größe und Höhe der neuen Baukörper" zu erarten sei.

Allerdings überschreitet der Abstand der neuen Gebäude die vorgeschriebenen Abstandsflächen deutlich, heißt es. 3. Der Kompromiss: Gegenüber dem Vorentwurf (22 Meter) wurde die Gebäudehöhe reduziert. Die Planung der Rechnergebäude wurde optimiert. Traufhöhe: 19 Meter. Der Abstand zu den Wohngrundstücken wurde vergrößert. Bei weiterer Verringerung der Gebäudehöhen würde sich die betriebliche Nutzung nicht mehr realisieren lassen, heißt es.

4. Mit einem schalltechnischen Gutachten wird ein weiterer Bürgerhinweis zurückgewiesen: Es wird nachgewiesen, dass der Schallschutz im Städtebau entsprechend der DIN 18005 garantiert ist. Allerdings: Seitens von T-Systems wurden nochmalige Berechnungen beauftragt. Ziel: Weitere Unterschreitung der Grenzwerte. Die technischen Parameter der Lüftungs- und Kühlanlagen werden optimiert, ebenso die Standorte der Anlagen auf dem Betriebsgelände.

Ein Ausweichstandort für die Investition von T-Systems zwischen Gröperstraße und Mittagstraße wurde gleichfalls abgelehnt, ebenso der Bürgervorschlag zur Tieferlegung der künftigen Gebäude. Das sei untersucht worden, heißt es.

Die Verwaltung argumentiert in dem vorliegenden Papier: Eine "gewisse optische Beeinträchtigung" durch die Höhe der neuen Baukörper bestehe.

Die vorgeschriebenen Abstände aber werden deutlich überschritten, massive Auswirkungen durch Lärm und Verschattung entstehen nicht. Der Höhenkompromiss sei ausgereizt.

Weiteres Fazit der Verwaltung: "Unter Wichtung der privaten Belange der Anwohner" und der wirtschaftlichen Belange des ansässigen Unternehmens sei "den wirtschaftlichen Belangen der Vorrang eingeräumt" worden.

Für die Bürger eine bittere Pille: Sie befürchten die Abwertung des erworbenen Grund und Bodens und eine starke Beeinträchtigung der Wohn- und Lebensqualität.

Allerdings ist das Procedere nicht abgeschlossen: Der Stadtrat muss am 3. März erst einmal die Abwägung bestätigen.

Dann wird – gleichfalls erst nach Ratsbeschluss – der neue Bebauungsplan einen Monat lang öffentlich ausgelegt.

Die Bürgerbeteiligung auch dann ist möglich.