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Hospiz in Schule Ein Setzling als Symbol für neues Leben

Mit Tod und Trauer beschäftigen sich Kinder beim Projekt "Hospiz macht Schule" in Stendal. Sie sind dabei ziemlich unbefangen.

20.03.2016, 00:00

Stendal l Werden und Vergehen, Krankheit und Leid, Sterben und Tod, Vom Traurigsein, Trost und Trösten – was diese Woche auf dem Stundenplan der Viertklässler in der Bilingualen Grundschule Altmark stand, klingt nach schwerer Kost. Ist es einerseits wohl auch, denn wer redet schon gern übers Sterben? Und setzt das den Kindern nicht allzu sehr zu, was löst das bei ihnen aus? Warum soll man sie denn in solch düstere Stimmung und möglicherweise damit zum Weinen bringen?

Diese Fragen mögen auch einige Eltern umgetrieben haben, die der Projektwoche „Hospiz macht Schule“ anfangs skeptisch gegenüberstanden. Und tatsächlich gab es vor allem am Mittwoch, als es um Sterben und Tod ging, eine etwas beklommene Stimmung, wie die Stendaler Hospiz-Koordinatorin Gundis Gebauer berichtet. „Da waren die Kinder sehr nachdenklich, haben aber auch viele spannende Fragen gestellt und viel von sich erzählt.“ Und schon am Tag danach erzählen die Kinder der Volksstimme frohgemut und unbefangen von ihren Eindrücken.

Schließlich wird ja innerhalb der fünf Tage, an denen sie von sieben speziell geschulten Hospiz-Mitarbeitern angeleitet und begleitet werden, nicht nur geredet, sondern auch gebastelt, gemalt, es werden Geschichten gehört, Lieder gesungen, Filme angeschaut. Außerdem war ein Arzt zu Gast, den die Kinder regelrecht mit Fragen löchern konnten.

Wie aufmerksam und intensiv die Kinder bei allen Themen dabei waren, das hat Thomas Rehbein erstaunt. Der Koordinator des ambulanten Hospizdienstes Gardelegen ist zum ersten Mal beim Projekt dabei, wollte sehen, „ob und wie man das auch bei uns umsetzen könnte“. Für Kinder, überlegt er, sei das Thema „vielleicht etwas selbstverständlicher als für Erwachsene, sie haben weniger Scheu. Aber natürlich gibt es auch die ein oder andere Träne.“

Genau diese Neugier und das Wissenwollen sollte man den Kindern nicht nehmen, sagt Gundis Gebauer. In Familien werde über das vermeintlich heikle Thema Tod zu wenig gesprochen. Dabei sei gerade das Reden darüber der beste Weg, dem Ganzen den Schrecken zu nehmen. „Für Kinder gilt ebenso wie für Erwachsene: Worüber ich mehr weiß, davor habe ich weniger Angst. Und man kann durchaus mit Kindern zu einer Beerdigung gehen, damit sie sehen, welche Rituale dazugehören, was alles bedeutet.“

Das Stendaler Hospiz ist jetzt zum vierten Mal in der Bilingualen Grundschule Altmark und mit dem Konzept von „Hospiz macht Schule“ mittlerweile sehr vertraut. Entwickelt wurde es vor zehn Jahren von der Hospizbewegung Düren und über vier Jahre vom Bundesfamilienministerium gefördert.

Bevor die Kinder am Freitag zum krönenden Abschluss ihre Ergebnisse und Erfahrungen aus der Woche vor den Eltern präsentierten, wurden noch aufgekeimte Bohnensamen in Erde gesetzt – als Symbol für Wachsen und Werden und neues Leben. Jedes Kind nimmt einen Topf mit nach Hause, um sich um das Pflänzchen zu kümmern. „Das finde ich schön“, sagt die neunjährige Nele Buchal, „das ist wie bei uns, wenn wir traurig sind. Dann muss man sich neu verwurzeln, dann kann man neu anfangen.“