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Wahlskandal Landrat stellt Anzeige gegen Linke

Stendals Landrat Carsten Wulfänger (CDU) hat gegen die Kreistagsfraktion Linke/Grüne Strafanzeige wegen Verleumdung gestellt.

25.08.2016, 00:00

Stendal l Am Sitz der Staatsanwaltschaft an der Scharnhorststraße wird man sich zu Wochenbeginn verwundert die Augen gerieben haben: Strafanzeigen zwischen Politikern sind in Deutschland relativ selten, in Stendal liegen sie mindestens schon lange zurück, so dass sich niemand erinnern kann.

Und dann auch noch vom Landrat! Juristen, die Wulfängers Schreiben (siehe Infokasten) gelesen haben, reagierten denn auch eher verdutzt. Eine persönliche Verleumdung sei in dem Antrag der Kreistagsfraktion Linke/Grüne nicht zu erkennen (siehe Infokasten).

Thomas Kramer, Pressesprecher der Stendaler Staatsanwaltschaft, mag den Flurfunk unter Juristen nicht kommentieren. „Ja, die Strafanzeige ist eingegangen“, bestätigte er aber der Volksstimme.

Damit dürfte die Debatte im Kreistag am Donnerstag, 1. September, (Beginn 17 Uhr, Saal Stendal, Landratsamt) spannungsgeladen sein. Die zweitstärkste Kreistagsfraktion will mit ihrem Antrag den Landrat von seiner Funktion als Kreiswahlleiter entbinden.

Seine Erklärung zur Strafanzeige ließ der Landrat am Montag auf der Internetseite des Landkreises publizieren. Um 23 Uhr war sie dann auch auf dem Facebook-Auftritt des Landkreises zu sehen – auf der sich inzwischen auch kritische Kommentare dazu befinden.

Eine Presseerklärung hat Wulfänger nicht versenden lassen. Seit Tagen schweigt der Landrat bei Journalistenanfragen. Dafür wählte er jetzt bereits das dritte Mal allein die Internetseite des Landkreises, um zum Briefwahlskandal von 2014 Stellung zu beziehen.

Im Zuge der Affäre um den zurückgetretenen Landtagspräsidenten Hardy Peter Güssau (CDU) hatte dieser auch die Rolle Wulfängers thematisiert, aber viele Fragen offen gelassen.

Die Volksstimme hat daraufhin dem Landrat zehn Fragen geschickt. Sie blieben unbeantwortet. „Da nicht auszuschließen ist, dass es zu einer Strafanzeige gegen den Landrat kommen könnte, wird er sich, bis auf weiteres, zum Thema Kommunalwahl 2014 weder schriftlich noch mündlich gegenüber den Medien äußern“, ließ er ausrichten.

Seine Mitteilungen via Internet setzte er jedoch fort.

Die Antworten auf die Fragen würden indes genau das klären, was derzeit offen ist und zu dem Antrag der Kreistagsfraktion Linke/Grüne geführt hat:

● Wann sind Sie von Stadtwahlleiter Kleefeldt über den Verfahrensfehler informiert worden?

● Haben Sie daraufhin Kontakt mit dem Landeswahlleiter gesucht?

● Wann war das und mit welchem Ergebnis?

● Hatten Sie einen Kontakt mit Ex-Landeswahlleiter Klaus Klang?

● Wie kam dieser wann zustande?

● Welches Ergebnis hatte Ihr Gespräch?

● Laut Herrn Güssau haben Sie sich am 23. Juni 2014 auf einer Sitzung der CDU-Kreistagsfraktion geäußert: „Herr Wulfänger teilte mit, dass er ebenfalls Kontakt mit Dr. Klang gehabt habe und eine rechtliche Lösung der Behandlung von Wahleinsprüchen und/oder der Schriftvergleiche der Unterschriften abzeichnete.“ Was ist damit gemeint?

● Trifft es zu, dass Sie einer Kreistagsfraktion mehr Informationen als Wahlleiter gaben? Wenn ja, warum?

● Trifft es zu, dass Sie sich in diesen Fragen zu diesem Zeitpunkt mit dem Kreistagsmitglied Güssau ausgetauscht haben? Wenn ja, warum?

● Um welche Wahleinsprüche sollte es zu diesem Zeitpunkt gehen (außer Ihrem eigenen gab es doch gar keinen)?

Selbst in der eigenen Partei sorgt Wulfänger mit seinem neuesten Vorstoß für Verwunderung. „Das ist das gleiche Schema wie bei Güssau“, heißt es in der Spitze der Landes-CDU.