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Thriller Mord und Entführung: Neuer Fall für Island-Kommissar Ari

Der Polizist Ari Þór Arason steckt wegen eines Ebola-Falls im beschaulichen Siglufjörður fest, als ihn eine mysteriöse Geschichte aus der Vergangenheit einholt. "Blindes Eis" ist Jónassons dritter Island-Thriller.

Von Jan-Nikolas Picker, dpa 03.10.2017, 15:09

Hamburg (dpa) - Der abgelegene Fjord Héðinsfjörður im Nordosten Islands ist Schauplatz einer mysteriösen Familiengeschichte.

Auf dem einzigen Bauernhof weit und breit wagten in den 1950er Jahren zwei Schwestern mit ihren Ehemännern das Abenteuer, schotteten sich ab und lebten in Ruhe von der Landwirtschaft. Bis eine der Frauen stirbt und das Leben in der Einsamkeit ein abruptes Ende findet.

Eine Foto der Gruppe landet 60 Jahre später vor Ari Þór Arason, Polizist im nahegelegenen Siglufjörður. Darauf: Die beiden Paare und ein Baby in den Armen eines Unbekannten. Hédinn, das Kleinkind auf dem Bild, möchte nun Klarheit. Er glaubt nicht, dass seine Tante damals bei einem Unfall ums Leben kam und wendet sich an die Polizei. Aris Ermittlungensdrang kommt es gelegen, dass ein Ebola-Fall Siglufjörður unter Quarantäne stellt. So hat er Zeit, sich mit der Geschichte der Familie zu beschäftigen.

Bei seinen Nachforschungen, für die er mit der ehrgeizigen Journalistin Ísrún zusammenarbeitet, entdeckt er zahlreiche Ungereimtheiten. Ísrún ist parallel in Reykjavík mit einem Fall der Gegenwart beschäftigt: Es geht um Kindesentführung und Mord - Dinge, die auf Island definitiv nicht zum Tagesgeschäft gehören. Erst recht nicht, wenn die Regierung beteiligt zu sein scheint.

Wer bei tragischem Familiendrama, Kidnapping und einem Ebola-Fall im Norden Islands auf einen Thriller hofft - wie es auch das Cover verspricht - stellt das Buch nach etwas mehr als 300 Seiten etwas enttäuscht ins Regal. Ragnar Jónasson schafft es mit "Blindes Eis" zu selten, Spannung aufzubauen. Zuviel Vergangenheit hat Polizist Ari in dem Buch zu bewältigen. Für den Leser ist der Ausgang und die Dramatik der Familien-Story zwar interessant, Gänsehautmomente bleiben trotz düsterer und einsamer Kulisse leider aus.

Da hilft es auch nicht, dass in Reykjavík Nebenschauplätze eröffnet werden, die mit dem eigentlich Fall nichts zu tun haben. Auch die Quarantäne entlarvt sich als zusätzliches Element zu gekünstelt. Überzeugend und einfühlsam ist hingegen der ruhige und im Normalfall harmonische isländische Alltag beschrieben, in dem jeder jeden zu kennen scheint und sich jeder duzt, da es praktisch keine Familiennamen gibt.

Dieser Titel ist bereits der dritte Fall für Ari. Bevor Jónasson selbst zum Autor wurde, bestimmte Agatha Christie das Leben des 41-Jährigen, der in Reykjavík als Rechtsanwalt arbeitet - mehr als 15 Bücher hat er von ihr ins Isländische übersetzt.

Ragnar Jónasson: Blindes Eis. S. Fischer Verlag, Frankfurt, 336 Seiten, 10,99 Euro, ISBN 978-3-596-29752-8

Blindes Eis