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Rentner tödlich verbrüht: Anklage gegen Pflegerin erhoben

Er kann nicht einmal vor Schmerzen schreien: Ein gelähmter 79-Jähriger liegt hilflos in einer Wanne mit kochend heißem Wasser und stirbt später an schweren Verbrühungen. Jetzt ist in dem Fall Anklage erhoben worden. Patientenschützern geht das nicht weit genug.

12.10.2017, 15:01

Halle/Dortmund (dpa/sa) - Rund acht Monate nach dem Tod eines hilflosen Rentners durch Verbrühungen in einer Wanne hat die Staatsanwaltschaft Halle Anklage erhoben. Einer damaligen Pflegerin des 79-Jährigen, der in einem Heim lebte, wird fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen, wie Staatsanwalt Klaus Wiechmann am Donnerstag sagte. Zuvor hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet.

Nach bisherigen Erkenntnissen hatte es die Frau versäumt, beim Baden des Mannes in einer Wanne die Wassertemperatur mit einem Thermometer und mit der Hand zu prüfen. Beides sei vorgeschrieben. "Die Frau hat ihre Pflicht verletzt", sagte Wiechmann.

Patientenschützer begrüßten, dass der Fall überhaupt zur Anklage gebracht wurde. Zugleich wurden weitgehendere Konsequenzen in Deutschland gefordert. "Auf die Anklagebank gehört auch der Träger selbst", sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) der Deutschen Presse-Agentur. Es könne nicht sein, dass allein den Pflegekräften die Verantwortung für die Fürsorge- und Aufsichtspflicht auferlegt werde.

Der Mann war laut Staatsanwaltschaft nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt. Er habe auch nicht sprechen und somit um Hilfe rufen können. Der 79-Jährige erlitt Verbrühungen und wurde von dem Heim im Landkreis Mansfeld-Südharz in eine Spezialklinik nach Halle gebracht. Dort starb er sechs Tage später an seinen schweren Verletzungen.

Laut Wiechmann hat sich die damalige Pflegerin bisher nicht gegenüber den Ermittlern geäußert. Sie habe den Vorfall in der Wanne "unmittelbar selbst" der Pflegeleitung gemeldet. Die 50 Jahre alte Frau sei von Beruf Krankenschwester und habe viele Jahre als ausgebildete Pflegekraft gearbeitet.

Brysch forderte die Gesundheits- und Bauminister von Bund und Ländern auf, dafür zu sorgen, dass in den Pflegeheimen der Einbau eines sogenannten Verbrühschutzes in Badewannen und Waschbecken in Pflegeheimen - zusätzlich zum Thermometer und der Handprüfung der Temperatur des Wassers - zur Pflicht gemacht wird. "Jede Klempnerfirma ist dazu in der Lage, dies zu installieren."

Indes ist unklar, wann ein möglicher Prozess am Amtsgericht Sangerhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz) beginnt. Laut Paragraf 222 Strafgesetzbuch drohen der Pflegerin bei einer Verurteilung bis zu fünf Jahre Haft oder eine Geldstrafe.