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Fahrbericht Der Audi E-Tron S kämpft gegen Kräfte der Physik

Die PS-Branche mag gerade einen dramatischen Wandel durchmachen - doch die Lust auf Leistung ist ungebrochen. Auch bei den Elektroautos. Deshalb bringt Audi jetzt den E-Tron S, den ersten Stromer vom Werkstuner.

12.08.2020, 03:21
Audi AG
Audi AG Audi AG

Berlin (dpa-infocom) - Audi dreht die Regler auf und erhöht beim E-Tron die Spannung. Denn als erster Hersteller unterziehen die Bayern ihr elektrisches SUV jetzt einem Werkstuning und bringen den Geländewagen samt dem Coupé-Ableger Sportback im Herbst auch als S-Modell in den Handel.

Der Preis für das auch optisch ein wenig aufgedonnerte SUV klettert dafür um rund 10.000 Euro auf 93.800 Euro für den E-Tron mit aufrechtem Heck und 96.050 Euro für den Stromer mit schrägem Abschluss.

Mehr Auto für viel mehr Geld

Für den Aufpreis gibt es aber auch jede Menge mehr Auto. Die Leistung steigt von 300 kW/408 PS auf durchgängig 320 kW/435 PS und gipfelt im Boost-Modus beim Kickdown für acht Sekunden bei 370 KW/503 PS. Weil der Antrieb dann bis zu 973 Nm entwickelt, fallen selbst die 2,6 Tonnen kaum ins Gewicht. Als hätte jemand von Normal- auf Starkstrom umgestellt, schießt der Koloss davon: Beim Sprint von 0 auf 100 km/h in 4,5 Sekunden nimmt er dem normalen Modell mehr als eine Sekunde ab. Und weil Audi erst bei 210 km/h den Stecker zieht, erzielt er im besten Fall pro Stunde einen Vorsprung von 30 Kilometern. Damit reicht der E-Tron zwar noch nicht an den Porsche Taycan und die schnellen Tesla-Modelle heran, lässt aber einige Konkurrenten wie den Mercedes EQ C hinter sich.

Es ist gar nicht so sehr die sogenannte Längsdynamik, die den Unterschied macht. Und auch nicht die nachgeschärfte Lenkung und das straffere Fahrwerk. Denn Audi hat nicht einfach nur an der Leistungsschraube gedreht, sondern den Antrieb komplett umgekrempelt und hinten zum ersten Mal zwei Motoren installiert. Sie haben keine mechanische Verbindung und können so angesteuert werden, dass deutliche Unterschiede zwischen der kurveninneren und -äußeren Seite entstehen. Während das innere Rad abgebremst wird, kann der E-Tron das äußere beschleunigen und kommt damit noch schneller ums Eck: Wie die Wagen auf einer Achterbahn reißt es ihn um die Kurve, und spätestens dann weiß man auch, warum beim S-Modell die Sportsitze Standard sind.

Leistung stößt an Grenzen der Physik

Doch weil auch die ausgefuchsteste Elektronik und die schnellsten Prozessoren das große Gewicht des E-Tron nicht kleinrechnen können, drängt der Wagen mit einer Masse von 2,6 Tonnen irgendwann unweigerlich nach außen. Dann lassen nicht nur die 285 Millimeter Reifen auf den imposanten 22 Zöllnern von sich hören, auch die Stabilitätskontrolle hat alle Mühe, den physikalischen Kräften entgegenzuwirken. Außerdem müssen diese 2,6 Tonnen erst einmal in Bewegung gebracht werden. Dummerweise braucht das mit zunehmenden Elan auch mehr Energie und die brutto 96 kWh des Akkus schmelzen schneller dahin als bei jedem anderen elektrischen Audi. Die versprochenen 365 Kilometer sind deshalb nur schwer zu erreichen.

Ja, die Entwickler haben auch an der Aerodynamik gefeilt. Die auf jeder Seite um gute zwei Zentimeter breiteren Kotflügel oder die neuen Schürzen dienen somit nicht nur dem Imponiergehabe. Und die etwas reduzierte Bodenfreiheit hilft natürlich auch. Aber allein der dritte Motor mit seinen 50 Kilo Mehrgewicht macht die Bemühungen zunichte. Was man auf der Strecke womöglich an Zeit gewinnt, büßt man an der Ladesäule deshalb zum Teil wieder ein. Jedoch ist der E-Tron auch im Stand von der schnellen Truppe und zapft den Gleichstrom an öffentlichen Säulen mit bis zu 150 kW. Deshalb reichen im besten Fall 30 Minuten für einen Reload von 5 auf 80 Prozent.

Fazit: Extrapower hat ihren Preis

Rasend schnell und trotz imposanter Maße ein König der Kurven: Klar ist der E-Tron S mit seinem dreimotorigen Quattro-Konzept ein Auto, das Spaß macht. Aber vernünftig geht anders. Zum einen ist der hohe Preis Abwägungssache. Zum anderen könnte das Verhältnis von Gewicht, Leistung und Stromverbrauch besser sein. Immerhin verursacht der E-Tron S anders als die hubraumstarken Benziner der übrigen S-Modelle keinen Schadstoffausstoß - zumindest nicht während der Fahrt.

Datenblatt: Audi E-Tron S Sportback

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

© dpa-infocom, dpa:200720-99-857243/11

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