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Frauen auf dem Arbeitsmarkt: Was bringen Quoten?

07.03.2012, 15:25

Frankfurt/Wiesbaden - Frauen und Männer sind auf dem Arbeitsmarkt ungleich verteilt. An vielen Stellen gibt es zu wenige Frauen - gerade in Führungsetagen. In anderen Bereichen sind es zu viele - zum Beispiel in Kindergärten. Können Quoten die Schieflagen beheben?

Pünktlich zum Internationalen Frauentag (8. März) wird wieder diskutiert: über zu wenige Frauen in Führungsetagen und zu viele Frauen in oftmals schlecht bezahlten sozialen Berufen. Das Statistische Bundesamt hat Zahlen dazu, etwa aus den Krankenhäusern: Beim Pflegepersonal betrug der Frauenanteil 2010 satte 86 Prozent.

"Die meisten Frauen finden sich immer noch in Berufen mit den schlechtesten Verdienstmöglichkeiten, den schlechtesten Arbeitsbedingungen und den schlechtesten Aufstiegsmöglichkeiten", sagt Margit Göttert, wissenschaftliche Koordinatorin des Gender- und Frauenforschungszentrums der hessischen Hochschulen. Das Statistische Bundesamt bestätigt: Bei sozialen Berufen - egal ob Kindergarten, Jugendhilfe oder Altenheim - beträgt der Frauenanteil 84 Prozent.

Auch am anderen Ende der Einkommensskala sind die Geschlechter ungleich verteilt - nur andersherum: In Deutschland sind nicht einmal 4 von 100 Vorstandsposten mit Frauen besetzt, wie aus einem OECD-Bericht hervorgeht. Im europäischen Durchschnitt sind es immerhin etwa zehn Prozent, im Gleichberechtigungs-Musterland Norwegen liegt der Anteil sogar bei 42 Prozent.

Nirgendwo in Europa sind die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern so stark ausgeprägt wie hierzulande - eine Frau in einem Ganztagsjob verdiente 2009 im Schnitt 22 Prozent weniger als der Mann am Schreibtisch nebenan, wie die OECD betont.

Angesicht solcher Zahlen wird nun wieder verstärkt über Quotenregelungen diskutiert. Der jüngste Vorstoß kommt aus Brüssel: Grundrechte-Kommissarin Viviane Reding plant eine europaweite Gesetzesvorgabe, um mehr Frauen den Weg ins Top-Management zu ebnen.

Dass zwei deutsche Spitzenpolitikerinnen - beides Frauen und sogar mit dem gleichem Parteibuch - bei diesem Thema überkreuz liegen, zeigt, wie gespalten die Gesellschaft ist. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hält eine gesetzliche Quote für "problematisch", "ordnungspolitisch falsch und verfassungsrechtlich bedenklich". Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hingegen betont: "Es gibt handfeste betriebswirtschaftliche Gründe für einen angemessenen Anteil an Frauen in Führungspositionen."

Überall, "wo es um Macht und Geld und Einfluss geht", könnte eine Quote durchaus sinnvoll sein, sagt die Frankfurter Wissenschaftlerin Göttert. "Es ist ja nicht so, dass es keine qualifizierten Frauen gibt, sie schaffen es nur nicht bis nach oben." Anders verhalte es sich im umgekehrten Fall. Eine Quote, um mehr Männer etwa in soziale Berufe zu bringen, fände sie nicht zielführend: "Das wird erst gelingen, wenn diese Berufe besser angesehen und besser bezahlt werden."

In manchen Berufen werden Frauen selbst aktiv. Journalistinnen kämpfen für eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent in deutschen Medien. Nur zwei Prozent aller Zeitungs-Chefredakteure seien Frauen, und nur 3 von 13 Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Initiative "Pro Quote", von 350 Journalistinnen gestartet, fand in der ersten Woche bereits 1700 neue Unterstützer.


Frauen im NachteilFrauen sind im Arbeitsleben gegenüber Männern weiterhin stark benachteiligt - und das nicht nur beim Einkommen. Nach den Ergebnissen des neuesten Frauenlohnspiegels liegt der monatliche Bruttoverdienst von Frauen im Schnitt rund 21 Prozent unter dem der Männer. Ferner sind ihre Aufstiegschancen schlechter und sie haben auch bei Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld gegenüber Männern das Nachsehen, teilte das WSI-Tarifarchiv in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf mit.

Die wichtigsten Gründe für den Einkommensabstand sieht das WSI darin, dass Frauen vielfach in Wirtschaftszweigen mit schlechter Bezahlung und in Teilzeit arbeiteten. Außerdem seien sie in Leitungs- und Führungspositionen oft unterrepräsentiert. "Zum Teil werden Frauen schlechter bezahlt, weil sie Frauen sind", resümierte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Reinhard Bispinck, die Ergebnisse.

Der Frauenlohnspiegel, der vom WSI-Tarifarchiv betreut wird, basiert auf Angaben von 22 000 Frauen und Männern in einer Online-Umfrage. Er bietet einen Lohn- und Gehaltscheck zu rund 300 Berufen. Die Daten seien zwar nicht repräsentativ, stellten aber eine zuverlässige Orientierungsgröße dar, betonte das WSI.