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Wie wirke ich auf andere? Im Pferdetraining Teamarbeit lernen

Zu dominant, zu zögerlich, nicht bei der Sache: Im Umgang mit Pferden können Menschen einiges über sich und ihre Ausstrahlung auf andere lernen. Vielen hilft das auch im Berufsleben weiter - zum Beispiel in Sachen Teamführung.

Von Jeannette Hix, dpa 08.04.2019, 17:01

Berlin (dpa/tmn) - Die Nüstern tief im Heu vergraben, futtern die acht Hengste genüsslich und schnauben zufrieden. Vor ihnen im Offenstall sitzen fünf Menschen und lauschen mit geschlossenen Augen den Geräuschen rundherum.

Diese Leute verbindet eines: Sie haben beruflich mit anderen Menschen zu tun. Mit Hilfe der Pferde wollen sie erfahren, wie sie auf Leute in ihrem Umkreis wirken. Auf der Stutenmilchfarm Grüne Oase in Bredow bei Berlin haben sie den halbtägigen Workshop "Meditation und Teamtraining" gebucht. Ebenfalls als Teilnehmer anwesend: Speziell ausgebildete Hengste.

Pferde spiegeln Verhalten

"Hengste sind sehr soziale Wesen mit hochsensiblen Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen", sagt Pferdewirtin Elvira Hagen, die Geschäftsführerin der Farm ist. "Die Pferde spiegeln das Verhalten des Menschen wider, der mit ihnen zusammen ist. Wer zu dominant ist, den werden sie meiden oder sich widersetzen. Wer zu zaghaft ist, den werden sie ignorieren. Ziel meiner Arbeit ist, gezeigte Verhaltensmuster mit den Kursteilnehmern aufzuarbeiten", sagt sie.

Pferde werden vielfach in Therapien oder Trainings eingesetzt. Die Wirkung wissenschaftlich zu belegen, ist schwierig und bisher wenig erforscht. Studien zeigen aber die besondere Beziehung von Pferd und Mensch. So fand ein japanisches Forscherteam 2018 heraus, dass Pferde Informationen wie die Körpersprache und den Gesichtsausdruck von fremden Spezies wie Menschen wohl in Sekunden analysieren können. Nur wenn Pferde auf minimale Signale reagieren, können sie Rangeleien untereinander vermeiden und damit einer potenziellen Verletzungsgefahr vorbeugen. Sich zu verletzen, wäre für die Fluchttiere tödlich.

Fokussierung auf die eigenen Ziele

Unter den fünf Kursteilnehmern auf der Pferdefarm in Bredow ist zum Beispiel die Psychologin Dr. Annegrit Kahle aus Brieselang. Sie nehme am Kurs teil, um ein Feedback ihrer Präsenz und Ausstrahlung zu bekommen, wenn sie mit Patienten arbeitet, erzählt sie.

Nach einer Meditation und einem Einführungsgespräch beginnt dort die eigentliche Arbeit am Pferd. Annegrit Kahle soll Hengst Enki an Halfter und Strick führen. Doch statt zu folgen, bleibt das Tier erstmal wie angewurzelt stehen und mustert die Person am anderen Ende des Führstricks skeptisch. Elvira Hagen erklärt: "Er spürt, dass der Mensch unsicher ist, kein Ziel hat, wo der Weg hinführen soll."

Annegrit Kahle strafft sich, schaut zielgerichtet in eine Ecke und läuft los. Und diese Zielstrebigkeit scheint nun auch Enki zu spüren. Bereitwillig folgt der Hengst Annegrit Kahle. "Ich hatte mich anfangs statt auf mich und das Pferd auf die anderen Kursteilnehmer konzentriert, wollte mich nicht blamieren. Erst, als ich mich auf mich fokussiert und mich innerlich auf mein Ziel ausgerichtet habe, ist mir der Hengst gefolgt. Diese Achtsamkeit und Bewusstheit ist auch für meine Arbeit unersetzlich", sagt die Psychologin.

Mit Empathie zum Ziel

Business-Fotografin Hannelore Schild-Vogel bildet mit dem Hengst ein gutes Team. "Ich arbeite viel mit Firmen zusammen, aber auch mit Menschen mit Handicap. Ich sehe, dass auch bei der Arbeit mit Pferden Empathie zum Ziel führt", sagt sie über ihren Lernerfolg aus dem Training.

Die Spiegelrolle der Pferde, sie scheint bei den Teilnehmern anzukommen. "Vielen Menschen ist oft nicht bewusst, dass sie unbewusst Druck ausüben, angespannt, ungeduldig oder respektlos sind", erklärt der Diplom-Psychologe Sebastian Bartoschek aus Herne das Phänomen. Wenn Menschen untereinander Kritik üben, würden sie dazu neigen, Gegenargumente darzulegen und sich zu rechtfertigen. Tiere wie Pferde oder Delfine aber ließen sich nicht mit Worten manipulieren, sondern würden auf Signale und die Körpersprache achten. "Menschen können so erfahren, wie sie auf andere wirken", so der Psychologe.

Stutenmilchfarm Grüne Oase GmbH

Ärzteblatt zur Spiegelfunktion von Pferden

Cross-modal perception of human emotion in domestic horses (Studie in Englisch)

Pferdewirtin und Naturheilpraktikerin Elvira Hagen betreibt eine eigene Pferdefarm. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Pferdewirtin und Naturheilpraktikerin Elvira Hagen betreibt eine eigene Pferdefarm. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Das kommt den Teilnehmern eines Teamtrainings auf einer Pferdefarm in Bredow zugute. Sie lernen dadurch, wie sie auf andere wirken. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Das kommt den Teilnehmern eines Teamtrainings auf einer Pferdefarm in Bredow zugute. Sie lernen dadurch, wie sie auf andere wirken. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Elvira Hagen (in rot), Geschäftsführerin einer Pferdefarm in Bredow bei Berlin, führt die Teilnehmer eines Teamtrainings durch eine Gruppenmeditation. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Elvira Hagen (in rot), Geschäftsführerin einer Pferdefarm in Bredow bei Berlin, führt die Teilnehmer eines Teamtrainings durch eine Gruppenmeditation. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Pferdewirtin und Naturheilpraktikerin Elvira Hagen führt den Hengst Enki zu den Teilnehmern. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Pferdewirtin und Naturheilpraktikerin Elvira Hagen führt den Hengst Enki zu den Teilnehmern. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Erste Kontaktaufnahme zwischen Mensch und Tier: Die Teilnehmer eines Teambuilding-Kurses auf einer Pferdefarm in Bredow nähern sich ihren Trainingspartnern an. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Erste Kontaktaufnahme zwischen Mensch und Tier: Die Teilnehmer eines Teambuilding-Kurses auf einer Pferdefarm in Bredow nähern sich ihren Trainingspartnern an. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
In einem speziellen Teamtraining hat Teilnehmerin Ramona Landgraf gelernt, dass ihr der Hengst erst folgt, wenn sie sich ganz auf das Tier fokussiert. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
In einem speziellen Teamtraining hat Teilnehmerin Ramona Landgraf gelernt, dass ihr der Hengst erst folgt, wenn sie sich ganz auf das Tier fokussiert. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Hengst Enki hilft regelmäßig denen, die viel mit Menschen zu tun haben. An seinen Reaktionen können Kursteilnehmer ablesen, ob sie zu dominant oder zu zögerlich sind. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Hengst Enki hilft regelmäßig denen, die viel mit Menschen zu tun haben. An seinen Reaktionen können Kursteilnehmer ablesen, ob sie zu dominant oder zu zögerlich sind. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Hengst Enki folgt Kursteilnehmerin Ramona Landgraf nur, wenn sie auf ihr Ziel fokussiert ist und keinen Druck aufbaut. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Hengst Enki folgt Kursteilnehmerin Ramona Landgraf nur, wenn sie auf ihr Ziel fokussiert ist und keinen Druck aufbaut. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Hengst Enki und die ehemalige Personalsachbearbeiterin Ramona Landgraf bilden ein gutes Team. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Hengst Enki und die ehemalige Personalsachbearbeiterin Ramona Landgraf bilden ein gutes Team. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Pferde sind gute Trainingspartner, wenn es um die eigene Außenwirkung geht: Die Naturheilpraktikerin und Pferdewirtin Elvira Hagen bietet entsprechende Kurse an. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Pferde sind gute Trainingspartner, wenn es um die eigene Außenwirkung geht: Die Naturheilpraktikerin und Pferdewirtin Elvira Hagen bietet entsprechende Kurse an. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn
Ein Erfolgserlebnis für Ramona Landgraf, die auf einer Pferdefarm an einem Teamtrainingskurs teilnimmt. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
Ein Erfolgserlebnis für Ramona Landgraf, die auf einer Pferdefarm an einem Teamtrainingskurs teilnimmt. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
dpa-tmn