1. Startseite
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Weg frei für Demografiekonzept

Calbe Weg frei für Demografiekonzept

Ein wissenschaftlich begleitetes Demografiekonzept sowie die Erhöhung der Grundsteuern haben Calbes Stadträte auf den Weg gebracht.

Von Andreas Pinkert 11.06.2015, 00:00

Calbe l Schon jetzt bekommt Calbe die Auswirkungen einer zahlenmäßig sinkenden und immer älter werdenden Bevölkerung zu spüren. Dass die Saalestadt mit ihren beiden Ortsteilen gut für den demografischen Wandel gerüstet sein muss, ist unter den Stadträten unbestritten. Auch, dass dafür ein gutes Konzept notwendig ist. Nur wie solch ein Konzept letztendlich aussehen, wer es erstellen und bezahlen sollte, darüber gab es während der Stadtratssitzung gegensätzliche Positionen.

Grundlage eines solchen Demografiekonzeptes sei die Betrachtung der vergangenen Entwicklung und eine Bestandsanalyse, heißt es in der Beschlussvorlage. Unter Aspekten wie Betreuung, Bildung, Wirtschaftsförderung, Verkehr oder medizinische Infrastruktur soll zudem die zukünftige Bevölkerungsentwicklung in Calbe betrachtet werden. Aus diesen Erkenntnissen müsse die Saalestadt dann maßgeschneiderte Maßnahmen entwickeln und umsetzen.

Das Land fördert durch eine entsprechende Richtlinie das rund 45 000 Euro umfassende Vorhaben zu 80 Prozent, die Stadt hat einen Eigenanteil von rund 10 000 Euro zu stemmen. Der städtische Anteil solle wiederum über ein weiteres Bundesprogramm gestemmt werden, erklärte Bürgermeister Sven Hause, der wie in den vorberatenden Gremien auch im Stadtrat nochmals deutlich für eine Antragstellung warb. „Hinter dem Konzept verbirgt sich von Oktober 2015 bis Dezember 2016 ein wissenschaftlich moderierter Prozess, bei dem unterschiedliche Szenarien entwickelt werden“, sagte Hause.

„Es ist unbestritten, dass für den demografischen Wandel ein gutes Konzept erforderlich ist, aber nicht für 45 000 Euro, egal, wer es letztendlich bezahlt. Das liegt originär in der Zuständigkeit der Stadt“, leitete Fraktionsvorsitzender Alexander Berlin (CDU/FDP) seine Kritik am Vorhaben ein. Die Stadt verfüge bereits über ein eigenes fortgeschriebenes Stadtentwicklungskonzept, in dem Ist-Zustände und Potenziale für die Zukunft aufgezeigt würden. Fraktionskollege Frank Wilhelm pflichtete bei: „Ein solches Konzept gibt es doch schon längst als Arbeitsgrundlage. Was soll jetzt für die Stadt eigentlich herauskommen? Ich wehre mich dagegen, weiteres unnützes Papier beschreiben zu lassen.“ Obwohl in der gleichen Fraktion, widersprach Georg Hamm und verwies als Vorsitzender auf das einstimmige Votum des Finanzausschusses für ein Demografiekonzept, da der städtische Haushalt nicht belastet werde.

Sven Hause: „Ein derartiges Konzept muss wissenschaftlich fundiert sein, um als Grundlage weiterer Antragstellungen zu dienen. Das können wir im Haus nicht leisten. Dennoch wird es natürlich unter meiner Federführung bleiben.“

Wie Ulrich Wurbs (ALC/SPD) drückt auch Fraktionsvorsitzender Mario Kannegießer seine Hoffnungen für den Erfolg bei der Stadtentwicklung aus. „Es muss ein Wegweiser für die Zukunft sein, denn schlimmer kann es in Calbe nicht werden. Wir müssen den Hebel jetzt herumreißen.“

Mit elf Ja-Stimmen votierten die Räte bei fünf Nein-Stimmen und drei Enthaltungen schließlich mehrheitlich für eine Antragstellung.

Angesichts einer prekären städtischen Finanzsituation herrschte auch bei der Erhöhung der Steuerhebesätze großer Diskussionsbedarf. Dieser Schritt wurde notwendig, da die Saalestadt dringend auf Liquiditätshilfe vom Land angewiesen ist um finanziell handlungsfähig zu bleiben. Ein am 1. Juni veröffentlichter Runderlass des Landesfinanzministeriums halbiert nun plötzlich die Anforderungen für eine Gewährung der Hilfszahlungen. Demnach muss die Stadt die Grundsteuer A „nur“ noch um 58 auf 363 Prozent und die Grundsteuer B um 17 auf 411 Prozent erhöhen. Damit halbieren sich auch die geschätzten Mehreinnahmen der Stadt auf 102 000 Euro. Während Georg Hamm erneut das einstimmige Votum des Finanzausschusses für die notwendige Steuererhöhung darlegte, kritisierte Alexander Berlin (beide CDU/FDP) diesen Schritt: „Die Gewährung von Liquiditätshilfe ist an viele weitere Bedingungen geknüpft.“ Kämmerin Burglind Fedtke: „Die fehlenden Mehreinnahmen aus diesem Bereich müssten wir anderweitig kompensieren. Und das ist bekanntlich sehr schwer.“ Frank Wilhelm blieb bei seiner Meinung: „Wir entscheiden in einem von vielen Voraussetzungen über Geld, das andere erst einmal verdienen müssen ohne eine Garantie für Liquiditätshilfe zu bekommen“.

Die Räte votierten mit 11 Ja-, fünf Nein- und zwei Enthaltungsstimmen. Alexander Berlin enthielt sich komplett der Stimmabgabe. Fazit: Die Steuererhöhung für alle Grundstückseigentümer kommt rückwirkend zum 1. Januar 2015.