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Coronavirus Ideen gegen das Umsatzloch

Seit Mittwoch müssen bestimmte Einzelhandelsbetriebe geschlossen werden. Wie sieht es in Salzwedel aus?

19.03.2020, 02:00

Salzwedel l Optimismus wird belohnt. Das gilt auch im Falle des Salzwedeler Buchhändlers Rainer Neitzel. Wie berichtet, nimmt die „Eindämmungsverordnung“ zur Begrenzung des Coronavirus, in ihrer aktuellen Fassung, auch Buchhandlungen und Zeitungsgeschäfte von Zwangs-Schließungen aus. Aber nicht alle Unternehmer in der Hansestadt haben Anlass, gelassen in die Zukunft zu blicken. 

„Wir müssen das aushalten“, sagt Jost Fischer, Vorsitzender der Salzwedeler Werbegemeinschaft, am Mittwochmorgen im Gespräch mit der Volksstimme. Gemeint ist die Ungewissheit, mit der die meisten Einzelhändler derzeit in die Zukunft blicken. Immer noch aber sei die Situation nicht ganz klar, sagt Fischer. Das sei die Zusammenfassung zahlreicher Gespräche unter den Einzelhändlern, im Blick auf die Verbotsregelungen der Landesregierung.

„Für mich sind die Vorgaben nicht klar genug“, meint der Werbegemeinschaftschef. So wisse er von Geschäften, die versuchen, die Öffnungsverbote zu umgehen, zum Beispiel, indem sie kleinere Mengen Tiernahrung verkaufen. „Jeder versucht, sein Schlupfloch zu finden“, sagt Fischer. Diejenigen Unternehmer aber, die ihr Ladengeschäft wirklich abschließen müssen, plagen Sorgen vor der Zukunft: „Wohin mit den Arbeitskräften“, zitiert Fischer die Sorgen vieler Mitglieder der Werbegemeinschaft.

Jost Fischer selber kommt aus der Gerüstbauer-Branche, kennt sich mit den Regelungen zur Kurzarbeit gut aus. „Doch viele unserer Leute“, gemeint sind die Mitglieder der Werbegemeinschaft, „haben damit noch nie etwas zu tun gehabt.“ Fischer hofft nun, dass die Versprechen der Bundesregierung, in dieser Notlage schnell zu helfen, auch eingehalten werden - vor allem unbürokratisch. „Nicht, dass das wieder eine Antragsflut gibt“, sagt er, denn man könne beobachten, dass sich „die Ämter etwas eingeigelt haben“. Unterstützung erhofft sich der Vorsitzende der Werbegemeinschaft künftig auch von der Industrie- und Handelskammer.

Jost Fischer gibt zudem bekannt, dass weitere Veranstaltungen der Salzwedeler Einzelhändler abgesagt wurden. Beispiele seien die Jahreshauptversammlung der Werbegemeinschaft in der kommenden Woche sowie der Hopfenmark und der Salzwedeler Radrenntag „Hölle des Ostens“. Über weitere Absagen müsse unter den Mitgliedern beraten werden. „Auch das ist eine Herausforderung für uns: „Wie kommunizieren wir nun miteinander“, fragt Fischer, und bedauert, dass für den Austausch der Mitglieder untereinander zunächst nur Telefon und E-Mail bleiben.

Im Vorteil scheinen derzeit Unternehmer zu sein, deren Geschäft es erlaubt, Waren und Dienstleistungen über das Internet anzubieten. Gegenüber der Volksstimme hatte der Inhaber der Buchhandlung „Leseland“, in der Salzwedeler Fußgängerzone, auf das virtuelle Bücherregal verwiesen, das sein Unternehmen im Internet unterhält: Kleine und große Leseratten haben dort die Möglichkeit, Lieblingsschmöker und Fachliteratur online zu bestellen. Das Lesefutter werde bequem vor die Haustür geliefert, sagte Rainer Neitzel.

Positiv bewertet Neitzel den Schwerpunkt seines Angebotes bei Büchern aus der Region. „Erzählungen und Bildbände über die Altmark gehören weiter zu den beliebten Geschenken für Menschen, die es von hier in alle Welt verschlagen hat“, sagt der Buchhändler. Auch Touristen, die einen Besuch in der Altmark planen, könnten sich, trotz Corona, im Internet über Reiseführer und Landkarten informieren.

Ebenfalls im Internet vertreten ist der „Spunk Shop“ von Silona Klopp. Online und in ihrem Ladengeschäft, am Eingang zur Salzwedeler Burgstraße, bietet die Unternehmerin ihren Kunden rund 2000 Artikel.

„Wir haben alles, was mir selber gefällt“, sagt Klopp und packt, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen, Schals, Kleidungsstücke und allerlei Kleinigkeiten in ungezählte Kartons, die sich im hinteren Teil des Ladens stapeln. Eben wartet sie auf den Fahrer eines Paketdienstes: „Wir müssen noch besprechen, wann die bestellte Ware abgeholt, und Neuzugänge geliefert werden“, sagt sie. Dann sei alles geregelt, was es zu Zeiten der Corona-Krise zu regeln gibt.

Dass der Umsatz aus dem Onlinegeschäft reicht, um die Miete und laufende Kosten zu zahlen“, bestätigt die Unternehmerin auf Nachfrage. Ein Schwerpunkt der Einnahmen aus dem Internet sei aber nicht auszumachen. „Die ‚starken Monate‘ liegen meist am Jahresanfang“, sagt sie: „Wenn vor der benachbarten Eisdiele die Leckermäuler Schlange stehen, mache sich das auch im Laden bemerkbar.

Zwischen „Bestellwahnsinn“ und „Packerei“ verbringen die Mitarbeitenden vom „Grünland“-Bioladen, in der Salzwedeler Chüdenallee, derzeit ihre Arbeitstage, sagt Geschäftsführer Felix Neumann. Über das Internet und telefonisch bestellen Kunden aus dem Altmarkkreis sogenannten Biokisten. Diese enthalten, neben Bio-Milch, Fleisch, Obst und Gemüse, nachhaltig hergestellte Produkte des täglichen Bedarfs. Geliefert werde von eigenen Fahrern und die Nachfrage steigt.

„Der Coronavirus scheint dazu beizutragen, den Menschen die Augen zu öffnen“, sagt Neumann. Einen Teil seines Erfolges begründet der Unternehmer mit „überschaubaren Kreisläufen zwischen Lieferanten in der Region“. Gesucht werden derzeit Fahrer und Helfer beim Packen der Biokisten. „Unser Tag beginnt um fünf Uhr“, sagt Neumann. Langeweile sei keine in Sicht.