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Gerichtsprozess Ex-Freund gesteht Säure-Attacke

Am Anfang war es die große Liebe. Jetzt steht ein 32-Jähriger in Hannover vor Gericht, weil er seine Freundin mit Säure verätzt hat.

05.08.2016, 23:01

Hannover (dpa) l Zuerst erzählt die junge Frau im Zeugenstand von der Zeit, als sie sich noch liebten. „Das war für mich eine Bilderbuchbeziehung“, sagt die 27-Jährige. „Er war ein Traummann, er kam mit Frühstück ans Bett.“ Dann häuften sich Streit und Spannungen mit dem 32-Jährigen, der am Freitag wegen versuchten Mordes im Landgericht Hannover auf der Anklagebank sitzt. Es geht um einen unfassbaren Säureangriff auf die zierliche Frau, den der Angeklagte gleich zu Prozessbeginn gesteht. Mit der Attacke habe er ihren schlechten Charakter auf ihr Äußeres übertragen wollen, meint er. „Ich dachte, ich muss sie irgendwie hässlich machen.“

Die 27-jährige Kosmetikerin ist schwer entstellt und knöpft die Bluse ein wenig auf, um dem Richter zu zeigen, wie weit der alles verätzende Rohrreiniger geflossen ist. Sie berichtet von ihren nächtlichen Alpträumen: „Da steht wieder einer und will mir was tun. Ich wache von meinen eigenen Schreien auf“, sagt sie. Erschütternde Verletzungen listet sie auf: Nach der Attacke Mitte Februar ist ihr linkes Ohr fast weggeätzt, ein Auge hat nur noch zehn Prozent Sehkraft, die Augenbrauen sind weg, ein Nasenloch zu.

Eifersucht sei nicht der Auslöser gewesen, betont der 32 Jahre alte Fitnesstrainer in seinem Geständnis. Auch er schildert einen Traumstart in die Beziehung, schon bald aber habe die Frau ihn herumkommandiert. Kontakte des Angeklagten zu weiteren Frauen, das sagen beide, belasten das Verhältnis. Es kommt zu Beleidigungen über soziale Medien. Am Ende eskaliert offensichtlich die Situation: Sie zeigt ihn wegen Stalking und Gewalt an, er fühlt sich vor seinen Eltern zu Unrecht an den Pranger gestellt und will sie zur Klarstellung zwingen.

„Ich habe gegoogelt, was verletzt“, schildert der Angeklagte die Vorbereitung des Anschlags. „Ich habe dann irgendwann was gefunden, diese Rohrgranate.“ Das Indus­trieprodukt mit 96-prozentiger Schwefelsäure füllt er in ein Glas ab und lauert der Freundin vor ihrer Wohnung auf. Nach einem kurzen Wortwechsel kippt er ihr die Flüssigkeit ins Gesicht. „Er hat mir nicht geholfen, er ist weggerannt“, schildert das Opfer unter Tränen. „Als ich aus dem Koma erwachte, war die erste Frage an meinen Vater: Warum?“, erzählt die junge Frau. Eine schlüssige Antwort darauf bleibt der Angeklagte schuldig.