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  7. Verbraucherzentrale Hamburg: Mogelpackung des Jahres vergeben

shrinkflation / Schrumpflation Weniger Inhalt, aber höherer Preis: Das ist die Mogelpackung des Jahres 

Die Shrinkflation oder Schrumpflation schreitet in Deutschland weiter voran: Kunden bezahlen mehr Geld für weniger Inhalt. Die Verbraucherzentrale Hamburg vergibt dafür jedes Jahr den Preis "Mogelpackung des Jahres". Das sind die "Gewinner".

Von Arne Birger Jeske Aktualisiert: 23.01.2024, 16:28
Im Sinne der Schrumpflation: Der Preis "Mogelpackung des Jahres" geht für das Jahr 2023 an die "Tuc Bake Rolls" von Mondelez.
Im Sinne der Schrumpflation: Der Preis "Mogelpackung des Jahres" geht für das Jahr 2023 an die "Tuc Bake Rolls" von Mondelez. Symbolbild: IMAGO / Martin Wagner

Halle (Saale)/Magdeburg/DUR. - In deutschen Supermarktregalen breitet sich ein bekanntes Phänomen immer weiter aus: weniger Produktinhalt bei gleicher Verpackungsgröße und erhöhtem Preis. Dies ist die sogenannte Shrinkflation, im Deutschen auch als Schrumpflation bekannt.

Diese Betrugsmasche bemerken immer mehr Menschen nach dem Einkauf. Sie teilen ihren Unmut unter anderem online oder beschweren sich bei den Verbraucherzentralen. Deswegen vergibt die Verbraucherzentrale Hamburg jährlich den Negativ-Preis "Mogelpackung des Jahres".

Verbraucherzentrale kürt jährlich die "Mogelpackung des Jahres"

Um die Shrinkflation sichtbar zu machen, vergibt sie Hamburg bereits seit 2018 diese "Auszeichnung". Denn auch die Verbraucherzentrale musste in den vergangenen Jahren einen massiven Anstieg der Shrinkflation feststellen: "Bis zum Ende des Jahres 2023 wurden 104 Produkte in unsere Mogelpackungsliste aufgenommen. 2022 waren es mit 76 deutlich weniger und 2021 sogar nur 47."

Für das Jahr 2023 waren folgende Mogelpackungen nominiert:

  • "Yoghurt-Gums" von Katjes
  • "Tuc Bake Rolls Meersalz" von Mondelez
  • "Oreo Stieleis" von Froneri
  • "Chocolat Amandes Vollmilch" von Aldi
  • "Listerine Total Care" von Johnson & Johnson

"Tuc Bake Rolls" wird zur "Mogelpackung des Jahres 2023" gekürt

Trotz der harten Konkurrenz an Mogelpackungen konnte es nur einen Gewinner geben. Für das Jahr 2023 wurden die "Tuc Bake Rolls" von Mondelez als Mogelpackung des Jahres ausgezeichnet. Insgesamt 54,7 Prozent aller Verbraucher wählten das Produkt aus. Der Grund hierfür war offensichtlich, gab Verbraucherzentrale bekannt.

Das Produkt, welches einst unter dem Namen "7days" verkauft wurde, läuft seit 2023 unter dem Markennamen Tuc. Doch dabei haben die "Tuc Bake Rolls" von Mondelez eine Preissteigerung von 127 Prozent erfahren. Der Verkaufspreis stieg von 1,39 Euro auf 1,89 Euro. Gleichzeitig sank aber der Inhalt von 250 auf 150 Gramm.

Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg erklärt dazu: "Mit diesem dreisten Marketingtrick führt der Milliardenkonzern Mondelez seine Kundinnen und Kunden an der Nase herum und schröpft sie nach allen Regeln der Kunst."

Verbraucherzentrale rät zur Wachsamkeit

Auf der Homepage der Verbraucherzentrale wird den Kunden von großen Supermarktketten zur Wachsamkeit geraten. Vor allem, wenn Hersteller eine neue Rezeptur oder verbesserte Größe ankündigen, kann man stark von Shrinkflation-Mogelpackungen ausgehen. Hier gilt es bei Produkten vor allem die Gewichtsangaben zu beachten, rät die Verbraucherzentrale unter anderem.

Vereinzelte Supermärkte stellen auch Warnschilder auf, die auf die Shrinkflation hinweisen. Vorreiter für die deutschen Supermärkte ist hier Frankreich, wo die Märkte ihre Kunden schon länger vor Mogelpackungen warnen.

Aus Shrinkflation wird im Deutschen Schrumpflation

Shrinkflation: Der Begriff kommt aus dem Englischen und ist eine Wortkombination aus shrink (schrumpfen) und Inflation. Er steht laut Verbraucherzentrale für "Hersteller und Händler, die versuchen, mithilfe von Mogelpackungen Preiserhöhungen zu kaschieren". Die Shrinkflation zieht sich dabei durch die ganze Produktpalette, wie Duschgel, Eis, Getränke, Käse oder Waschmittel. Unabhängig ist hierbei auch, ob es sich um Bio-Produkte oder normale Artikel handelt.

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Reddit: 31.000 Mitglieder in der Schrumpflation-Gruppe

Schrumpflation: Der Begriff hat sich auch in den sozialen Medien stark etabliert. Allein die Gemeinschaft beim Onlineforum Reddit hat knapp 31.000 Mitglieder. Hier posten ganz normale Supermarktkunden ihre Erfahrungen und Fotos zu den reduzierten Produkten.

So auch der User 'XoRMiAS 3', der herausfand, dass das Klopapier bei Lidl geschrumpft ist. Sein Beitrag "Kürzer, dünner, schmaler" wurde sogar in dem ProSieben-Format 'Galileo' präsentiert.

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Wie ist der gesetzliche Verbraucherschutz bei Schrumpflation?

Gesetzlich gesehen ist die Schrumpflation eine Grauzone, in der die Produkthersteller gerne ihre Grenzen austesten. Mit dem Argument, unter anderem den gestiegenen Energiekosten entgegenwirken zu wollen, tricksen viele Hersteller, wo es geht. Beispiel ist hier eine Zahnspülung, die als Premium-Variante eine Preiserhöhung von 33,5 Prozent erfuhr.

Der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) gab auf Anfrage vom Handelsblatt nur bekannt: "Jeder Hersteller ist selbst für seine Produkte verantwortlich. Das gilt auch für die Packungsgröße und die Füllmenge."

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Wie können sich Kunden gegen die Shrinkflation wehren?

Wer sich gegen die Schrumpflation wehren will, hat aktuell nur wenig Möglichkeiten. Er kann sich für ein anderes Produkt entscheiden, dass noch keiner Shrinkflation zum Opfer gefallen ist -  oder die Mogelpackung einfach nicht kaufen.

Was Kunden auf jeden Fall tun können, ist die Vorfälle wie auf Reddit zu dokumentieren, öffentlich zu machen und vor allem die Verbraucherzentrale zu informieren.

In Frankreich werden Supermarktkunden vor der Schrumpflation mit Schildern am Regal gewarnt.
In Frankreich werden Supermarktkunden vor der Schrumpflation mit Schildern am Regal gewarnt.
Symbolbild: IMAGO / NurPhoto

Schrumpflation schadet der Umwelt

Ein weitere Ärgernis der Schrumpflation ist die Ressourcenverschwendung. Da die Hersteller die Produktinhalte verkleinern, aber die Packungsgröße die alte bleibt, entsteht unnützer Müll, der vermieden werden könnte.

Allerdings basiert der Trick der Industrie auf zu großen Verpackungen bei verringertem Inhalt. Deswegen ist hier wohl kaum mit einem Einlenken der Hersteller für den Umweltschutz zu rechnen.

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Neues Gesetz soll die Schrumpflation stoppen

Um der Umwelt und den Kunden etwas Gutes zu tun, will Bundes-Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke von den Grünen gegen die Shrinkflation vorgehen. Dies berichtete das Handelsblatt im September 2023. Sie sagte dort: "Mogelpackungen sind ein großes Ärgernis. Hier werden die Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre geführt. Dem möchte ich einen Riegel vorschieben."

Grund hierfür sind unter anderem auch die vielen Kundenbeschwerden. Die Verbraucherzentrale in Hamburg gab bekannt, dass es allein 2023 einen massiven Anstieg der Verbraucherbeschwerden gab.

Kein Wunder, denn durch die Schrumpflation wurden Produkte teilweise bis zu 50 Prozent teurer.

Goldener Windbeutel von Foodwatch auch bei Schrumpflation?

Auch die Organisation Foodwatch beschäftigt sich mit den dreistesten Werbelügen in der Nahrungsmittelindustrie. Dafür vergibt sie jährlich die negative Auszeichnung 'Goldener Windbeutel'. 

Diesen gewann 2023 die Firma Intersnack mit ihren "Pom-Bär Ofen-Minis'" Hierbei hatte der Hersteller für das Kinderprodukt zwar den Fettgehalt halbiert, aber den Zuckergehalt versechsfacht.

Neben der Preisvergabe setzt sich Foodwatch auch dafür ein, dass die Schrumpflation sichtbar gemacht und endlich politisch gestoppt wird.