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Film zeigt Opfer, aber keinen Helden Mollath, der Mensch hinter dem Justizskandal

Wer ist Gustl Mollath eigentlich? Ein Dokumentarfilm will Auskunft geben. Kinostart am Donnerstag.

Von Cathérine Simon 08.07.2015, 01:05

München/Nürnberg (dpa) l Nicht weniger als die Mondlandung muss herhalten für den Anfang eines Dokumentarfilms über Gustl Mollath, den vermutlich bekanntesten Psychiatrie-Insassen Bayerns. Den Menschen zeigen hinter dem Fall wollen die Regisseurinnen Leonie Stade (27) und Annika Blendl (33) mit ihrem Film "Mollath - Und plötzlich bist du verrückt".

Eineinhalb Jahre haben sie mit Mollath gedreht, sie zeigen ihn barfuß am Strand, bei einem Autorennen in England, in der Kirche und wenn er liebevoll seine Pflanzen versorgt.

Gustl Mollath saß von 2006 bis 2013 in der Psychiatrie und kämpfte von Anfang an für seine Freilassung. Nach einem Wiederaufnahmeverfahren verließ er vor rund einem Jahr als freier Mann das Landgericht Regensburg. Das Gericht sprach den 58-Jährigen zwar frei, sah ihn aber als Gewalttäter, der seine frühere Ehefrau verprügelt, gebissen und gewürgt hat. Die von Mollath erhoffte Rehabilitation gab es nicht.

Mollaths Ex-Frau stand nicht vor der Kamera. Die andere Seite von Mollaths Geschichte wird durch den Journalisten Otto Lapp vom "Nordbayerischen Kurier" und von Beate Lakotta vom "Spiegel" erzählt. Lapp sagt im Film, wenn Mollath über seinen Fall spreche, sei er "wie jemand, der ein Drehbuch liest". Sobald es jedoch um etwas anderes gehe, sei die Sprache des 58-Jährigen sofort "nicht mehr so flüssig, klar und aufgeräumt". Leonie Stade erklärt das so: "Wenn man etwas immer und immer wieder schildert und auch immer wieder dazu gefragt wurde, hat man vielleicht irgendwann gewisse Antworten parat." Wie die Regisseurinnen sagt Lapp: "Es gibt immer zwei Wahrheiten." Definitiv sei Gustl Mollath zum Opfer von etwas geworden, man müsse ihn deswegen nicht zum Helden stilisieren, meint Stade.

Im Film wirkt Mollath zuweilen etwas eigen - wenn er im Bus seine Münzen wegen der seltenen Prägung nicht zum Bezahlen verwenden will und lieber schwarzfährt. Und dann wieder wirkt er extrem vernünftig, sehr humorvoll und selbstironisch. Als ihm eine Frau einen kritischen Zeitungsartikel über ihn zeigen will, lehnt er lachend ab und sagt, wenn er so was lesen würde, "möchte ich fast verrückt werden und das möchte ich vermeiden".

Richtig nahe kommen die Filmemacherinnen Mollath nicht. "Er ist kein Mann, der plötzlich sein tiefstes Inneres nach außen kehrt", sagt Stade. Sie nennt ihn kompromisslos, kämpferisch und sehr genau. Auch diese Seiten wollten sie zeigen. "Denn ohne diese Eigenheiten wäre er nie aus der Psychiatrie rausgekommen."

Eine der eindrücklichsten Szenen ist Mollaths Seilbahn-Fahrt auf die Zugspitze. Während wunderschöne Berglandschaften zu sehen sind, erzählt der 58-Jährige von der Mondlandung und was diese als Kind bei ihm ausgelöst habe: "Die Welt ist eine wunderschöne fragile Seifenblase und wir machen sie kaputt", sagt er - und ärgert sich über die Menschen, die das nicht hören wollen: "Wenn man vernünftig ist, ist man ruck-zuck der Irre, der stört. Total krank."