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Logistik-Soldaten aus Burg über Ausrüstung und Motivation bei Auslandseinsätzen Die zwei Paar Schuhe des Soldaten

19.04.2013, 01:15

Der Bundestag debattiert heute den Bericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP) für 2012. Dieser spricht von Überlastung, aber auch von verbesserter Ausrüstung - bei weiterem Nachholbedarf. Wie Soldaten das sehen, zeigen Eindrücke aus dem Logistikbataillon 171 in Burg.

Von Steffen Honig

Ifor, Eufor, Isaf - diese Kürzel stehen für die sechs Auslandseinsätze, die Hauptfeldwebel Daniel Röver seit 1998 in Ex-Jugoslawien, Usbekistan und in Afghanistan als Berufssoldat absolviert hat. Ein Erfahrungsschatz, auf den er bauen kann.

Die Ausrüstung, sagt Röver, habe sich seither immens verbessert. "Wir haben heute in Afghanistan einen großen Pool von geschützten Fahrzeugen zur Verfügung. Das war vor zehn Jahren noch undenkbar." Zu Beginn des Isaf-Einsatzes wären die Bundeswehr-Soldaten noch mit ungeschützten Mercedes-Transportern unterwegs gewesen.

Sein Bataillonsführer, Major Thomas Schnelle, ergänzt, dass die Bundeswehr-Ausrüstung beispielhaft für andere Ar- meen sei. "Das ist ein Aushängeschild für die Welt." Es brauche aber viel Zeit und Geld, das Material ständig zu verbessern.

Auch Stabsunteroffizier Nico Wüstinger, 25, ist mit seinem Rüstzeug zufrieden. Als "Inster", sprich Instandsetzungsmechaniker, fühlt er sich bis hin zu Arbeitsschutzschuhen gut versorgt.

Wie wichtig das richtige Material im Einsatz ist, hat Logistiker Wüstinger in Afghanistan erfahren. In Masar-i-Scharif habe er unter Hochdruck ein Fahrzeug herrichten müssen, weil die Kameraden sonst benötigten Kraftstoff über Kilometer zu Fuß befördern hätten müssen. "Da kann der Tag schon mal 15 bis 16 Stunden haben", erklärt der Zeitsoldat im vierten Dienstjahr.

Hauptfeldwebel Röver weist darauf hin, dass der Dienst in der Heimat oder im Ausland schon einen Unterschied mache. "Wichtig ist, dass bei hoher Belastung die nötigen Regenerationsphasen eingebaut werden."

Nico Wüstinger, wie sein Kamerad Röver erst vor wenigen Wochen nach vier Monaten in Afghanistan heimgekommen, pflichtet ihm bei: "Ein Auslandseinsatz ist nicht dem Dienst in der Stammeinheit zu vergleichen - das sind zwei Paar Schuhe."

Major Schnelle bekräftigt die gute Motivation der Soldaten: "Sie wissen um ihre Verantwortung. Wenn die Logistik nicht funktioniert, funktioniert das gesamte Kontingent im Ausland nicht." Der Einsatz sei die Bestätigung dafür, dass sich die monatelange Ausbildung gelohnt habe.

Dennoch können die Wochen und Monate im Ausland auf die Seele drücken. Bei persönlichen Sorgen helfe vor Ort der Truppenpsychologe, erklärt Zeitsoldat Wüstinger.

Der 41-jährige Familienvater Röver erhielt über diesen Anlaufpunkt bereits konkrete Hilfe, als sie dringend nötig war. "14 Tage vor Ende eines Einsatzes erhielt ich in Afghanistan die Nachricht, dass meine Frau zu Hause am Fuß operiert werden musste. Bei fünf Kindern war das für unsere Familie natürlich ein Riesenproblem", berichtet er. "Mir wurde dann ermöglicht, eher aus dem Einsatz nach Deutschland zurückzukehren."

Den Umgang mit den Menschen in Afghanistan beschreibt Röver als freundschaftlich, zuvorkommend, aber angesichts der Bedrohungslage auch bestimmt. Die Bevölkerung dort wisse, dass die NATO-Soldaten sich bald zurückziehen würden und verhielte sich entsprechend. Am offensten seien die Kinder.

Eine schwierige Aufgabe, gerade für die Logistiker wie die der Burger Transporteinheit, ist es, den Rückzug über die Bühne zu bringen. Grund: Die schiere Menge des Materials. Bataillonsführer Schnelle: "Alles, was über zehn Jahre eingeflogen wurde, muss jetzt wieder rausgebracht werden." In erster Linie mit dem Flugzeug. Afghanistan ist nicht nur ein Land ohne vernünftiges Straßensystem, sondern auch ohne Eisenbahn.