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Anschläge in der Westprovinz Erdöl und Gold: Warum China in Xinjiang Ruhe will

03.08.2011, 04:30

Von Tina Heinz

Kommt es in Chinas flächenmäßig größter Provinz Xinjiang zu Ausschreitungen, ist im Reich der Mitte schnell von Angriffen radikaler Islamisten die Rede. Dabei macht die dort ansässige muslimische Minderheit der Uiguren lediglich ihrem Unmut über die Unterdrückung durch die Han-Chinesen Luft. Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua brachte vor zwei Wochen sofort das Wort Terrorangriff in Umlauf. Damals hatte eine Gruppe Uiguren eine Polizeistation in der Stadt Hotan überfallen. Vier Menschen kamen dabei ums Leben; Polizisten töteten daraufhin 14 Uiguren.

Auch nach den Angriffen am vergangenen Wochenende warnten Regierung und Xinhua vor radikalen Islamisten. Am Sonnabend hatte eine Gruppe bewaffneter Uiguren mehrere Menschen auf einem Markt in der Stadt Kashgar getötet, einen Tag später fielen sie in ein Restaurant ein. Insgesamt starben bei den Attacken 19 Menschen - darunter fünf Angreifer -, 40 wurden verletzt.

Der Umgang mit der nordwestlichen Provinz zeigt, dass die Regierung in Peking mit allen Mitteln versucht, die Unabhängigkeitsbestrebungen der Uiguren im Keim zu ersticken. Dazu gehört die Warnung vor radikalen Islamisten und terroristischen Attacken ebenso wie die Zerstörung uigurischer Geschäfte.

Seit über 100 Jahren flammt das Verlangen der Uiguren nach Unabhänigkeit immer wieder auf - manchmal äußert sich dieses Verlangen in Form von ruhigen Protesten, manchmal in Form von gewaltsamen Übergriffen. Bis ins 19. Jahrhundert spielten Uiguren mit ihrer vielfältigen Kultur eine bedeutende Rolle in Zentral-asien. Die damals in China herrschende Mandschu-Dynastie setzte dem ein Ende, als sie 1876 Ostturkestan - so bezeichnen Uiguren und andere Turkvölker Xinjiang - okkupierten und 1884 offiziell dem Mandschu-Reich angliederten.

Zweimal gelang es den Uiguren seitdem, sich von chinesischer Herrschaft zu befreien. 1933 und 1944 wurde die Republik Ostturkestan errichtet. Doch beide Male währte die Unabhängigkeit nicht lange - auch weil die Sowjetunion intervenierte, um die kommunistischen Freunde im Reich der Mittel zu unterstützen.

Seitdem 1949 die Volksrepublik ausgerufen wurde, steht Xinjiang unter chinesischer Herrschaft. Genauso wie in Tibet wurden Chinesen in die autonome Provinz umgesiedelt, um die dort vorherrschende Religion und Kultur zu unterwandern. Ebenso wie in Tibet wurden mehrere hunderttausend Uiguren hingerichtet, die sich nicht den Vorgaben der Regierung fügen wollten. Viele verließen - wie die Tibeter - ihre Heimat, um den Repressalien zu entkommen.

Doch im Gegensatz zu Tibet hat die autonome Region mit ihren etwa 22 Millionen Einwohnern vor allem Erdgas und Erdöl zu bieten. Zwar soll in Tibet der Bergbau (unter anderem Kupfer, Eisen, Gold und Blei) nach Viehzucht und Tourismus als drittes wirtschaftliches Standbein aufgebaut werden. Doch was die Bodenschätze betrifft, dürfte das wirtschaftliche Interesse an Xinjiang größer sein. Dort wird neben Kohle und Uran auch Eisen, Gold, Blei, Kupfer und Sulfat gewonnen. Sicherlich ein Grund, warum die Regierung in Peking versucht, die Unruheprovinz fest im Griff zu halten.