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Katastrophengebiet Mehr als 60 Tote bei Rekord-Erdbeben

In Mexiko stürzen durch ein Beben mit historischer Stärke zahlreiche Gebäude ein, Dutzende Menschen kommen ums Leben. Das Land trauert.

09.09.2017, 05:44

Mexiko-Stadt (dpa) l Kirchendächer sind eingestürzt, ein Rathaus und Hunderte Gebäude: Nach dem Jahrhundert-Erdbeben in Mexiko suchen Tausende Rettungskräfte in den Trümmern nach Überlebenden. Bisher wurden 61 Todesopfer geborgen. "Die Kraft der Natur mag zerstörerisch sein, aber die Kraft der Einheit und der Solidarität der Mexikaner sind weitaus größer", sagte Staatspräsident Enrique Peña Nieto nach einem Besuch im Katastrophengebiet im Süden des Landes. Auch rund 1800 Soldaten helfen bei den Rettungsarbeiten. 

Das Zentrum des Bebens der Stärke 8,2 lag im Pazifik, 137 Kilometer südwestlich von Tonalá im Bundesstaat Chiapas in 19 Kilometern Tiefe. Rund 50 Millionen Menschen spürten die heftigen Erdstöße, auch in der Hauptstadt Mexiko-Stadt. Zeitweise waren rund 1,5 Millionen Menschen ohne Strom. Im Zentrum der Hauptstadt schwankte sogar das Unabhängigkeitsdenkmal mit dem goldenen Engel auf der Spitze bedenklich, stürzte aber nicht ein.

Viele Menschen sind obdachlos geworden. Am schlimmsten traf es die 98.000-Einwohner-Stadt Juchitán, 720 Kilometer südöstlich von Mexiko-Stadt. Allein 36 Menschen starben dort. In zwei Minuten stürzten zwei der bekanntesten Gebäude ein – der Palacio Municipal, Sitz des Bürgermeisters, und die Kirche San Vicente Ferrer.  "Unsere Häuser sind zerstört, wir stehen auf der Straße", sagte der 55-jährige Noel Martínez. "Wir brauchen Wasser, Essen und einen Platz, wo wir bleiben können." Schuttberge prägen das Bild. Präsident Peña Nieto besuchte Juchitán und versprach schnelle Hilfe. 

Nachdem das historische Rathaus eingestürzt war, zog ein Mann die mexikanische Flagge aus dem Schutt, knüpfte sie an eine Stange und pflanzte sie auf den Trümmerberg. Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong teilte das bewegende Video bei Twitter und schrieb dazu: "In den schwierigsten Momenten zeigen sich Mexiko und die Mexikaner von ihrer besten Seite."

Die Regierung ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. "Es war ein zerstörerisches Beben", sagte Peña Nieto. Dennoch scheinen die Folgen weit glimpflicher zu sein als bei einem der schlimmsten Erdbeben 1985 mit einer Stärke von 8,1 – damals lag das Zentrum nicht im Pazifik. Fast 10.000 Menschen starben, Mexiko-Stadt wurde schwer verwüstet. Das aktuelle Beben gilt zusammen mit einem Beben 1932 als stärkstes je gemessene in der Geschichte des Landes.  

Am stärksten wurden die Bundesstaaten Oaxaca, Chiapas und Tabasco im Süden getroffen. "Meine Gebete gelten denen, die ihr Leben verloren haben und ihren Familien", sagte Papst Franziskus bei einer Messe in Kolumbien. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schrieb in einem Kondolenztelegramm an Präsident Peña Nieto: "Ihnen und den Bürgern Ihres Landes möchte ich mein tief empfundenes Beileid aussprechen. Mein besonderes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer und all jenen, die ihr Hab und Gut verloren haben." 

Es wurden Sammelstellen für Lebensmittel- und Kleiderspenden eingerichtet. "Das Wichtigste ist die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln. Außerdem müssen die Betroffenen medizinisch versorgt werden", sagte Peña Nieto.

Rund 40 Sekunden dauerten die Erschütterungen. "Mein Haus hat sich hin und her bewegt wie eine Hängematte und ich habe befürchtet, dass es zusammenbricht", sagte der 85-jährige Juan Martínez Ramos in San Cristóbal in Chiapas. "Ich hatte Angst, dass ich an einem Herzinfarkt sterben könnte." In elf Bundesstaaten fiel am Freitag die Schule aus. Experten untersuchten die Gebäude auf mögliche Schäden. Wegen der zwischenzeitlichen Tsunami-Gefahr wurden an den Küsten rund 8000 Menschen in Notunterkünfte gebracht.

Mexiko befindet sich in einer der weltweit aktivsten Erdbebenzonen. Der Großteil der Landmasse liegt auf der sich westwärts bewegenden nordamerikanischen Erdplatte. Unter diese schiebt sich die langsam nach Nordosten wandernde Cocosplatte. Der Boden des Pazifischen Ozeans taucht so unter die mexikanische Landmasse ab. Das führt immer wieder zu Erschütterungen an der Südküste Mexikos.