1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Erdogan greift Merkel an

Eskalation Erdogan greift Merkel an

Die Verbalattacken und Drohungen der Türkei gehen mit neuer Schärfe weiter und schüren den Konflikt.

13.03.2017, 20:47

Berlin/Istanbul (dpa) l Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt unvermindert auf Konfrontation mit Europa – und greift jetzt auch Kanzlerin Angela Merkel persönlich an. In einem Interview des türkischen Senders A Haber bezichtigte er die Kanzlerin am Montag der Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK. "Verehrte Merkel, Du unterstützt Terroristen", sagte Erdogan. Deutschland gehe nicht gegen die PKK vor, obwohl es diese zur Terrororganisation erklärt habe.

In Berlin bezeichnete Regierungssprecher Steffen Seibert Erdogans Vorwurf als "erkennbar abwegig". "Die Bundeskanzlerin hat nicht die Absicht, sich am Wettlauf der Provokationen zu beteiligen. Sie macht das nicht mit", erklärte Seibert.

In der Krise um Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Europa hatte Merkel zuvor den Niederlanden ihre "volle Unterstützung und Solidarität" zugesichert. Sie kritisierte insbesondere Äußerungen Erdogans, der niederländische Regierungsmitglieder als "Nazi-Überbleibsel" bezeichnet hatte. Nazi-Vergleiche führten "völlig in die Irre", sagte Merkel. "Gerade mit Blick auf die Niederlande, die so gelitten haben unter dem Nationalsozialismus, ist das völlig inakzeptabel."

Nach Anfeindungen aus Ankara hatten die Niederlande am Wochenende Auftritte des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu und der Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya in Rotterdam verhindert. Erdogan kündigte an, dass sich die Türkei wegen dieser "Verbote" an alle Instanzen, darunter den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, wenden werde.

Die niederländische Regierung pocht nach den Verbalattacken aus Ankara auf eine offizielle Entschuldigung. Vor allem die Beschuldigungen von Präsident Erdogan, der die Niederländer faschistisch und Nazis genannt hatte, müssten vom Tisch, sagte der sozialdemokratische Vizepremier Lodewijk Asscher im niederländischen Radio. "Es ist äußerst widerlich, dass ausgerechnet wir – mit unserer Geschichte – als Nazis beschimpft werden." Die neutralen Niederlande waren im Zweiten Weltkrieg von 1940 bis 1945 von den Deutschen besetzt.

Die Niederlande und Deutschland verschärften nach den Turbulenzen vom Wochenende die offiziellen Reisehinweise für die Türkei. Touristen werden aufgefordert, sich von politischen Veranstaltungen und grundsätzlich von größeren Menschenansammlungen fernzuhalten.

Die türkische Polizei hatte am Wochenende die diplomatischen Vertretungen der Niederlande am Wochenende vollständig abgeriegelt. Die Sperren wurden am Montag aufgehoben, nicht aber die massive Polizeipräsenz.