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Schlagabtausch im Bundestag Merz wirft Fehdehandschuh

CDU-Chef Friedrich Merz hat der Ampel-Koalition in der Generaldebatte im Bundestag eine Zusammenarbeit praktisch aufgekündigt.

01.02.2024, 12:12
CDU-Chef Friedrich Merz spricht gestern zur Generaldebatte im Bundestag.
CDU-Chef Friedrich Merz spricht gestern zur Generaldebatte im Bundestag. Foto: imago

Berlin/dpa/UK. - CDU-Chef Friedrich Merz hat der Ampel-Koalition in der gestrigen Generaldebatte im Bundestag eine Zusammenarbeit praktisch aufgekündigt. „Wir sind in allen wesentlichen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik, der Wirtschafts- und Finanzpolitik, der Arbeitsmarktpolitik, der Innen- und Rechtspolitik und nicht zuletzt der Asyl- und Einwanderungspolitik völlig anderer Meinung“, so Merz, „und zwar nicht im Detail, sondern im Grundsatz“.

Merz: AfD-Wähler sind nicht alle rechtsradikal, aber sie sind alle ziemlich frustriert

Zur Lösung der finanziellen Probleme müssten „die Prioritäten der Staatsausgaben neu geordnet werden“, verlangte Merz. Spielräume ließen sich erzielen, „wenn Sozialleistungen auf diejenigen konzentriert werden, die sie brauchen“. Der Regierung warf der CDU-Chef vor, sie bekomme „die Flüchtlingskrise nicht in den Griff“. Die Ampel-Parteien würden mit ihrer Politik die Verantwortung für das Erstarken der AfD tragen, so der CDU-Chef. Deren Wähler seien „nicht alle rechtsradikal, aber sie sind alle ziemlich frustriert“.

Scholz: Merz hat ein Glaskinn

Bundeskanzler Olaf Scholz konterte und warf Merz vor, den Deutschland-Pakt Migration einseitig aufgekündigt zu haben, berichtete „Bild online“ gestern. „So viel Feigheit vor der eigenen Courage habe ich noch nie gesehen“, höhnte Scholz. Er sprach von „Hasenfüßigkeit“. Merz teile zwar gern aus, „auch mal unter der Gürtellinie“. „Wenn Sie dann mal kritisiert werden, dann sind Sie eine Mimose.“ Sein Rat: „Wer boxt, sollte kein Glaskinn haben, Herr Merz.“

Die aktuelle Bundesregierung habe „dafür gesorgt, dass sich Arbeit in Deutschland endlich wieder lohnt“, betonte Scholz. Als Beispiele nannte der Kanzler die Erhöhung des Mindestlohns sowie die Gesetze zu Fachkräfteeinwanderung und Chancen-Aufenthaltsrecht, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Wagenknecht: Ampel-Spuk muss enden

Sahra Wagenknecht (BSW) warf der Koalition Versagen vor. Der „Ampel-Spuk“ müsse beendet werden, sagte sie in der Generaldebatte im Bundestag. „Tanken und Heizen ist für viele kaum noch bezahlbar.“ Die Ampel sorge mit höheren CO2-Preisen und Mehrwertsteuererhöhungen für den nächsten Preisschub. Das sei absolut rücksichtslos.

„Während andere Länder sich aus der Finanzierung des Ukraine-Krieges zurückziehen, bezahlt Deutschland inzwischen mehr als die Hälfte aller Waffenlieferungen aus Europa“, sagte Wagenknecht.

Haßelmann zur AfD: Sie sind demokratisch gewählt, diese AfD-Abgeordneten, aber sie sind keine Demokraten.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann hat dringlich an den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz appelliert, sich einer Zusammenarbeit mit der Ampel-Koalition nicht zu verweigern. „Meine ganz große Bitte an Sie, Herr Merz: Sie haben vorhin gesagt „Sparen Sie sich Aufrufe zur Zusammenarbeit“. Nein, das werde weder ich tun, noch die FDP, Bündnis 90/Die Grünen, noch die SPD“, sagte Haßelmann am Mittwoch in einer Generalaussprache zum Haushalt im Berliner Bundestag. Zuvor hatte Merz der Zusammenarbeit mit der Ampel eine prinzipielle Absage erteilt und deren Appelle als unaufrichtig beschrieben.

Haßelmann sprach nach der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und griff diese scharf an. „Wie viel Menschenfeindlichkeit, wie viel Gefährlichkeit und wie viel Verächtlichmachung demokratischer Institutionen waren hier gerade in zehn Minuten zu hören?“, fragte die Grünen-Politikerin. „Sie sind demokratisch gewählt, diese AfD-Abgeordneten, aber sie sind keine Demokraten. Und das erkennen immer mehr Menschen.“

Vor diesem Hintergrund wandte sich Haßelmann an Merz. „Wir wissen, dass in diesen Stunden Demokratinnen und Demokraten aller demokratischen Parteien gefordert sind. Und ich möchte, dass Sie diese Haltung auch einnehmen. Denn die Lage ist ernst in diesem Land. Wir sparen uns diese Aufrufe zur Zusammenarbeit nicht, denn sie sind notwendig.“

Haßelmann erinnerte Merz an Vorhaben, bei denen die Union mit der Ampel zusammengearbeitet hatte, unter anderem beim Vorgehen gegen Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden und bei der Bundeswehr. „Also tun Sie doch nicht so, als würden wir hier nicht zusammenarbeiten. Und diese Zusammenarbeit ist auch notwendig, dringend notwendig in dieser Zeit.“ Sie schloss ihre Rede mit einem weiteren Aufruf: „Wir alle geben als demokratische Kräfte ein Signal aus, dass wir wissen, was die Stunde geschlagen hat, und als Demokratinnen und Demokraten nicht nur die Rede und Gegenrede suchen, sondern auch den Konsens, denn der gehört zu einer Demokratie.“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat der Ampel-Koalition die Verantwortung für eine schlechte Wirtschaftslage Deutschlands und die Proteste etwa von Bauern gegeben - und die Regierung zugleich gegen Attacken der AfD in Schutz genommen. „Diese Regierung regiert schlecht, aber sie hasst dieses Land nicht“, wies der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag am Mittwoch in der Generaldebatte über den Kanzler-Etat in Berlin eine entsprechende Äußerung der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel zurück. Weidel hatte in ihrer Rede gesagt: „Diese Regierung hasst Deutschland.“

Dobrindt zur AfD: Die Alternative, die Sie anbieten, das ist die Alternative der Unmündigkeit, der Unterwerfung, der Unfreiheit.

Dobrindt griff die AfD scharf an. „Sie arbeiten am Ruin dieses Landes“, kritisierte er vor dem Hintergrund von Forderungen aus der AfD nach einem Ausstieg aus der EU oder dem Euro. Die AfD rede darüber, sich dem russischen Diktator Wladimir Putin anschließen, sich dessen Eurasischer Wirtschaftsunion annähern und das freie Europa zerstören zu wollen, sagte Dobrindt. „Sie sind nicht die Alternative für Deutschland“, rief er unter dem Beifall der eigenen Reihen und ergänzte: „Die Alternative, die Sie anbieten, das ist die Alternative der Unmündigkeit, der Unterwerfung, der Unfreiheit. Das hat mit Patriotismus nichts zu tun, das ist Vaterlandsverrat.“

Dobrindt hielt Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann, die die Union davor gewarnt hatte, Deutschland schlechtzureden, entgegen: „Regieren Sie dieses Land nicht schlecht. Rechtsextremismus kann man auch nur dann bekämpfen, wenn man ihn nicht einfach nur weg demonstriert oder verbieten will, sondern man muss ihn auch weg regieren. Und da haben Sie zurzeit noch Verantwortung.“

Weidel: Diese Regierung hasst Deutschland.“

AfD-Chefin Alice Weidel warf der Regierung vor, eine „Schneise der Verwüstung“ durch Deutschland zu ziehen. „Es brennt in Deutschland. Und die Regierung aus überforderten Fehlbesetzungen und starrsinnigen Ideologen ist der Brandstifter“, sagte sie: „Diese Regierung hasst Deutschland.“