1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Schwere Explosion nach Festnahmen

Bombenanschlag Schwere Explosion nach Festnahmen

Wenige Stunden nachdem der türkische Präsident Erdogan elf HDP-Abgeordnete festnehmen ließ, kam es in Diyarbakir zur schweren Explosion.

04.11.2016, 06:09

Istanbul (dpa) l Nach der Festnahme zahlreicher Abgeordneter der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP ist es in der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir zu einer schweren Explosion gekommen. Regierungsangaben zufolge soll es sich um einen Autobomben-Anschlag gehandelt haben. Dabei seien mindestens acht Menschen getötet und 30 verletzt worden. Mutmaßlich handele es sich um einen Selbstmordanschlag, unter den Toten sei ein "Terrorist" der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim am Freitag vor Journalisten in Istanbul.

Die Bombe war am Freitagmorgen offenbar in der Nähe des Polizei-Hauptquartiers der Provinz Diyarbakir denoniert. Hubschrauber kreisten über der Stadt. Die Behörden verhängten eine Nachrichtensperre über den Anschlag.

Bei nächtlichen Razzien hatte die Polizei wenige Stunden zuvor mindestens elf HDP-Abgeordnete festgenommen, darunter die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Die Staatsanwaltschaft habe die Festnahme von insgesamt 15 HDP-Abgeordneten angeordnet, die Vorladungen nicht gefolgt seien, teilte die Regierung mit. Die HDP sprach am Freitag von "politischer Lynchjustiz" und rief zu Protesten auf.

Auf Betreiben von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan war im Juni die Immunität zahlreicher Abgeordneter aufgehoben worden. Die auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte Maßnahme richtete sich vor allem gegen die HDP: 55 der 59 HDP-Abgeordneten verloren meist wegen Terrorvorwürfen ihre Immunität. Sie weigerten sich aber, gerichtlichen Vorladungen Folge zu leisten. Erdogan beschuldigt die zweigrößte Oppositionspartei im Parlament, der verlängerte Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein.

Justizminister Bekir Bozdag sagte, die Festnahmen von Abgeordneten seien rechtskonform gewesen. Weder Kanzlerin Merkel noch EU-Kommissare hätten das Recht, der Türkei "Lehren zu erteilen", betonte er. "Sie müssen sehen und verstehen, dass die türkische Justiz genauso neutral und unabhängig ist wie die deutsche."

Bozdag griff zugleich Deutschland scharf an. "Rechtsstaat und Freiheiten gibt es nur für Deutsche", sagte der Minister. "Wenn Sie ein Türke in Deutschland sind, haben Sie überhaupt keine Rechte." Erdogan hatte Deutschland am Donnerstag vorgeworfen, Terroristen Unterschlupf zu bieten, statt "rassistische Übergriffe gegen Türken" zu verhindern. "Man wird sich zeitlebens an Euch erinnern, weil Ihr den Terror unterstützt habt", sagte Erdogan.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwiderte: "Ich kann die Äußerungen Erdogans zur Sicherheitslage Deutschlands überhaupt nicht nachvollziehen." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte schon am Mittwoch Kritik an der neuerlichen Festnahmen von Journalisten in der Türkei wegen angeblicher Terror-Unterstützung geäußert.