Proteste in Kassel und Halle Tausende demonstrieren gegen Rechten-Demo nach Lübcke-Mord
Es klingt wie eine Provokation: Rechtsextreme wollen in Kassel aufmarschieren, um gegen eine "Instrumentalisierung" des Verbrechens an Walter Lübcke zu protestieren. Die Stadt zeigt klare Kante.
Kassel (dpa) - Knapp zwei Monate nach dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke haben am Samstag Tausende Menschen in Kassel und in Halle gegen einen Aufzug Rechtsextremer demonstriert.
Rund 8000 Menschen kamen zu Protesten gegen Rechts zusammen. Das teilte die Polizei am Samstagmorgen mit. Sie demonstrieren auf drei großen Veranstaltungen gegen einen von der Kleinstpartei "Die Rechte" angekündigten Aufzug.
Die Partei spricht von einer Instrumentalisierung der Tat, mit der Rechte in die Nähe von Gewalt und Terror gestellt würden. Ein Bündnis gegen Rechts hatte zahlreiche Gegenveranstaltungen angemeldet.
Die Stadt Kassel war vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit dem Versuch gescheitert, den Aufmarsch der Rechtsextremen zu verbieten.
Walter Lübcke (CDU) war am 2. Juni in seinem Haus im Landkreis Kassel erschossen worden. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Der 45-jährige Stephan E. hatte die Tat gestanden und dann sein Geständnis widerrufen.
Auch in Halle haben sich am Samstagmorgen zahlreiche Demonstranten versammelt, um gegen einen geplanten Aufzug der Identitären Bewegung zu protestieren.
Die Gegner der rechtsextremen Bewegung trafen sich mit Transparenten nahe der Innenstadt, es ertönten Rufe wie "Nazis raus". Die Polizei sei mit einem Großaufgebot in der Stadt im Einsatz, sagte eine Sprecherin. Das Bündnis "Halle gegen Rechts" hatte zu mehreren Aktionen aufgerufen. Die Stadt und die Universität wollen zudem mit einem Bürgerfest auf dem Markt ein Zeichen für Demokratie und Weltoffenheit setzten.
Der Verfassungsschutz hat erst kürzlich die Identitäre Bewegung nach jahrelanger Prüfung als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt eingestuft. Sie hat in Halle ein Haus, das als eine Zentrale für Deutschland gilt. Die Polizei geht von mehreren Hundert Anhängern der Identitären Bewegung aus, die sich voraussichtlich am Mittag an dem Haus treffen wollen.
AfD-Chef Jörg Meuthen kritisierte diese Entscheidung des Inlandsgeheimdienstes: "Mir sind keine Gewaltaktionen der Identitären Bewegung bekannt, wie wir sie aus dem linken Lager kennen", sagte Meuthen den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Daher könne man sich fragen, "wie gerechtfertigt diese Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist".