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Sportlerinnen in der Medienberichterstattung Wie vermarktet sich eine Sportlerin, ohne am Ende nur "sexy" zu sein?

Von Diemut Roether 23.06.2011, 04:26

Eine Woche vor Beginn der Frauen-WM in Deutschland (26. Juni bis 17. Juli) widmete sich der Sonntags-Krimi in der ARD dem Thema Frauenfußball. Die Spielerin Fadime Gülüc vom fiktiven Club FC Eppenheim wird ermordet. Davor sieht man die junge Frau am Spielfeldrand bei einem Fotoshooting in knapper Bekleidung. Als sie sich weigert, ein noch durchsichtigeres Dessous anzuziehen, fragt sie der Fotograf: "Glaubst du, das bisschen Fußball macht dich reich?" Er zeigt auf die Kamera: "Das hier vielleicht!"

Die wenigsten Sportlerinnen können vom Sport allein leben. Speziell die Fußballerinnen können von den Millionenverträgen ihrer männlichen Kollegen nur träumen. Die Frauen brauchen daher Werbeverträge und andere Aufträge, um Geld zu verdienen. Britta Heidemann, Olympiasiegerin im Fechten, sagt, sie finanziere sich vor allem durch das, was sie "außerhalb des Sports" macht. Unter anderem tritt die Chinaexpertin, die 2004 nackt für den "Playboy" posierte, als Referentin bei Unternehmensveranstaltungen zu den Themen "Mentale Stärke" und "Leistungsmanagement" auf.

Doch wie kann sich eine Sportlerin geschickt vermarkten, ohne am Ende auf ihr Aussehen und ihre sexuelle Attraktivität reduziert zu werden? Sportwissenschaftlerinnen sprechen in solchen Fällen vom "Kournikova-Syndrom": Anna Kournikova war eine russische Profi-Tennisspielerin, die vor allem auch durch ihr gutes Aussehen auffiel. Obwohl sie als Einzelsportlerin keinen Titel gewann, berichteten die Medien mehr über sie als über ihre Konkurrentinnen. Vom Männermagazin "FHM" wurde sie 2002 zur "Sexiest Woman in the World" gekürt.

Auch vom Frauenfußball forderte FIFA-Präsident Sepp Blatter 2007 nach der WM "mehr Sexyness". Unter Spielerinnen und Funktionärinnen sind solche Forderungen umstritten. DFB-Nachwuchstrainerin Anouschka Bernhard konterte kürzlich in einem Interview mit der Zeitschrift des Deutschen Frauenrats kühl, man solle solche Aussagen nicht allzu ernst nehmen: "Herr Blatter hat sich zu sensiblen Themen in letzter Zeit manchmal etwas unbedarft geäußert."

Die Sportwissenschaftlerin Bettina Rulofs von der Deutschen Sporthochschule in Köln kritisiert Bemühungen der Verbände, den Frauensport zu erotisieren. Ein Reglement wie das des Internationalen Beach-Volleyball-Verbandes, das den Spielerinnen Bikini-Höschen von mehr als sieben Zentimeter Seitenbreite verbietet, sei "ein ganz wesentlicher Baustein beim Zustandekommen von Sexismus und Sexualisierung im Sport", sagt sie. Der Verband verspricht sich von solchen Reglements mehr Attraktivität für TV-Übertragungen.

Was die Berichterstattung über Sportlerinnen angeht, gibt Rulofs allerdings eher Entwarnung: Die Frauen würden nur vereinzelt sexualisiert oder erotisiert dargestellt. Im Vordergrund stehe in der Regel die sportliche Leistung. Allerdings wird ihrer Beobachtung nach vor allem in tagesaktuellen Produktionen immer noch seltener über Sportlerinnen berichtet als über Sportler. In Tageszeitungen und regelmäßigen Sportnachrichtensendungen nehme der Anteil der Berichterstattung über Frauen weniger als 15 Prozent ein. Besonders wenig Beachtung fänden die Frauen in klassischen Männersportarten wie Kugelstoßen oder Hammerwerfen, sagt Rulofs.

Die Sportwissenschaftlerin hofft, dass die Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Deutschland dazu beitragen wird, die Frauen aus der Nische herauszuholen. "Wir haben eine große Euphorie für Fußball in Deutschland und nach dem Sommermärchen 2006 haben wir auch eine Euphorie für Großereignisse", betont sie. "Ich hoffe, dass sich etwas davon auf den Frauenfußball im Allgemeinen übertragen wird."

Entscheidend wird Rulofs Meinung nach das Interesse sein, das die Zuschauer der Frauen-WM entgegenbringen: "Wenn es so wäre, dass sich das Publikum massenhaft für Frauensport in den Medien interessiert, würde sich am ehesten etwas ändern, denn die Medien sind natürlich darauf aus, möglichst viel Aufmerksamkeit zu kriegen." (epd)