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Doppelpass-Gesetz Streit um Südtirol

Wien plant, den Südtirolern österreichische Pässe zu geben. Das sorgt für Ärger beim italienischen Nachbarn.

09.09.2018, 23:01

Bozen (dpa/js) l Eine Regierungskommission in Wien erarbeitet offenbar einen Gesetzestext, wonach alle deutsch- und ladinischsprachigen Bewohner der Provinz Südtirol die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten können. „Die Initiative ist unangebracht wegen ihrer potenziell Unruhe stiftenden Wirkung“, schreibt Itaiens Außenministerium.

Die österreichische Regierung aus ÖVP und rechtspopulistischer FPÖ hatte schon in ihrem Regierungsprogramm Ende 2017 die Pläne einer doppelten Staatsbürgerschaft der Südtiroler aufgenommen.

Österreich hatte Südtirol nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg 1918 gegen den Willen der Bewohner an Italien abtreten müssen. Noch heute haben 70 Prozent der Südtiroler Deutsch als Muttersprache. Ladinisch ist eine von einer kleinen Minderheit vor allem in den Dolomiten gesprochene romanische Sprache.

Der teils gewalttätig ausgetragene Kampf der Südtiroler um Selbstbestimmung war in den 1970er Jahren in ein Autonomiestatut gemündet, das der Provinz Bozen weitgehende Selbstverwaltungsrechte einräumt. Österreich war in die Verhandlungen einbezogen.

Die neuen Regierungen in Wien und Rom stimmen eigentlich in vielen Punkten überein. Ihre Innenminister gehören den Rechtsparteien FPÖ und Lega an und verfolgen in der Migrationspolitik eine harte Linie. Es sei schon ungewöhnlich, dass Österreich, das gegenwärtig die EU-Ratspräsidentschaft innehabe, Projekte verfolge, die Zwietracht zwischen den Länder säen könnten, schrieb das Ministerium in Rom.

Der italienische Minister für Parlamentsbeziehungen und direkte Demokratie, Riccardo Fraccaro (Fünf Sterne), sprach von einem „feindseligen Akt“ des nördlichen Nachbarn. Er bezichtigte Wien, im Vorfeld der Landtagswahl in Südtirol am 21. Oktober zu polarisieren. Das österreichische Vorgehen sei ein „reiner Propagandaakt“ ohne praktische Vorteile, da beide Länder EU-Mitglieder sind.

Die österreichische Regierung erklärte, es werde derzeit lediglich in Expertengruppen zu dem Thema beraten. Sobald Ergebnisse aus diesen Runden vorlägen, werde man diese in enger Zusammenarbeit mit der italienischen Regierung in Rom und im Austausch mit Südtirol besprechen, hieß es aus dem Bundeskanzleramt in Wien.

Von der Südtiroler Provinzregierung kam viel Zustimmung, berichtet „Spiegel-Online“. Auch in der Nachbarprovinz Trient gebe es Stimmen, die bedauern, dass nicht auch sie in die Pläne eingeschlossen würden. Denn: Auch das Trentino sei einmal Teil des Habsburger Reichs gewesen.

Bis 1918 waren die Südtiroler Gemeinden Teil der österreichischen Region Tirol. Mit dem Untergang der Doppelmonarchie Österreich-Ungarns wurden die südlichen Teile Tirols 1919 Italien zugesprochen.