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Linksunten Verbotene Seite zeitweilig wieder im Netz

Aktivisten bezeichnen Abschaltung und die damit verbundenen Razzien als „massive Eskalation staatlicher Unterdrückung“.

27.08.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Die verbotene linksextremistische Internetplattform „linksunten.indymedia.org“ ist vorübergehend im Netz wieder zugänglich gewesen. „Wir sind bald wieder zurück“, war am Sonnabend auf der Homepage zu lesen. „Der Cyberspace liegt nicht innerhalb Eurer Hoheitsgebiete. Glaubt nicht, Ihr könntet ihn gestalten, als wäre er ein öffentliches Projekt. Ihr könnt es nicht“, schrieben die nicht namentlich genannten Verfasser. Am Sonntag war die Plattform nicht erreichbar: „Wir sind zur Zeit offline“, erschien beim Aufruf.

Bei dem Text vom Sonnabend handelt es sich um Auszüge der 1996 von John Perry Barlow veröffentlichten „Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace“. Der Netzpionier und Bürgerrechtler hielt darin ein Plädoyer für Freiheit und gegen staatliche Kontrolle im Internet.

„Das Bundeskriminalamt beobachtet das“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Sonnabend auf Anfrage. In dem Moment, wo die Seite trotz des Verbots weiter betrieben werde, machten sich die Verantwortlichen strafbar. Dabei spiele es keine Rolle, ob dort neue oder alte Inhalte eingestellt würden. Die Betreiber der Seite hätten einen Monat Zeit, um dagegen zu klagen. Nach Ablauf dieser Frist habe das Verbot Bestand.

Das Bundesinnenministerium hatte die Internetplattform sieben Wochen nach den Krawallen am Rande des G-20-Gipfels verboten. Die Seite sei die bedeutendste Plattform für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland, begründete Minister Thomas de Maizière (CDU) den Schritt am Freitag.

Bei den Durchsuchungen im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen „linksunten.indymedia.org“ waren am Freitag zahlreiche Waffen gefunden worden. Darunter seien Messer, Schlagstöcke, Rohre und Zwillen, hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gesagt. Die Waffen seien in Objekten gefunden worden, die „mit dem Betrieb der Plattform und dem Betreiberkreis in unmittelbarem Zusammenhang stehen“. Sein Ministerium wies am Sonntag Medienberichte zurück, in denen es heißt, die gefährlichen Gegenstände könnten nicht den Betreibern von „linksunten.indymedia.org“ zugeordnet werden: „Wem die Waffen zuzuordnen sind, ist Gegenstand der Ermittlungen“, sagte eine Sprecherin.

Nach dem Verbot wurde die Unter-Domain „linksunten.indymedia.org“ von einem Server in Frankreich auf Rechner in Kanada umgezogen. Die Haupt-Domain „indymedia.org“ gehört einem Verein zur „Demokratisierung der Kommunikation“ (Associacao Brasileira pela Democratizacao da Comunicacao) in Brasilien. Das Verbot des Innenministeriums bezieht sich nur auf den „linksunten“-Bereich.

Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ befürchtet das Bundeskriminalamt „Solidaritäts- und Vergeltungsaktionen“ gegen den sogenannten staatlichen Repressionsapparat als Folge des Verbots. Das könne von einfacher Sachbeschädigung bis zu schwerer Brandstiftung reichen. Auch bei politischen Veranstaltungen wie im Wahlkampf seien Aktionen einzukalkulieren.

Am Sonnabend demonstrierten in Freiburg etwa 300 Menschen gegen das Verbot. Sie hatten Transparente dabei, auf einem Protestschild stand „Kein Forum ist illegal!“.